(Wie alles begann hier: *KLICK*, die letzte Knie-OP hier: *KLICK*; wer das ganze Epos noch lesen möchte, sollte sich sputen, da hier ja bald Schluß ist.)
Neue OP, neues Glück: Ich dackele vorbereitet, nüchtern (Wieder so eine Situation, in der ich SOFORT losrauchen könnte, *seufz*) und mit brav ausgefülltem Anästhesiebogen ins Krankenhaus von Vollzivilisation, in dem Dr. Wunderarzt nach einem System, das ich nicht durchschaue, ein Bett für mich gemietet hat und meine Plica wegschnibbeln will. Das Ganze soll binnen weniger Stunden über die Bühne gehen und danach darf ich auch direkt wieder nach Hause. Das verwirrt mich.
„Wie geht denn das, Schatz?“, wundere ich mich. „Aufschlitzen, ausweiden, zunähen, heim schicken, das ist ja hier wie Akkordarbeit!“
Herr L. zuckt nur mit den Schultern. „Sei doch froh, dass Du nicht hierbleiben musst.“
Bin ich auch, denn daheim ist daheim. Ein bisschen Angst habe ich schon. Vor meinen Kindern. Es gibt für Frischoperierte im Alltag kaum eine größere Gefahrenquelle aus stürmische, grobmotorische, kuschelsüchtige Kinder, da nützt auch alle Vernunft nichts. Na ja, ich werd`s schon überleben. Und wenn alles gut geht … Davon wage ich erst gar nicht zu träumen.
„Schau mal, Schatz“, sage ich nachdenklich. „Wenn es wirklich das ist, was Dr. Wunderarzt denkt, dann würde das ja von allein nie nie nie weggehen und auch nie nie nie auch nur ansatzweise besser werden.“
„Stimmt.“ Herr L. schüttelt den Kopf. „Ist schon gut, dass wir in der heutigen Zeit leben.“
„Genau.“ Mich schaudert`s. „Guck mal, noch vor 100 Jahren oder so … oder noch weniger … da hätte es dann halt geheißen ‚Guck mal, das ist die Logan mit ihrem schlimmen Knie!‘ und das wäre dann halt eben so gewesen.“
„Ja.“
„Ja.“
Und dann geht es auch schon los. Ich muss mich lupfen und in ein Hemdchen schlüpfen, es wird nochmal gecheckt, ob das richtige Knie markiert ist, dann werde ich auch schon flachgelegt.
„Ich passe gut auf Sie auf“, strahlt der Anästhesist und ich überlege grade, ob das eigentlich irgendwie eine Logik hat, dass ausgerechnet immer die Sandmänner überstatistisch gut aussehen, als ich auch schon aufwache.
„Huhu“, brabbele ich munter.
„Hey, mein Schatz!“ Herr L. strahlt mich an. „Na, schön geschlafen?“
„Scheint so“, sage ich und wische mir ein wenig Sabber vom Kinn streiche meine Haare glatt. Dann strecke ich die Hand aus und lasse mich von Herrn L. in Sitzposition ziehen.
„AHGR! Verdammt, das tut weh“, sage ich, weil es verdammt weh tut. Mit jeder Sekunde mehr.
„AHRG, die Betäubung lässt nach“, knirsche ich. Und viel mehr mache ich dann in der nächsten halben Stunde auch nicht.
Der nette Orthopäden-Schnibbler kommt ein paar Mal vorbei und fragt nach meinem Befinden.
„AHRG“, erkläre ich ihm. „Und jetzt erzählen Sie mir doch bitte, ob es geklappt hat!“
Der Arzt wiegt den Kopf hin und her. „Genau könnnen wir das erst nach 6 Wochen wissen, liebe Frau Logan. Aber ich habe ordentlich was weggeschnitten!“
„Was denn?“, frage ich interessiert. Man will ja schon wissen, um wie viele Gramm Innereienzeugs man erleichtert wurde.
Dr. Wunderarzt schaut mich an und schüttelt den Kopf. „Werdense nicht glauben, Frau Logan, aber das war keine Plica!“
„Nicht?“ Oh nein!!!
„Nein“, sagt er und grinst. „Es waren sage und schreibe 5! Kein Wunder, dass Sie solche Schmerzen hatten!“
„Äh … und, hat`s Spaß gemacht?“ Was anderes fällt mir jetzt nicht ein.
„Klar“, nickt der Orthopäde und fügt hinzu: „Sonst hätte ich ja auch den falschen Beruf erwischt, stimmt`s?“
„Stimmt!“
Eine nette Krankenschwester checkt Blutdruck usw. und weil ich einen Kreislauf wie ein friesisches Brauereipferd habe, darf ich dann auch schon nach Hause.
Was mit jeder Menge „ARGH!“ verbunden ist. Noch mehr als damals, denn dieses Mal … haben die mich gar nicht zugenäht, *HEUL*
Aus meinem Knie hängt ein Schlauch, der mit einem Verband fixiert wurde, oben rausguckt und in einem Beutel mündet, in dem die ganze Suppe aufgefangen wird. EKELIG!!!!!!
Und dieses Gefühl, dass grob geschätzte 15 Meter Schlauch IN meinem Knie stecken ist … unbeschreiblich. ><
Jede kleinste Knickbewegung des Knies erzeugt jede Menge „AHRG!“, „AUA!“, „VERDAMMTE SCH**SSE!“ und einen ordentlichen Schwall Blut, der in den Schlauch schießt und dann langsam weiter Richtung Ekelbeutel wandert.
Selbstverständlich lasse ich es mir nicht nehmen, daheim die Kinder zu ärgern („Guckt mal, Kinder: BLUUUUUT!“) und die kinderbeaufsichtigende Verwandtschaftskraft dazu („Du kannst kein Blut sehen, stimmt`s? Dann schau bitte nicht HIERHIN!!!!“).
Detailierte Beschreibungen der nächsten Tage erspare ich Euch mal. Ebenso wie eine Beschreibung des Geräusches, als die 15m Schlauch (welche sich plötzlich als lediglich 10cm entpuppen; das ist Zauberei, anders kann ich mir das nicht erklären) aus meinem Knie gezogen werden. Na ja.
Es folgen Nachbehandlungen und schließlich eine ausgewachsene Physiotherapie über eine ausreichende Menge Sitzungen.
Dabei lerne ich, wie viel Angst in mir steckt. Es ist lächerlich, wenn sowohl Arzt als auch Physioengel einem bescheinigen, dass wieder alles in Ordnung und intakt ist, dennoch Angst davor zu haben, das Knie richtig zu beugen. Es ist lächerlich, eine Sperre im Knie zu fühlen, wo keine ist. Eine Sperre, die sich genauso real anfühlt, wie meine Haut und meine Knochen und die doch nirgendwo existiert außer in meinem Kopf. Lächerlich, lächerlich, lächerlich und noch schlimmer: Es macht mich wütend! Wenn es geht, dann muss es gehen, wer bin ich denn???
„Das geht nicht von Heute auf Morgen“, sagt der Physioengel mit sanfter Stimme.
„Ich geh mir auf den Sack!“, knurre ich zurück. „wieso kann ich das denn nicht????“
„Zweieinhalb Jahre Schmerzen und Schonhaltung“, hält die nette Physiodame dagegen.
„Ich bin doch nicht blöd!“
„Nee, aber Kopfmensch! Sie denken zu viel nach!“
Dagegen lässt sich kaum etwas sagen. „So funktioniere ich nunmal!“
„Und das wird bald auch wieder Ihr Knie!“
Ich fange an zu heulen.
Die Zeit vergeht und der Physioengel macht und zaubert. Ich gehe wieder schwimmen und auf den Crosstrainer. Der Orthopäde bescheinigt mir nach 6 Wochen, dass die OP ein voller Erfolg war und er alles erwischt hat. Und dank der Therapie bekommt das auch nach und nach mein Kopf mit. Es dauert noch sehr lange und der Weg ist 100.000 winzigkleine Schritte lang. Aber jetzt … danke ich dem Orthopäden und dem Physioengel auf Knien. NICHT im übertragenen Sinne, denn ich kann mich tatsächlich wieder hinknien. Es fühlt sich komisch an. (Nicht jetzt, weil ich bald drei Jahre lang nicht knien konnte, sondern weil ich Königin i.S. bin und als solche eigentlich vor niemandem hinknie. )
Ich kann wieder knien. Mein Knie ist gesund und heile. Surreal. Ein Wunder. Das wünsche ich jedem!
––(Hoffentlich) ENDE des Knie-Epos –
Einsortiert unter:Das Knie-Epos