Der Potemkinsche Hund

Der Potemkische Hund

 Wie ein Schlafwandler schlurft Anatol Grigorjevic durch Odessa, ziellos und planlos, schmutzig und stinkend.

Denn eigentlich ist der junge Mann erst kürzlich gestorben.
Aber seine Nachbarin Irina, Chemikerin und Physikerin, hat ihn mit Hilfe einer selbstgebauten abenteuerlichen Apperatur wieder zum Leben erweckt.

Doch Irina hält ihren Versuch für gescheitert und flieht voller Selbstekel und Scham aus Odessa.

Derweilen läuft Anatol einem Hund hinterher, den er Celobaka – Menschenhund – nennt, auf der Suche nach seinem Leben und seiner Identität.

Als zum Schluss Anatol und Irina zufällig aufeinander treffen, müssen beide erkennen, dass man dem Tod schwierig entgegen gehen kann, aber niemals entfliehen.

Jungautorin Cordula Simon

Die österreichische Autorin Cordula Simon studierte in Graz und Odessa deutsche und russische Philologie.
Das vorliegende Buch ‘Der Potemkinsche Hund’ ist ein beeindruckender Erstlingsroman der in Odessa lebenden Schriftstellerin.
Ihre Liebe zu der russischen Sprache kommt in diesem Buch durch ein besonderes Stilmittel zum Ausdruck. Jedes Kapitel beginnt mit einem Satz, einem kleinen Gedicht eines russischen Dichters – in kyrillischer Schrift. Erst auf den hinteren Seiten findet man die Übersetzung und meist erst, nachdem man das Kapitel gelesen hat, erkennt man den Zusammenhang.

Der Roman spielt in einer postsowjetischen Ukraine.
Die alten Denkgebäude sind zusammen gebrochen, die Menschen fern einer politischen Ideologie auf sich allein gestellt.
Es regiert das Kapital (das nur wenige besitzen), aber milizionärische Behördenwillkür ist korrupt und präsent wie eh und je.

Diese Situation wird bei Irina deutlich, die sich auf der Suche nach einem Sinn nach Uljanowsk, dem Geburtsort Lenins fährt.
Und obwohl sie in dessen Geburtshaus, nun ein Museum heimlich eine Nacht verbringt, kann sie weder das eine, noch das andere finden.
Sie erinnert sich an ihre Kindheit auf dem Land und meint, ihr ganzes Leben verwirkt zu haben. Verwirkt im Dienst der Wissenschaft, für die sie sich aufgeopfert hat, aber nie etwas erreichen konnte.

Alles ist marode

Anatol wird sich, während er durch Odessa streift, gewahr, dass er keinen Platz mehr hat in der Gesellschaft. Er verliert langsam das Gedächtnis, weiß nicht wohin und helfen kann und will ihm auch niemand.
Um ihn herum pulsiert das Leben der kleinen Leute, der Marktfrauen, der kleinen und großen Gauner, aber sein einziger Freund scheint dieser Hund mit den vermeintlich mysteriösen Eigenschaften zu sein.

Anatol und Irina leben in einer maroden Welt und einer maroden Stadt in der “die alten … Fassaden durch Salzfraß… kleine Monster bilden”. Für sie ist kein Platz mehr in der neuen Welt, genausowenig wie für die Bettler, die sich an der potemkinschen Treppe in Odessa mit einem Äffchen oder einem Alligator gegen Geld fotografieren lassen.

Ich bin hunderte von Kilometern gelaufen …

Diese ganze Szenerie hat mich ziemlich heruntergezogen, zudem fand ich die Vorstellung eines Menschen, der buchstäblich dem Grab entwichen ist, die Nähte an seinen Augenlidern, am Mund und sämtlichen anderen Körperöffnungen auftrennen muss, ekelerregend.
Obwohl man beim Lesen das Gefühl hat, gemeinsam mit Anatol hunderte von Kilometern durch irgendwelche Straßen zu laufen, erfährt man sehr wenig über ihn und die Umstände seines Ablebens.
Die Geschichte der etwas ältlichen Irina die verliebt heimlich ihren jungen Nachbarn beobachtet, war für mich mehr als tragisch.
Zwischendurch flicht die Autorin andere Personen, wie. die beiden Totengräber, ein paar Ganoven, einen Beamten in Kiew und andere in die Geschichte mit ein. Aber nach meiner Meinung zieht sie das nicht konsequent genug durch.

Im Klappentext wird dieses Werk mit denen eines Bulgakows und Kafkas verglichen.
Das ist nur ein kleines bisschen übertrieben, es kommt dem aber schon ein bisschen nahe

Das Buch ist 2012 im Picus Verlag erschienen und die gebundene Ausgabe kostet 19,99 € und kann hier direkt beim Verlag bestellt werden.

Diese Rezension habe ich geschrieben für Blog Dein Buch.

 Cover: Der Potemkinsche Hund ©Picus Verlag
Text: Der Potemkinsche Hund ©Sabienes


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