Der Sonne zu nah

Von Stefan Sasse

Wenn man sich die BILD als die gleißend helle Boulevard-Sonne vorstellt, dann ist der politische Ikarus Guttenberg ihr endgültig ein wenig zu nahe gekommen. Nachdem herausgekommen ist, dass die etwas hastige und vorverurteilende Abberufung des Kapitäns der "Gorch Fock", Schatz, nach einem Telefonat mit der BILD zustande gekommen ist, fragt sich auch der letzte Guttenberg-Fan, ob hier nicht etwas schief läuft. Bekanntlich liebt der Medienzirkus neben dem gnadenlosen Hochschreiben von charismatischen Einzelpersonen - man denke an Schröder oder Steinbrück - nichts lieber als das Herunterschreiben eben jener. Hat man erst einmal eine ordentliche Fallhöhe geschaffen, und Guttenberg hat das definitiv zustandegebracht, dann kann man sich an einem langen und tiefen Fall ergötzen.

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Photo: timsnell

Für die meisten Abgeordneten von CDU, CSU und FDP dürfte der Absturz Guttenbegers dabei mindestens so gelegen kommen wie für die Opposition. Die gigantischen Popularitätswerte hatten Guttenberg praktisch unverwundbar gemacht und es ihm erlaubt, seine Linie mehr oder minder unangekratzt durchzuziehen - die Abschaffung der Wehrpflicht spricht da Bände. Für Merkel kommt die Delle in Guttenbergs Polit-Pop gerade zur rechten Zeit: Die große Wehrreform, mit der Guttenberg sein Ministerium nach seinen Vorstellungen umbauen wollte, ist gestoppt. Eiskalt hat Merkel die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und Guttenberg in vollem Lauf den Prellbock in den Weg gestellt. Das Sparziel werde nicht erreicht, lässt sie ausrichten, und außerdem müssten deutlich mehr Stützpunkte geschlossen werden als sein Plan dies vorsieht, so lautet die Argumenation.
Das schafft Guttenberg in einer Situation, wo er wegen Bundeswehraffären - Gorch Fock, Friendly Fire, Feldpost - ohnehin unter Beschuss steht, gleich noch einen weiteren Kriegsschauplatz. Denn die von Merkel geforderte Schließung von "deutlich mehr" Standorten bedeutet vor allem eine wahre Lobbyinglawine, die über Guttenberg hereinbrechen wird, weil niemand will, dass Standorte in seinem Wahlkreis geschlossen werden. Der Verteidigungsminister dürfte damit für die nächsten Wochen erst einmal beschäftigt sein - und Merkel hat an dieser Front Ruhe.


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