Der Mitternachtsgarten

Mit Der Mitternachtsgarten präsentiert die Künstlerin Édith Grattery eine liebevolle Kinderbuch-Adaption. Und zwar von dem 1958 erschienenen Tom’s Midnight Garden (Als die Uhr dreizehn schlug) von Philippa Pearce (23.01.1920 – 21.12.2006).

Der Mitternachtsgarten CoverDer Mitternachtsgarten Cover © Copyright Splitter Verlag

Plot

Die Brüder Peter und Tom freuen sich auf die Sommerferien, doch punktgenau bekommt Peter die Masern. Die Eltern beschließen, Tom zu seiner Tante Gwen und Onkel Allan in Quarantäne zu schicken, damit er sich nicht ansteckt. 

Tom ist außer sich und will nicht zu den langweiligen Verwandten. Und überhaupt, was wird aus dem Baumhaus-Projekt mit Peter?

Es hilft nichts, Onkel Allan holt Tom ab und fährt mit ihm zu seinem vorübergehend neuen Zuhause. Zwei Wochen soll er bleiben, dann ist Peter sicher nicht mehr ansteckend, sagen die Eltern.

Gähnende Langeweile

Tom langweilt sich. Kein Garten, keine anderen Kinder und das Haus darf er auch nicht verlassen, er könnte ja dennoch ansteckend sein. Paranoide Erwachsene im Stile eines Gesundheitsministers.

Täglich schreibt Tom seinem kleinen Peter, Onkel und Tante werden nur mit TG und OA abgekürzt.

Als die Uhr dreizehn schlug

Im Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses steht eine alte Standuhr, sie weckt sofort das Interesse von Tom. Allan erzählt ihm, dass die Uhr der alten Frau im obersten Stockwerk gehört und keiner sie anfassen darf. Die Besonderheit der Uhr sei, dass sie zur dreizehnten Stunde schlägt. 

Eines Nachts, als Tom mal wieder nicht schlafen kann, geht er in die Küche, um etwas zu trinken. Er hört die Uhr zum dreizehnten Mal schlagen und will nachsehen, welche Uhrzeit sie anzeigt. Aber es ist viel zu dunkel, um etwas zu erkennen, umsonst war sein Unterfangen allerdings nicht.

Die Tür zum Hof steht einen Spalt offen und Licht dringt in den dunklen Flur.

Wunderland

Natürlich öffnet Tom die Tür und geht hindurch. Er findet sich in einem prächtigen Garten wieder, alles ist grün und die Sonne strahlt in ihrer ganzen Pracht.

Nur kurz verweilt er dort; aus Angst erwischt zu werden, geht er zurück in sein Zimmer. Am nächsten Tag geht er wieder durch die Tür und landet nur im winzigen Innenhof. Er beschließt, nächste Nacht wieder die Tür zu öffnen.

So beginnt das eigentliche Abenteuer. Nacht für Nacht erkundet Tom das Wunderland. Die Menschen, die dort leben, können ihn nicht sehen, und müde wird er auch nicht. 

Eines Tages (oder nachts?) spricht ihn eines der Kinder an, die Tom gerne beim Spielen beobachtet. Die kleine Hatty hat ihn schon lange bemerkt. Tom ist begeistert, dass sie ihn als Einzige sehen kann. Die beiden freunden sich an und spielen zusammen im großen Garten.

Zeitgefühl

All seine Erfahrungen und Erlebnisse beschreibt Tom bis ins Detail in seinen Briefen an seinen Bruder. Tom wünscht sich so sehr, dass sein Bruder den Wundergarten auch sehen könnte! Als seine Zeit bei Onkel und Tante sich dem Ende zuneigt, überredet er sie und seine Eltern, dass er noch bis zum Ende der Sommerferien bleiben darf. 

Die Zeit im Mitternachtsgarten verläuft anders als in seiner Welt. Vergeht bei ihm ein Tag, können im Wunderland Wochen oder Monate vergangen sein.

Tom ist überzeugt, dass Hatty ein Geist ist, und sie glaubt, er sei einer.

Er macht es sich zum Ziel, das Rätsel um Hatty und die Welt, in der sie lebt, zu lösen.

Meinung

Kinderbuch-Adaptionen sind meist unkompliziert, einfach zu konsumieren und auf übermäßige Gewalt wird verzichtet. Genau darauf hatte ich Lust. Einfach und unkompliziert. Außerdem war es gerade in der Onleihe verfügbar.

Realitäten und Zeiten vermischen sich in diesem Werk auf wunderbare Weise.

Ich konnte mich leicht in der Geschichte verlieren. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich Szenen in Gedanken auseinandergenommen und interpretiert habe.

Was will man mehr?

Ganz automatisch ließ ich mich mitreißen und wollte unbedingt die Lösung dieses Rätsels erfahren.

Der überaus liebevolle und passende Zeichenstil tat sein Übriges, so dass mich Der Mitternachtsgarten von Anfang bis Ende begeistert hat. Der Zeichenstil ist sehr detailliert, spielt mit Farben und Lichtern, um jede Szene passend zu präsentieren.

Beispielsweise beherrschen Grautöne die Szenerie im Haus von Onkel und Tante. Durch gezielt eingesetzte Lichtquellen werden Menschen oder Gegenstände hervorgehoben. Alles wirkt sehr lebendig..

Lange stand die Frage im Raum: Ist Hatty nun der Geist oder Tom? Vielleicht ist am Ende alles nur die Fantasie eines Kindes? 

Wenn du die Antwort wissen möchtest, musst du die Graphic Novel lesen – das empfehle ich jedem, der gute Geschichten mag.

Die Auflösung am Ende ist zu schön, obwohl für mich ein, zwei Fragen ungeklärt blieben.

Der Mitternachtsgarten hat mich so sehr verzaubert, dass er mein Comic des Monats November 2022 ist.


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