In Großbritannien gab es mal wieder einen „Aufschrei“ – da hat sich eine Dessous-Firma doch tatsächlich erlaubt, schlanke und offensichtlich körperlich sehr fitte Fotomodels in Unterwäsche zu präsentieren und zur Produktlinie „Body“ auf dem Poster auch noch „The Perfect ‚Body‘“ zu schreiben. Den entsprechenden Artikel finden Sie hier ( http://www.spiegel.de/panorama/victoria-s-secret-kampagne-erzuernt-kundinnen-a-1001615.html). Tatsächlich haben sich sofort die Feministinnen gemeldet und eine Aktion gegen die Firma gestartet. „Die Kampagne sei beleidigend und verzerre ein gesundes Körperbewusstsein.“ Das Ergebnis: Ein neuer Schriftzug auf dem Poster „A Body for Every Body“. Durch eine Unterschriftenaktion wurde die Firma gezwungen, sich öffentlich für „ihr unverantwortliches Marketing“ zu entschuldigen.
Lächerlich.
Ganz objektiv gesehen, sieht man auf diesem Poster wirklich Frauen mit – nahezu – perfekten Körpern. Sicherlich wurde da ein bisschen mit Photoshop nachgeholfen, aber man darf vermuten, dass diese Körper sich schon recht nahe an der Perfektion befinden: gesund, wenig Körperfett, gute Haut, schöne Haare, schöne Gesichter etc. Nach objektiven Maßstäben – und die sind sehr leicht in jeder Bibliothek in diversen wissenschaftlichen Publikationen auffindbar – ist der Schriftzug „The Perfect Body“ also völlig richtig. Und sogar ein bisschen humorvoll zu verstehen, da die Damen hier ja auch Unterwäsche der Produktlinie „Body“ tragen. Sehr schön.
Wenn da nicht die beleidigte „moderne“ Frau wäre, die – wie das eine Kolumnistin beschreibt – beleidigt ist und sich persönlich angegriffen fühlt: “Das Wort ‘perfekt’ zu benutzen, ist nicht nur beleidigend für etwa 99,9 Prozent der weiblichen Bevölkerung, die keine ‘perfekten’ Modelmaße haben; es ist total unverantwortlich und geradezu grausam.”
Man darf also einen perfekten Körper auf keinen Fall öffentlich mit „perfekt“ beschreiben, weil sich jemand davon grausam unterdrückt und beleidigt fühlt. Verstehe ich nicht – ehrlich, ich hab‘s probiert!
Nehmen wir mal an, wir hätten 50kg zu viel auf den Rippen und sehen ein Poster mit jemandem, der einen objektiv perfekten Körper hat – wie schafft man da den Schritt, sich davon persönlich beleidigt zu fühlen? Eigentlich nur dann, wenn man mit dem eigenen Gewicht psychologisch nicht zurecht kommt – oder mit dem eigenen Körper ganz allgemein. Dann ist es auch ganz klar – man denkt sich nicht einfach „Oops, um so auszusehen müsste ich mich ja ganz schön anstrengen – naja, erstmal gibt‘s ein Stückchen Schokolade auf den Schreck!“ oder „Wow – der/die sieht ja fantastisch aus – finde ich toll!“, sondern man nimmt den einzigen alternativen Weg: Die Verantwortung für das eigene Gewicht nicht sich selbst zuzuschreiben, sondern bösen und „grausamen“ Firmen, die einen ja dazu zwingen wollen, sich nach einem bestimmten Schönheitswahn (den es übrigens nicht gibt) zu verbiegen. Selbst dann, wenn gar kein solcher Zwang vorhanden ist, da man ja in einer freien demokratischen Gesellschaft lebt, in der man nicht nur alles tun und lassen kann, was man will – im Rahmen des Gesetzes natürlich – sondern, wo auch noch darauf bestanden wird, dass man für seinen guten Charakter gemocht werden muss und eben nicht wegen des Aussehens. Und wo man sich aussehensmäßig sowieso schon in den eher unteren Gefilden bewegt.
Damit entlarvt sich diese Gegenkampagne also eine Mischung aus mangelnder Eigenverantwortung und reiner Faulheit – denn die Models auf diesem Poster sind ja auch nicht nur von Photoshop und der Natur so perfekt geformt worden. Da steckt eine gehörig Portion Arbeit und Selbstdisziplin dahinter – aber dafür hat man ja beim beleidigten Twittern und Schokoladeessen keine Zeit heutzutage. Da such man sich lieber ein paar halbseidene Ausreden und schiebt lieber die Verantwortung woanders hin – und weil genügend andere mitmachen, schaut man dann aus als wäre man tatsächlich im Recht.
Ist man aber nicht. Man ist höchstens ein bisschen größenwahnsinnig.
Kinder und unsichere Menschen sind auf diese Art beleidigt – wirklich erwachsene Menschen übernehmen jedoch die Verantwortung für das eigene Denken und Handeln und kämen nicht einmal auf die Idee sich derart kindisch aufzuführen. Wer sich ständig als Opfer fühlt und aufführt, wird auch genau das werden – aber nicht Opfer der bösen Männer oder der Medien, sondern nur eines der eigenen Faulheit.
Komisch übrigens, dass es bisher keinen „Aufschrei“ von Männerseite gab, weil überall diese Poster und Bilder vom perfekten Mann mit Waschbrettbauch zu sehen sind.
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