Stellen sie sich vor, sie wollen mit ihrem Auto aus einer Einfahrt herausfahren und die Einfahrt ist durch ein anderes Auto dicht geparkt.
Im Normalfall könnte man von einer Nötigung seitens des Falschparkers ausgehen. Doch was ist schon normal für Deutschlands Glaskugeljustiz, der man nicht ohne Grund nachsagt, dass sie den Täter- vor den Opferschutz stellt.
In der heutigen NDR-Sendung "Recht so!" ging es um so einen Fall. Ein Garagennutzer konnte mit seinem Auto nicht aus seiner Garage fahren, weil ein besonders "rücksichtsvoller" (§ 1 StVO) Verkehrsteilnehmer der Ansicht war, er müsse diese dichtparken.
Der Garagennutzer hupte verzweifelt nach dem Störenfried, doch niemand meldete sich. Er schaute sich das Auto des Störenfrieds in der Hoffnung an, einen Zettel oder irgend einen Hinweis zu finden, um den Störenfried dazu bewegen zu können, die Ausfahrt frei zu machen, doch Fehlanzeige.
Er wartete ein paar Minuten, doch der Falschparker ließ sich nicht blicken.
Genug der Geduld, dachte sich der Garagennutzer und rief den Abschleppdienst an. Schließlich verstösst hier der Falschparker eindeutig gegen den § 12 StVO und einmal vom Gesetzesverstoß abgesehen, möchte der Genötigte verständlicherweise keine weitere Rücksicht gegenüber den rücksichtlosen Falschparker walten lassen. Immerhin hat er dessen Auto bislang - ersatzweise für den Fahrer - keinen Vergeltungsschaden in Form einer Beule zugefügt. Naja, jedenfalls möchte unser Garagennutzer nicht gegen geltendes Recht verstossen, auch wenn das legitim wäre und entscheidet sich für den Abschleppdienst, den ja schließlich der Falschparker zu zahlen hat. Ist es schließlich sein Risiko, wenn er derart rücksichtslos sein Auto parkt.
So weit, so gut. Bis auf die Gewerkschaft der chronischen und rücksichtslosen Falschparker dürfte der Rest des Volkes Verständnis für das Handeln des Garagennutzers haben, würde dieses Volk doch mindestens ebenso handeln wie er.
Doch hier hat man die Rechnung ohne die Götter in der Robe gemacht. Da kann das Volk denken, wie es will. Denn die Götter in der Robe mögen zwar immer im "Namen des Volkes" sprechen, doch tun sie das bisweilen nicht in dessen Rechtsverständnis.
Trotz klarer Gesetzeslage entscheiden die sich nämlich neuerdings oftmals für die Variante, dass derjenige die Kosten für den Abschleppdienst zu bezahlen hat, der ihn gerufen hat. Und das begründen sie damit, dass unser Garagennutzer ersatzweise auch die öffentlichen Verkehrsmittel oder ein Taxi hätte nutzen können, solange die Kosten dafür nicht die Kosten des Abschleppens übersteigen.
Keine Sorge, ich habe mir die richterliche Rechtsbeugung nicht ausgedacht; diese Begründung wurde in besagter NDR-Sendung berichtet.
Was lernen wir also daraus?
Wer einmal in eine solche Situation gelangen sollte und sich dann so wie unser Garagennutzer benehmen möchte, dem sei angeraten, sich ein möglichst entferntes Fahrziel auszudenken, um die Abschleppkosten (Kosten ca. 250 € +) zu übersteigen. Dazu eignet sich ein angeblich vorgehabter Besuch beim suizidgefährdeten Schwager in Gibraltar oder besser noch, um vor richterlicher Willkür noch sicherer zu gehen, bei der totkranken Großmutter in Wladiwostok.
Ersatzweise, was wohl die klügste und redlichste Variante bezüglich solcher Notlügerei wäre, sollte man sich mit anderen Bürgern zusammenschließen, um dieser Willkürjustiz ein für alle Male ein Ende zu bereiten.
Ich bin es jedenfalls mehr als Leid, in einem Unrechtsstaat leben zu müssen und mich der vorherrschenden Verblödung und Willkür der bundesdeutschen Justiz ausgesetzt zu wissen.
Darüber kann mich auch nicht die ständige Phrasendrescherei des Bundesgrußaugust hinwegtrösten, da kann der von Freiheit schwatzen wie er will.
Die allen redlichen Bürgern aufgezwungene "alle gegen alle"- Mentalität kann jedenfalls nicht die Lösung sein. Ganz im Gegenteil, sie wird ins absolute Chaos führen.
Nicht Gesetz und Justiz machen einen Rechtsstat aus, sondern Gerechtigkeit.
Wolf-Alexander Melhorn (*1941)
P.S. Falls ein Abschleppdienst bemüht wird, dann übertragen sie dem Unternehmen den Auftrag, damit sich dieses um die Kosteneintreibung kümmern muss.