Die Diktatur der Langweiler und die flinke Schere in meinem Kopf

Es ist schon wieder geschehen: Ich musste einen Artikel löschen. Ein Kerl hat sich im Chat von EvE-Online gemeldet und sich über falsche Schiffsangaben in meinem letzten Manöverbericht mokiert und Krieg und Söldnerattacken angedroht, insofern ich nicht die vermeintlich falschen Angaben über sein Pixelschlachtschiff verbessere. Ist das noch zu packen? Hat dieser Mensch sich darüber gefreut dass ich seine relativ unsinnige und zeitraubende Leidenschaft für EvE teile? Fühlte er sich gebauchpinselt, weil sich jemand dazu herablässt von seinen virtuellen Heldentaten zu berichten? Nein. Er liest den Bericht, in dem ich von seinem Sieg über meine Corp berichte, ärgert sich über eine geringfügige Ungenauigkeit in meiner Aufzählung der beteiligten Schiffstypen und fängt sofort an mir härteste Strafmassnahmen und EvE-interne Denunziation anzudrohen. Unglaublich.
Join the revolutionary starfleet part 4, R.i.P.
Überhaupt vergrätzen mir die Miesepeter, Wichtigtuerinnen und Erbsenzähler meine Blogschreiberei inzwischen enorm. Verfasse ich einen kleinen persönlichen, politisch angehauchten Artikel, in dem ich (Antideutschen-untypisch) zuallererst eigene Fehler eingestehe, finden sich sofort irgendwelche phantasielosen Menschen zusammen, die sich nicht zu schade sind auf genau diesen, von mir selbst eingeräumten Fehlern herumzureiten und es auch überhaupt nicht stillos und entlarvend finden, das sie meine charmante Menschelei als blose, für ihre Ressentimentverbreiterei zu nutzende offene Flanke begreifen und entsprechend stiernackig-schamlos vorangehen.
Erst vor kurzem musste ich einen Artikel aus dem Net nehmen, weil Antifas der irrigen Meinung wahren ich würde Szeneinterna verraten, weil ich von einem öffentlichen Antinaziaktionstreffen mit einigen Dutzend Teilnehmerinnen berichtete und unter Verwendung von Synonymen, falschen Ortsangaben und unter Auslassung relevanter Punkte die Langeweile, Borniertheit und vorhersehbare tragodiamäßige Ideenlosigkeit des geführten „Diskurses“ wiederzugeben versuchte.
Ganze fünf Stunden stand der Text im Net und da hatten sich schon drei wohlwollende Mitmenschen am Telefon gemeldet um mir mitzuteilen das ich den Text mal lieber wieder aus dem Net nehmen sollte.
Das von mir Geschriebene war theoretisch wie politisch völlig wertlos. Den angedrohten Stress und das monatelange dumme Gesabbel war mir diese kleine Artikelschreiberfingerübung zur reinen Selbstbespaßung gar nicht wert. Ich habe der Aufforderung nach Löschung sofort Folge geleistet. Doch selbst dieser Gehorsam ging nach hinten los. Seitdem wird in der stillen Post behauptet ich hätte auf lavache Szeneinterna verraten und kein Mensch kann den Text noch lesen, um zu überprüfen ob dem auch wirklich so ist. Ein Dilemma.
Nerviger als Szenerepression und Liebesentzug sind nur noch juristische Drohungen. Einen Artikel musste ich deswegen schon komplett entfernen und wegen einem anderen eine Menge Emails schreiben und geforderte Verbesserungen einfügen. Auch wenn das Gekeife mich vor den Richter zu zerren in beiden Fällen offensichtlich weltfremd und blödsinnig und einer der Ankläger in spe ein nicht einzunehmender infantiler Spinner war, alleine der Gang zum Anwalt und die zur Vermeidung weiteren Umgemachs notwendige analoge Korrespondenz hätte mir im Falle einer Anzeige die Laune gründlich verdorben. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmte einfach nicht um die Texte unkorrigiert, bzw. überhaupt im Net zu belassen.
Ergo: Edit: „Warum Rhizom…etc“, R.iP.: „Horror an der Arbeitsfront“.

Jeder ist sich selbst sein eigenes Würstchen
. Ich bin inzwischen soweit – sobald ich am PC sitze und mit dem Anklicken des Schreibprogramms liebäugele – das ich die stumpfsinnig lärmende Meute schon freiwillig in meinem Kopf generiere und präoperativ über meine Schreibabsichten zu Gericht sitzen lasse: Will ich die linksradikalen Schäferhunde wirklich aus ihrer Hüte locken und ihre Frauchen dazu provozieren sie von der Kette zu lassen damit sie mir morgens um vier an der Theke ins Gesicht bellen können und mir in den Knöchel beißen?… Soll ich wirklich diesen Artikel über meine Arbeitsamtssachbearbeiterin schreiben? Vielleicht kann die Frau Internet… Soll ich wirklich nochmal am ASTA und seiner reformistischen Jämmerlichkeit rumnörgeln, vielleicht werden wieder vor Wut Flaschen kaputtgeschmissen… etc. Am Ende dieses Gedankengangs gewinnt in letzter Zeit immer öfter das was man in diesen Verhältnissen völlig geschichtsvergessen als „Vernunft“, oder das berechtigte „Bedürfniß nach Ausgewogenheit in der Berichterstattung“ bezeichnet. Mein Amüsement und obendrein die notwendigen wahren Worte bleiben auf der Strecke. Dieser verdinglichten „Vernunft“ sind inzwischen schon vier geplante Veröffentlichungen zum Opfer gefallen, bei denen ich befürchten muss das sie einen blödsinnigen Wirbel verursachen würden, den ich einfach nicht gebrauchen kann (Z.B. wollte ich hier meinen Spickzettel veröffentlichen, den ich anlässlich eines unerwartenden Treffens mit Wolfram Siener angefertigt habe. Es ist doch zu traurig wenn man in Alltagssituationen prominenten Leuten begegnet, denen man schon immer mal ein paar unwahrscheinlich wichtige Punkte mit Verve und Vehemenz ins Gesicht schleudern wollte und dann just in Time nichts besseres zu sagen hat als: „dummes Arschloch du… dich kriege ich noch“. Genauso ging es mir mit Jürgen Elsässer und Judith Holofernes. Deswegen der Spickzettel mit Photos und auf die Person passenden vorformulierten Texten die ich dann im Zweifelfall intonieren werde. Das wäre ein Spitzenartikel geworden, den die Fans von diesen Gestalten jedoch nicht verstanden hätten. Dummes Gerede und Humorlosigkeit im Kommentarteil, später Emails, Drohungen, am Ende hätte ich mich gar vor Gericht mit dem lahmen aber immer wider wirkungsvollen Verweis auf Satire herausreden müssen. Wer kann das wollen?). Aktuell habe ich deswegen nur noch wenig Lust zu bloggen. Manche mögen das eine gelungene Vermittlung zwischen ES und ÜberIch im Ich nennen. Für mich wäre die Richtigkeit dieser Feststellung ein Beweis dafür das dieser Zustand nicht in allen Fällen erstrebenswert ist.


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