Der Weg der Weisheit

Der Weg der WeisheitIn seinem Buch “Decision Making and the Will of God: A Biblical Alternative to the Traditional View” stellt Garry Friesen einer “traditionellen Sicht”, über den Willen Gottes nachzudenken, den von ihm so genannten “Weg der Weisheit” gegenüber. Folgenden vier Prinzipien charakterisieren diesen Weg:

  1. Wo Gott etwas gebietet, müssen wir gehorchen. (Where God commands, we must obey)
  2. Wo Gott nichts gebietet, gibt uns Gott die Freiheit (und Verantwortung) zu wählen. (Where there is no command, God gives us freedom (and responsibility) to choose)
  3. Wo Gott nichts gebietet, gibt uns Gott Weisheit zu wählen. (Where there is no command, God gives us wisdom to choose)
  4. Wenn wir gewählt haben, was richtig und weise ist, dann müssen wir dem souveränen Gott vertrauen, dass er alle Einzelheiten zum Guten zusammenwirken lässt. (When we have chosen what is moral and wise, we must trust the sovereign God to work all the details together for good)

Ein paar Bemerkungen sind angebracht:

Was Gott gebietet (1) ist Teil seines moralischen Willens. Dieser ist umfassender und konkreter, als man vielleicht annimmt. Wenn Friesen auch viel von Freiheit und (Eigen-)Verantwortung redet (2), dann ist damit einer schrankenlosen Zügellosigkeit gerade nicht das Wort geredet. Friesen betont immer wieder die Wichtigkeit, sich ein stetig wachsendes Verständnis des moralischen Willens von Gott zu erarbeiten (z.B. Seite 126: “…the Christian’s first responsibility is to gain a good understanding of what is included within God’s moral will”). Zudem ist die Latte auch sehr hoch gelegt, denn wir sollen uns — als Teil von Gottes moralischem Willen –  an Gottes Charakter und Heiligkeit selber orientieren (z.B. 1 Pe 1,15f).

Auch die in (2) genannte Freiheit findet offensichtlich gänzlich innerhalb von Gottes moralischem Willen statt. Schön ist das schon ganz am Anfang der biblischen Geschichte sichtbar: Im Paradies durften die Menschen von allen Früchten essen (Freiheit) ausser die Früchte eines spezifischen Baumes (Grenze des moralischen Willens).
Diese Freiheit ist fundamental wichtig für die Art und Weise, wie Gott mit uns Menschen umgeht (er will keine Marionetten) und auch wie er in dieser vielfältigen Welt sein Reich bauen will: Der christliche Glaube will und soll in verschiedenen Kulturen je anders gelebt werden: Christen haben — gerade im Vergleich zu anderen Religionen — eine grosse Freiheit, wie sie ihren Glauben gestalten wollen (s. dazu auch diese Artikelserie). Augustin sagte: “Liebe, und dann tue, was du willst”.

Wenn Gott uns Freiheit lässt, dann heisst das nicht automatisch, dass ihm egal ist, wie wir entscheiden. Er interessiert sich für uns!

Freiheit und Verantwortung gehen Hand in Hand (2). Wer entscheiden darf, der muss auch entscheiden…! Man kann sich nicht hinter irgendeinem breiten Rücken verstecken (Schicksal, Gott, Mentor, …). Aber Gott lässt seine Kinder nicht hilf-los die Last dieser Verantwortung tragen: Man kann von ihm Weisheit empfangen — sofern man sie sucht, sie erbittet, sie empfangen will (S. 179ff).
Was ist Weisheit? Es ist “the power to see, and the inclination to choose, the best and highest goal, together with the surest means of attaining it” (J.I.Packer, in Friesen, S. 175). Und Tozer sagt kurz: Weisheit ist “sanctified common sense” (ebda).

Gemäss dem Weg der Weisheit, soll man sich bei jedem Entscheid folgende zwei Fragen stellen:

  1. Sind die Optionen moralisch (d.h. passen sie in den moralischen Willen Gottes)?
  2. Sind die Optionen weise? — Und weil es in diesem Zusammenhang um göttliche Weisheit gehen soll, könnte diese Frage noch verfeinert werden: “Welche Wahl wird Gottes Reich am meisten fördern?”, “Wie kann ich Gott und seinen Kindern am besten dienen (serve most skilfully)?” (S.184)


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