Die Auflösung des sozialen Miteinanders

Nie wieder! Das darf sich nie wiederholen! Gestern Morgen stand Europa vor seiner größten Krise. Millionen User von ihren Freunden abgeschnitten!, titelte BILD Online unheilschwanger. Facebook lag drei Stunden lang lahm. Nichts ging mehr. Katastrophe!

Abgeschnitten von ihren Freunden, die sie zuvor nie gesehen, ja noch nicht mal telefonisch gesprochen hatten, abgeschnitten von der Außenwelt, die sich in Bites durch den Datenschlauch zwängt, sind Tausende an akuter Vereinsamung verstorben. Macht aber nichts, sie werden nie vergessen, denn sie leben als Facebook-Profil für immer in unseren Routern weiter. Die Suizidalraten sind gestern ebenfalls in die Höhe geschnellt - eine untröstliche Frau hinterließ einen Brief: "... meine Freunde haben sich von mir abgewendet - deswegen will ich nicht mehr!" Ein Mann stand auf dem Fenstersims, wollte sich hinabwerfen, die "Abgeschnittenheit" von seinen Freunden konnte er nicht mehr ertragen. Just als er Schwung nahm, öffnete sich Facebook wieder - vor Schreck fiel er dann leider doch.

Psychologen warnen davor, dass der Verlust der Freunde zu schwerwiegenden Lebenskrisen führen kann. Daher sind die Behörden nun angehalten, Planungssicherheit zu schaffen und Facebook krisensicher zu machen. "Der stundenweise Entzug von Freunden ist ein volkswirtschaftliches wie gesundheitspolitisches Risiko, das wir nicht tragen wollen", erklärte gestern ein Sprecher des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Daher werde man einen Rettungsschirm anregen, der im Falle einer technischen Störung wirksam wird. Dieser soll dem User den Anschein bewahren, auch weiterhin Kontakt mit seinen vielen Freunden zu halten. In Wirklichkeit ist die Szenerie nur gestellt, ist nicht mehr als ein besser gemachter Screenshot, der die Optik Facebooks aufweist, ohne mit dessen Funktionen ausgestattet zu sein. "Wir sind der Überzeugung, dass wir so die Menschen vor allzu kopflosen Aktionen nach dem Verlust ihrer Freunde bewahren können", erklärte die Arbeitsministerin im Anschluss.

Bis zur Installation des Rettungsschirms bitten die Behörden die User, bei einem vergleichbaren Fall nicht gleich den Kopf zu verlieren. Die Auflösung sämtlicher sozialer Bindungen, die nicht über vierundzwanzig Stunden aufrechterhalten werden können, kann natürlich gravierende psychosomatische Wirkungen erzielen. Der Besuch eines Cafés oder eines Marktplatzes sei aber nicht zwingend angeraten, denn mehr als einige Stunden Störung seien kaum vorstellbar. Und bevor man die Wiederaufnahme von Freundschaften und sozialen Kontakten verschläft, weil man auf öffentlichen Plätzen Trübsal bläst, sollte man lieber vor dem heimischen oder dem Bürocomputer warten.

Mittlerweile läuft Facebook wieder und das alltägliche Leben nimmt seinen Gang. Der Zentralverband der Facebook-User in Deutschland empfiehlt nun, dass man sich noch stärker vernetzen sollte, um etwaige Krisen gemeinsam besser überstehen zu können. Facebook selbst entschuldigte sich nur kühl - die Leben seiner User in Gefahr gebracht zu haben, war nicht Gegenstand der Entschuldigung.


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