Tomatenschlachten, Tortenschlachten, Steineschlachten – alles gesehen, alles wohlbekannt, alles reine Routine. Aber sich mit Stühlen und Mobiliar zu bewerfen, im Refugium einer verschwörerischen Geheimschaft (Peter Lorre verkörpert einprägsam einen Agitator, der auf die bewegenden menschlichen Momente ein Patent angemeldet hat) hinter dicken, eisenbeschlagenen Türmauern dürfte im Vergleich dazu nicht allzu häufig gefilmt worden sein. Zu "Der Mann, der zuviel wusste" drehte Hitchcock in seiner goldenen Phase der 50er Jahre zwar ein pompöseres, gleichfalls mit viel, viel mehr Fassadendekor ausstaffiertes Remake. Dennoch ist die auf den Punkt angereicherte Schnelle, schludrige Sprunghaftigkeit und Agilität des Originals aus den 30ern ein Unikat schlechten Budenzaubers, weil sich ein delikates Humorverständnis und politischer Smalltalk höchst belustigend, nein: federleicht fügen und nicht selten einander negieren. Sei es ein Versteck in einem horrortauglich tapezierten Zahnarztzimmer (Hitchcock entwickelt daraus traditionellen Suspense-Jux), das ikonografische Royal-Albert-Hall-Finale, in dem sich die Pistole des Attentäters andächtig phallusartig ins Bild stößt, oder die darauffolgende effektreiche Actioneinlage, die John Carpenters Belagerungseifer vorausbemerkt: Logik ist vollkommen tabu, dafür herrscht wüste Uneinheitlichkeit und hektisches Ausformen dessen, das zugleich Politposse wie Familienthriller ist. Übrigens auch hier, in der Eröffnungsszene in St. Moritz (!), wittert ein Hitchcock-Protegé, ein Tier, ein Hund (vgl. "Geheimagent", "Rebecca" etc.) die ersten menschlichen Abgründe.
5 | 10
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