Was war das für eine rauschende Ballnacht! Ein paar Tage ist es her, dass der Comic-Salon in Erlangen, die wohl größte Veranstaltung für Comicliebhaber in Deutschland vorüber ist. Und ich bin immer noch ganz geflasht. Für mich war das ungelogen bisher das schönste und entspannteste Festival.) Nicht zuletzt deswegen, weil ich besser schlafen konnte.)
Irgendwie schien alles ideal zu laufen: Es gab mit der Webcomic-Solidarity einen Extra-Fokus auf Webcomics, die Bitstorm-Lesung war ein voller Erfolg, entspannte Signierstunden bei Zwerchfell, Kwimbi und Panini, Vertreter der größeren Verlage feierten mit Vertretern kleinerer Verlage, nette Besucher am Stand, tolle Neuerscheinungen, Schokoladen-, BBQ-Sossen- und weitere Geschenke großzügiger Leser und dann gewannen auch noch so viele Freunde Preise und Anerkennungen (Andreas Eikenroth, Marvin Clifford, Ralf König, Pete gewann den Kurt-Schalker-Preis, lobende Erwähnung für Anders und und und).
Und dann gab es auch für mich ganz konkret den Moment, nachdem eine maximale Ausschüttung an Endorphinen nicht mehr zu verhindern war. Und zwar den ICOM-Preis für besondere Leistung/Publikation. Wie damals in der Schule hätte ich das Aufrufen meines Namens beinahe verpasst, da ich mal wieder gerade gequasselt hatte. Ab diesem Moment ging ich quasi nur noch wie auf Wolken und habe auch kaum zugehört, was die netten Juroren zu sagen hatten, weil mein Achtung-Emotionen-Schutzwall sofort hochfuhr. Wie die weitere Preisverleihung so verlief, könnt Ihr in diesem schmucken Tagesspiegel-Artikel nachlesen.
Ich hab Euch hier mal die Laudatio angehängt, die ich immer noch nicht ohne bebende Unterlippe lesen kann. Ich bin wirklich sehr ergriffen und stolz, denn für mich persönlich ist der ICOM-Preis der wichtigste Preis für deutsche Comicschaffende, denn er ist nicht nur dotiert, sondern auch sehr nah an den aktuellen Geschehnissen der Comicszene dran. Ich bin der Meinung, dass keiner hat ein Anrecht auf einen Preis hat, aber wenn man ihn bekommt, ist es doch eine sehr motivierende Form der Anerkennung. Vielen lieben Dank, ICOM-Jury!
Laudatio von Harald Havas (Foto der ICOM-Veranstaltung von Daniel Wüllner):
Also, um vorneweg eines erst mal klarzustellen, für einen Preis für das Lebenswerk ist Sarah Burrini eindeutig noch viel zu jung. Dennoch geht die Auszeichnung der Jury an Sarah ein wenig in diese Richtung. Dazu muss ich aber ein wenig ausholen.
Also. Es gibt viele Leute in der deutschen Comicszene, die hervorragend zeichnen können. Es gibt auch viele Leute in der deutschen Comicszene, wenn auch deutlich weniger, die spannende, interessante und lustige Geschichten erzählen und vor allem gelungene Comic-Strips, eine der Königsdisziplinen des Mediums, produzieren können. Und es gibt auch einige mit Affinität sowie Talent für Technik und Online, die damit zur Verbreitung der Szene, der Comics und der Vernetzung mit den Fans im Zeitalter des Web 2.0 viel beitragen. Und es gibt außerdem noch solche mit organisatorischem und wirtschaftlichem Talent, die dafür sorgen, dass sie selbst oder andere mit dem Comicmachen auch noch Geld verdienen. Manchmal, wenn auch selten, hauptberuflich.Es gibt allerdings wenige Menschen, die mehrere oder gar alle diese Talente in sich vereinen. Und einer dieser wenigen Menschen ist Sarah Burrini. Mit ihrem Online-Comic-Strip “Das Leben ist kein Ponyhof” schafft sie es nicht nur Woche für Woche ihr Publikum mit fantastischen, originellen, witzigen und hervorragend gezeichneten Erlebnisse zwischen Alltag und Fantasy zu amüsieren, ja zu begeistern, sie zeigt auch vielen anderen Onlinern wie es geht oder gehen könnte. Nämlich: eine verlässliche, gut funktionierende selbst publizierte Plattform im Internet zu etablieren, zu vermarkten und damit sogar Geld zu verdienen. In dieser Hinsicht ist Sarah eindeutig eine Vorreiterin und vor allem ein Vorbild für viele andere. Und nicht zuletzt ist Sarah Burrini nicht nur jemand, die im Netzwerk tätig ist, sondern auch eine Netzwerkerin, die durch viele Aktivitäten – etwa durch den Einsatz von Gastzeichnern – die deutsche Comicszene bereichert.
Für dieses Gesamtkonzept, für dieses Gesamtkunstwerk, kurz für diese Leistungen wollen wir Sarah heute mit dem Sonderpreis der Jury auszeichnen.