I seen another world. Sometimes I think it was just my imagination.
Mit THE THIN RED LINE beleuchtet der amerikanische Regisseur Terrence Malick objektiv die Schrecken des Krieges in malerischer Pflanzen- und Tier-Kulisse. Ihm dient der regelrecht tragische Kontrast aus erhabener natureller Schönheit und den Schrecken des Kampfes als Katalysator seiner nachdenklich-sibyllinischen Ausführungen, welche bezaubernd viel Raum für mögliche Interpretationen lassen. Die Poesie seines dreistündigen Mammut-Werkes macht sich jedoch nicht nur in seiner majestätischen Semiotik und den wohl nuancierten Hans Zimmer-Kompositionen bemerkbar, sondern begeistert gleichsam in den monologischen Reflexionen seiner Charaktere. Permanent belässt er den Fokus auf diesen, offenbart mithilfe der Offenlegung ihrer tiefsten Gedanken Ideale, Träume und die zum Schutz auferlegte Maskerade der zahlreichen vielschichtig gezeichneten Charaktere. Dadurch gelingt es ihm trotz seines sehr artifiziellen Stils, ein zutiefst berührendes Kino der emotionalen Magie zu kreieren, weil plötzlich selbst Nebenrollen irrational erfassbar werden. Dieser dramaturgische Kniff mag vielleicht nicht unbedingt neu oder revolutionär sein, doch ist er mit einer Virtuosität umgesetzt worden, die weit und breit ihresgleichen sucht und lediglich durch ihre schiere Unüberschaubarkeit kleinere Empathie-Einbuße zu verbuchen hat. Der kontinuierlich spürbare esoterische Unterton seiner Geschichte duftet zwar mild nach Religiosität, überlässt uns glücklicherweise letztlich aber die subjektive Deutung dieser und gibt uns genügend Raum zum Atmen. Malicks Natur ist wunderschön und hässlich zugleich, friedlich und tödlich, edel und hinterlistig – die gleiche stets in sich verwobene Dualität, mit der auch seine Figuren gepträgt sind. Seine Welt ist ein behutsames Wechselspiel aus tristem Grau und fantastisch-bunten Farben – der Krieg das tiefste Schwarz, in dem nur selten ein winziger Funke Licht zu erkennen ist. Vielleicht ist THE THIN RED LINE gerade deshalb ein so großer Film, weil ein jeder etwas anderes darin zu sehen vermag.
8,5/10