Deutsche Arbeitslose sind besonders arm

Man hört immer wieder, wie schlecht es doch den armen Arbeitslosen in anderen Ländern geht, während gewisse Politiker den arbeitslosen Deutschen ihren anstrengungslosen Wohlstand madig machen wollen. Aber von spätromischer Dekadenz spinnen nur noch marginalisierte FPDler und rechtspopulistische Postpolitiker wie der Sparfuchs Thilo S., der beispielsweise penibel ausgerechnet hat, wie gesund man sich doch vom Hartz-IV-Satz ernähren kann – mit Zahlen kann der Mann umgehen und schlank bleibt man dabei auch. Nebenbei ist die Sarrazin-Diät also noch ein schöner Beitrag zur Volksgesundheit.

Nun aber zur weniger erfreulichen Realität: Nach aktuellen Daten von Eurostat liegt das Armutsrisiko für Erwerbslose in Deutschland bei 70 Prozent – und damit so hoch wie nirgends sonst im europäischen Vergleich. Da reibt man sich die Augen, aber so ist es: Die deutschen Arbeitslosen sind die ärmsten Würste unter den armen Würsten in Europa. Und nicht etwa, weil es dem griechischen oder spanischen Arbeitslosen so gut ginge. Nein, denen geht es schlecht. Aber der Absturz ins soziale Aus ist in Deutschland schneller da und finaler als in anderen Ländern der EU. Der Paritätische Wohlfahrtsverband wertet das absolut korrekt als völliges Versagen der Arbeitslosenversicherung, herbeigeführt durch grob fahrlässige arbeitsmarktpolitische Entscheidungen seit 2003. Der Paritätische fordert deshalb eine arbeitsmarktpolitische Umkehr und die Einführung eines Mindestarbeitslosengeldes I.

„Mit den politischen Eingriffen seit der Einführung von Hartz IV hat man die Arbeitslosenversicherung mutwillig ins Leere laufen lassen“, stellt Ulrich Schneider fest, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist. Die Anspruchsvoraussetzungen seien verschärft und die Bezugsdauer verkürzt worden. Nach Angaben des Verbandes habe nur noch jeder Dritte, der arbeitslos werde, Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Verschärft werde das Problem durch den sich hemmungslos ausbreitenden Niedriglohnsektor. Selbst jahrelange Beitragszahlungen schützen die Menschen heute nicht mehr davor, bei Arbeitslosigkeit sofort in Hartz IV und damit bittere Armut zu fallen.

„Eine Pflichtversicherung, die nur in jedem dritten Schadensfall greift und auch dann nicht einmal zuverlässig vor Hartz IV schützt, wenn die Menschen jahrelang eingezahlt haben, grenzt an Abzocke“, sagt Schneider. Recht hat er. Mich erinnert das an einen Artikel, den ich vor einiger Zeit las. Ärgerlicherweise erinnere ich mich weder an den Autor, noch an das Medium, es ging um die Geschichte eines US-amerikanischen Journalisten, der erzählte, dass er auf seinen Reisen rund um die Welt viel Elend gesehen hätte, jedoch nichts sei so beklemmend gewesen, wie das Elend, das im Berlin der 30er Jahre herrschte, die engen Hinterhöfe, die unterernährten Kinder, die vielen Arbeitslosen und Kriegsversehrten.

Und in diesem Elend kämpften die Verlierer gegeneinander, bei den Nazis oder bei den Kommunisten – die einen sahen den Ausweg aus dem Elend in der Unterdrückung anderer, die anderen in der Solidarität der Arbeiter untereinander. Schade eigentlich, dass der Klassenkampf damals in erster Linie innerhalb der Arbeiterklasse statt fand – das hatten die oberen wieder fein eingerichtet. (Wobei das heute gar nicht anders ist) Und auf wen die da oben gesetzt haben, ist ja bekannt – mit den Nazis hatten die Kapitalisten keine ernsthaften Probleme. Mit den Kommunisten schon. Aber die haben die Nazis ja freundlicherweise ins KZ gesperrt oder umgebracht. Thyssen, Krupp, Henkel oder Flick, sie alle machten ihre Geschäfte mit bzw. dank der Nazis.

Heute geht das auch ohne Nazis, denn wir haben ja unsere fantastische freie Marktwirtschaft, die zwar nicht weniger totalitär ist, aber irgendwie viel netter aussieht. Und der es total egal ist, ob man Jude, Chinese, Inder, Neger oder Arier ist, solange man genug Geld in der Hand hat. Weniger egal ist das dann auf nationaler Ebene – denn der deutsche Staat will natürlich trotzdem als solcher respektiert werden, als verlässlicher Wirtschaftspartner, aber auch als Nation.

Und genau das ist der Grund, warum es den deutschen Arbeitslosen schlechter geht, als ihren europäischen Kollegen: Mit ihrem elenden Dasein stärken sie die Wirtschaftskraft der Nation! Nur weil sie ärmer und somit billiger sind, können die Deutschen doch auf die Griechen, Italiener, Spanier und so weiter runterschauen! Also, liebe Arbeitslose in Deutschland, jammert nicht rum, wie arm ihr doch dran seid, euer Opfer wird zwar nicht bedankt, aber es ist nötig. Demnächst plakatiert unsere Regierung vermutlich „Danke Deutschland – deutsche Arbeitslose so bescheiden wie keine sonst in Europa!“ Denn am bescheidenen Arbeitslosengeld wird garantiert nichts verbessert. Warum auch. Das schwächt nur den Standort.



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