Der Waffenhandel floriert nach dem Amok: die Amerikaner lernen es nie – eine Diskussion über die Ursachen

Die Waffe gehört zur Identität des wilden Mannes aus dem Westen. Ohne sie fühlen sich die Amerikaner nackt, wehrlos und wertlos. Wenn mal jemand Amok läuft und frei verfügbare Schusswaffen effektiv einsetzt, so ist dies offensichtlich mehr eine Werbung für die Waffenlobby als denn eine Mahnung für Gesellschaft und Politik über ihr Verhältnis zur Gewalt und tötlichen Waffen nach zu denken. Der Profit der mächtigen Waffenindustrie ist der wirkliche Dreh und Angelpunkt aller Überlegungen.

Scheinbegründungen und verzerrte Realitätssicht

Der Verweis  auf das im zweiten Zusatz der amerikanischen Verfassung verbriefte Recht eines jeden Amerikaners auf das Tragen einer Waffe, ist nur ein Vorwand, um eine Diskussion auf einer sachlichen Ebene von Anfang an abzuwürgen. Kein nationaler Politiker kann es sich erlauben dieses Recht anzuzweifeln oder zur Diskussion zu stellen, wenn er nicht politischen Selbstmord begehen will – kein Demokrat, und erst Recht nicht ein Republikaner.  Man sucht nach Gründen für den grausamen Amok in Aurora. der Täter schweigt. Er hatte sich die Haare gefärbt und als Joker, dem bösen Widersacher Batmans, verkleidet, um mit seinen legal erworbenen Schusswaffen ein massaker anzurichten. Er selbst hat sich nicht gerichtet; es war also kein erweiterter Selbstmord. Der intelligente 24 jährige (ehemalige) Doktorant hat zuerst – ohne Angabe von Gründen – sein Studium geworfen, und sich dann noch mehr aus der Geselslchaft zurückgezogenen, als er es ohnehin schon war. Er hinterlies keine Spuren im wirklichen Leben, und auch keine im Internet. Keine Vernetzung in sozialen Netzwerken. Keine wirklichen Freunde im echten Leben.

Das Böse ist da und gehört nicht zu uns! Tötet es!

Er gilt als psychisch krank, gestört und sozial inkompetent. Ist das die Erklärung für eine böse Wahnsinnstat? Der Fall eines einzelbrödlerischen Asozialen, der sich in seiner wahnsinnigen Fantasiewelt verloren hat, und vielleicht darin die Rolle eines bedeutsamen und repektierten Rächers einnehmen wollte? Es gibt keine monokausale Erklärungsmuster, keine einfache Antworten, wie sie die Amerikaner immer so schnell zur Hand haben. Ein böser wahnsinniger war es.  Für ihn wird die Totetesstrafe wieder eingesetzt. Ganz sicher ist man sich da in Aurora Land.

Ich erlaube mir mal zu sagen, dass es ein Ursachenbündel gibt. Eines kam zum anderen. Und jeder Faktor, der in seiner Gesamtheit mit den anderen zur Katastrophe führte, kann geändert werden. Zum guten. Nur: die Amerikaner sehen dies nicht und wollen es auch nicht. Sie lernen es nie.

Wir sind das geistig und seelisch Kind unserer Umgebung

Das gesellschaftliche Klima in den Staaten ist nicht erst seit der Wirtschaftskrise rauh, kalt und gegenüber Verlierern unnachsichtig. Ohne Geld am Start zu haben, ein grosses vermögen zu besitzen und/oder über entsprechende Beziehungen zur Finanz- Und Politikwelt zu verfügen, ist es für den normalgeborenen in den USA sehr schwierig geworden seinen amerikanischen Traum zu verwirklichen. Talent und Ehrgeiz reichen nicht mehr aus, um erfolgreich zu sein. Das zu einem Krebsgeschwür ausgewachsene marktradikale Wirtschaftssystem und sein dunkler Bruder, die freie Finanzwirtschaft konstituieren ein gesellschaftliches Klima des Sozialdarwinismus. Nur der stärkste und rücksichtsloseste besteht. Survievell of the biggest and the fitest.

Ein unglaublicher, ja unmenschlicher Druck herrscht in einer kalten Ellbogengesellschaft. Vereinzelung, Entsolidarisierung, materielle Verarmung und seelische Verarmung prägen diese Gesellschaft. Der Konsum ist alles. Der Besitz definiert die Person in einer Gesellschaft des Habens, die als normatives Ultima ratio die Gier nach Besitz und Macht hat. Diese Gesellschaft ist krank und sie generiert immer wieder extreme gewaltbereite und rachsüchtige, frustrierte und kaputte Menschen, die nur aus Ablehnung, Hass und Ekel gegenüber allen und jeden bestehen. Dass diese Menschen leicht in den besitz von Waffen geraten können, verschärft die Situation. Dass Gewalt in der Kultur selbst für Kinder akzeptabel ist, Libe und Sexualität aber verteufelt werden, wie man es im Filmbetrieb laufend mitbekommt, dies ist ein weiterer kranker Punkt der amerikanischen Gesellschaft.

Gottes gerechte Rache, ausgeführt von den Menschen in god’s own land

Sei werden Rache nehmen und das Böse hinrichten; es staatlich ermorden lassen. Es, das ist laut Medienberichten, nur eine Maske des Bösen. Keiner von ihnen, keiner aus der Mitte der normalen Gesellschaft.

Gott sei Dank. Wir töten es, wir werden es los. Und dafür beten die Amerikaner auf den Strassen. Die Kinos führen Metalldedektoren ein, wie schon zuvor die Schulen. In den Kirchen wird um die Seele des Malefikanten gebetet, und nicht etwa um die eigenen zerstörten Seelen.

Armes god ownes land, Amerika du bist schon tot, und weisst es blos noch nicht. Deine Zombies bevölkern die Strassen einer entseelten Welt.

god bless you – falls es ihn bei euch noch gibt, denn er braucht ein Herz, um darin einzukehren.

René Brandtsädter – humanicum


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