Der Tod nutzt noch Notizbücher: „Death Note“

Erste Seite, erster Eintrag (in Großbuchstaben): ich bin kein Fan oder Kenner der Kunstform Manga! Das ist wichtig, denn somit gehöre ich nicht zu den Menschen, die mit jener japanischen Comicreihe, auf die der US-Film „Death Note" basiert, vertraut sind. Ich habe auch noch keine der japanischen Realverfilmungen des Stoffs gesehen, geschweige denn eine Folge der Anime-Fernsehserie. Ich könnte unvorbelasteter oder sagen wir neutraler kaum sein.

Immer wenn Hollywood sich daran macht, erfolgreiches Material aus Asien zu verfilmen, lässt der Aufschrei in den sozialen Medien nicht lange auf sich warten. Denn die amerikanische Film- und Fernsehindustrie neigt dazu, die fernöstlichen Handlungen in die USA und/oder die asiatischen Figuren in nicht-asiatische Charaktere umzuwandeln. „Whitewashing" wird dies kritisch genannt. Die Diskussionen werden bisweilen hitzig geführt, bis hin zu schweren Vorwürfen von Rassismus, in die sich wiederum die Frage mischt, inwieweit es eigentlich sekundär rassistisch ist, als europäischer oder nordamerikanischer Manga-Fan das Gefühl zu haben, die asiatische Kultur gegen vermeintlichen amerikanischen Rassismus verteidigen zu müssen. Glücklich und zufrieden ist dann am Ende sowieso keiner. Trotzdem hat Hollywood die Mangas und Animes (noch) nicht aufgegeben wie „Death Note" belegt. Diesmal wurde die Handlung nach Seattle verlegt und es gibt nur einen asiatischen Nebencharakter. Der Film ist eine Eigenproduktion des Streaming-Anbieters Netflix und seit dem 25. August 2017 abrufbar.

Der Teenager Light Turner (Nat Wolff) findet ein mysteriöses Notizbuch namens Death Note, zu dem auch noch der unheimliche Dämon Ryuk (Originalstimme: Willem Dafoe) gehört, den nur Light als der neue Inhaber des Death Note sehen kann. Das Buch verleiht seinem Besitzer die ungeheure Macht, den Tod von Menschen zu bestimmen. Light muss nur einen Namen hineinschreiben, während er sich das Gesicht dieser Person vorstellt, und notieren, wie dieser Mensch sterben soll. Auch kann Light kontrollieren, was der oder die Todgeweihte in den letzten 48 Stunden vor dem Ableben macht. Nachdem Light zwei unliebsame Personen ins Jenseits befördert hat, weist er seinen Schwarm Mia (Margaret Qualley ) in sein Geheimnis ein.

Gemeinsam ersinnen Light und Mia einen fiktiven Rächer namens Kira, der überall auf der Welt Verbrecher tötet, deren Namen und Gesichter die beiden Jugendlichen den Medien und Polizeiunterlagen von Lights Vater James Turner (Shea Whigham) entnehmen. Bald entwickelt sich ein regelrechter Kult um Kira. Sogar viele Polizisten verehren den Rächer, doch das gilt nicht für alle. Der exzentrische Sonderermittler L (Lakeith Stanfield), der seinen wahren Namen nicht preisgibt und sein Gesicht verhüllt, will Kira zur Strecke bringen. Er vermutet den mysteriösen Killer in Seattle und arbeitet ausgerechnet mit Lights Vater daran, die Identität von Kira zu enthüllen.

Death Note: Die Kritik

Weniger kontrovers als das Thema Whitewashing, aber dennoch elementar war schon im Vorfeld die Frage, ob es überhaupt gelingen kann, die Story einer ganzen, über Jahren gereiften Comicreihe in einen nicht ganz zweistündigen Film zu pressen, ohne dass es tatsächlich gepresst wirkt. Die Antwort lautet in diesem Fall eher Nein als Ja. Kaum hat man das Death Note aufgeschlagen, sind Light und Mia auch schon ein Paar und der Mythos Kira wurde erschaffen. An manchen Stellen scheint uns der Film nur schnell das Inhaltsverzeichnis vorzulesen. Vor allem Light und Mia bleiben als Figuren ziemlich blass, ihre Beweggründe werden allenfalls vage angedeutet und dass die beiden sich unabhängig vom verbindenden Element des Todesbuches irgendwie menschlich nahe sind, kann man eigentlich nicht behaupten. Die beiden Charaktere stagnieren in einem unbestimmten Raum zwischen Helden und Anti-Helden. Dadurch wird dem Zuschauer nicht die beste Grundlage gegeben, um sich zu fragen, ob und wie er selbst so eine Macht nutzen würde.

Problematisch gestaltet sich auch der Charakter L. Zunächst angelegt als exzentrisches Genie, erscheint er zunehmend als emotionales Wrack. Was wohl mal als komplexes Psychoduell zwischen Light und L gedacht war, wird heruntergebrochen auf eine Feindschaft aus Rachsucht, in der man sich gegenseitig durch die Straßen jagt. Nicht sehr psychologisch und im Ganzen wenig originell. Der Dämon Ryuk wirkt unheimlich, diabolisch und sadistisch, womit er seinem Anforderungsprofil gerecht wird. Eigentlich ist er der einzige Charakter, von dem man das ohne Abstriche sagen kann.

Der Tod nutzt noch Notizbücher: „Death Note“Was die Regeln und Möglichkeiten des Todesbuches angeht, verliert der Film gegen Ende auch mehr und mehr die Linie. Was bringt es, der Besitzer des Buches zu sein, wenn offenbar jeder Finder einzelne Seiten daraus benutzen kann? Ich weiß nicht, ob das in der japanischen Vorlage auch so ist und wenn ja, ob es da sinnvoller kommuniziert wird, in diesem Film hat es mich jedenfalls nicht wirklich überzeugt.

Natürlich steht bei Filmen wie „Death Note" auch immer die Frage nach dem Gore-Faktor im Raum. Muss man Blut sehen können? Ja, schon. „Death Note" nimmt das „Final Destination"-Erfolgsrezept auf und zeigt die Todesfälle recht plastisch. Da werden dann schon mal Leitern zu tödlichen Geschossen oder Besteck zu Waffen. Die Tode müssen allerdings den Naturgesetzen folgen, so will es das Buch. Also keine Hai-Angriffe auf dem Schulklo.

Death Note: Das Fazit

„Death Note" ist sicherlich nicht der Befreiungsschlag für die amerikanischen Manga-Verfilmungen. Whitewashing hin oder her, tut sich die Netflix-Produktion schwer damit, das interessante Konzept und die Charaktere zu einer ausgewogenen Geschichte zusammenzufügen. Unterhaltungswert ist schon da und optisch stimmt auch alles, aber über Durchschnitt kommt „Death Note" nicht hinaus. Das müssen wir so notieren.

Wenn es um beängstigend gute Unterhaltung auf Netflix geht, kann ich schon eher Dokus wie „ The Keepers" oder „ Casting JonBenet" ans Herz legen. Da ist der Schrecken sogar real und die Dämonen sind Menschen.

Death Note: Die Daten


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