Wenn Sie jemand zu einer Diät, einer Operation oder zu Medikamenten gegen Übergewicht drängen will und das beliebte Totschlagargument: “Ich mache mir doch nur Sorgen. Wenn du nicht bald x Kilos verlierst, wirst du krank und stirbst viel zu jung” auspackt, obwohl Sie sich kein bisschen krank fühlen, die Vorsorgeuntersuchungen keine Auffälligkeiten zeigten und Sie sicher sind, dass sich hinter der Sorge ein anderes Motiv verbirgt, schlagen zurück. Mit den Todesanzeigen.
Kein Scherz. Ich habe die letzten Wochen damit zugebracht, die Todesanzeigen unseres bekanntesten Regionalblattes genau zu studieren.
Resultat: Es sterben mehr Frauen als Männer. Die Frauen sind im Durchschnitt meist älter als die Männer. Und die Frauen, die achtzig oder mehr Jahre alt wurden, sind zu mehr als 80 Prozent mollig bis dick auf den Fotos abgebildet. Sie demonstrieren eindrücklicher als jede Statisktik, dass diese Frauen trotz ihrer Kilo über dem “idealen BMI” nicht jung gestorben sind, wie man dicken Frauen gern androht, um sie zu einer Diät, Operation oder zu Medikamenten zu überreden.
Dick zu sein ist kein Todesurteil. Die im Guinessbuch genannten dicksten Menschen der Welt haben länger gelebt als so manches bedauernswerte Magermodel. Natürlich gibt es an beiden Extremenden der Gewichtslatte Verluste an Lebensqualität, Mobilität, reicht die Kraft nicht mehr für den Alltag aus, ist Hilfe nötig. Doch niemand muss sich gehorsam wie die Lemminge auf die nächste Diät-JoJo-Klippe zutreiben lassen.
Schauen Sie die Todesanzeigen an. Sammeln sie jene, die rundlich und alt friedlich entschlafen sind und fröhlich von ihren Fotos lachen. Und wenn Sie das nächste mal gesagt bekommen, dass jedes Kilo über dem Idealgewicht Sie dem Sarg näherbringt, legen Sie dem Sprecher Ihre Sammlung vor und fragen ihn, ob er das diesen Frauen auch gesagt hätte.