Die Bücherei von Katalonien

Die öffentlichen Büchereien waren immer einladende Orte für Vagabunden. Man muss nur an Paris denken, dessen Bibliotheken untrennbar mit dem Bild der Clochards verbunden sind, die in ihnen die Winter verbringen, und das auf immer mysteriösere und rätselhaftere Weise. Man sagt, dass sich unter den Pariser Clochards die wissendsten Frauen und Männer der Stadt befinden. Vielleicht haben sie dieses Wissen als Produkt ihrer Lebensumstände in den Stadtbibliotheken erlangt oder aber es war vorher da und man kann darin den Grund für ihre spezielle Wahl dieses gleichtönigen Lebens finden. Ohne Zweifel kann hierüber diskutiert werden.

bucherei katalonien

Es wäre sicherlich ein Fehler, anzunehmen, dass sie betrunken sind. Wie der exzellente Schriftsteller und vollendete Trinker aus Los Angeles, Charles Bukoswki (1920-1994) sagte, suchen Vagabunden, die trinken keine  Bibliotheken auf, wenn sie genug Geld besitzen um sich ihre Weinration zu kaufen. Allerdings findet sich nur schwer ein besserer Ort um die Zeit zu verbringen, wenn man nichts zu essen oder zu trinken hat, der Hausbesitzer einen aus dem Haus geworfen oder sucht, um das Geld einzufordern, dass man ihnen schulden. Trotz alledem können sie in den Büchereien zumindest die Toiletten gratis benutzen, es ist warm im Winter, man kann der Stille zuhören und es ist möglich, im Geiste unendlich viele andere Leben zu leben.

Charles Bukowski weiß genau, wovon er spricht. Denn er selbst war in seiner Jugend einer dieser Vagabunden die tranken, lasen und hungerten, um Schriftsteller zu werden. Es war in der öffentlichen Bücherei von Los Angeles, wo er die gesamte Zeit und mit einer Hingabe, die in sich selbst schon ein Meisterwerk war, die letzteren Aktivitäten realisierte. Nachdem er komplette Abteilungen von Büchern vertilgt hatte, zum Großteil ihm nichts sagende, substanzlose, stieß er eines Tages auf ein Exemplar des Romans mit dem Titel Ask the Dust eines gewissen John Fante, welcher seine Berufung zum Schriftsteller entgegen aller Widrigkeiten definitiv bestätigte und sein Leben für immer veränderte.

Es war, um den Ausdruck zu benutzen, mit dem sich Lorca in einen Brief auf seine Leidenschaft für Dalí bezog, wie eine Goldmünze in der Hand zu haben und sie weder fallen lassen zu können noch zu wollen. Die Anzahl der Personen, die über die Jahre ähnliche Epiphanien in öffentlichen Büchereien gefühlt haben mögen, ist sicher unzählbar. Es würde sich um eine unendliche Liste von Namen handeln. Menschen, die oft ohne andere Möglichkeiten des direkten Zugangs zu Information und Kultur sind. Und trotzdem, ein weiteres unschuldiges Opfer der Wirtschaftskrise, und dies scheint kein ganz zufälliges Phänomen zu sein, sind genau ebenjene öffentlichen Büchereien – die paradoxerweise ein Ort des Studiums, der Bildung und der Suche nach Arbeit für viele Erwerbslose sind – die von vielen Regierungen mittlerweile mehr und mehr als unnötige Ausgabe angesehen werden statt als Investition.

Dies ist der Fall der wunderschönen Bücherei von Katalonien (http://www.bnc.cat/), die in diesem Jahr keine ministeriellen Förderungen bekommen hat. Wenn man bedenkt, dass von den öffentlichen Büchereien in diesem Jahr europaweit Hunderte geschlossen wurden, gehören sie bereits zu einer aussterbenden Spezies.

 

 


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