Der kleine Planet

Der kleine Planet

Vergangene Nacht hatte ich einen Traum, der sich radikal von allen Träumen unterschied, die ich bisher geträumt hatte.

Ich befand mich auf einem Miniplaneten in einem verrückten Kosmos. Nicht viel mehr als ein Felsbrocken, unbewohnt und leer, bis auf ein paar alte Bäume, die in den seltsamen Nachthimmel ragten. Trotzdem gab mir der kleine Planet, den man wohl zu Fuss in einigen Minuten umrunden konnte, das Gefühl von Wärme und Geborgenheit, als wäre er ein lebendiges Wesen.

Der kleine Planet war nicht allein. In der Nähe konnte ich einige weitere Miniplaneten entdecken, einsame Inseln zwischen Sonnen und riesigen Gasplaneten. Der Weltraum um meinen kleinen Planeten war so dicht besiedelt, dass ich nicht ausmachen konnte, zu welchen Sonnen die vielen Himmelkörper gehörten. Alles schien um alles zu kreisen.

Doch das verrückteste an diesem Kosmos waren die Fäden. Wie Schlangen wanden sie sich zwischen den Planeten und Sonnen hindurch. Eigentlich waren es keine Fäden, sie sahen aus der Ferne nur so aus. Einer von ihnen endete auf meinem kleinen Planeten. Aus der Nähe betrachtet, war es ein breites Band aus Stein, in dessen Mitte ein kleiner Fusspfad in den Kosmos hinaus führte. Eine Brücke zu den Sternen?

„Es ist wunderbar, nicht wahr?“, fragte in diesem Augenblick eine Stimme neben mir. Erstaunt wandte ich mich zur Seite und zu meiner grossen Verblüffung sah ich in das Nichtgesicht des Gesichtslosen, in dem ein Bündel Zigaretten glimmten. Welch freudige Überraschung!

„Du bist zurück?“, entfuhr es mir.

„Den Flusstraum meisterst du allein, doch hier draussen brauchst du Gesellschaft“, antwortete er. Ein Gefühl von grenzenloser Erleichterung durchflutete mich.

„Wo sind wir?“, fragte ich meinen Traumbegleiter.

„Am Anfang eines Lebenswegs.“

„Dieser steinige Weg, der in die Weite des Weltalls hinaus führt, soll ein Lebensweg sein?“ Ein schrecklicher Verdacht drängte sich in meine Gedanken. „Ist es etwa mein eigener Lebensweg, den ich hier vor mir sehe?“

Der Gesichtslose hustete und als er sich erholt hatte, sagte er: „Ganz recht, es ist deiner. Hier hat alles begonnen. Siehst du wie stark er ist?“

In der Tat, breit und kräftig gebaut verliess das Felsenband den kleinen Planeten. Doch draussen, nicht weit weg, sah ich bereits eine dünne, bröckelige Stelle. Einige Steine hatten sich losgelöst und trieben neben dem Lebenspfad im All.

„Dort hat er aber bereits eine Schwachstelle.“

„Das ist nur eine von vielen. Weiter draussen ist vieles zusammengeflickt und durch provisorische Brücken verbunden. Ja, es gibt sogar Stellen, wo nur ein beherzter Sprung weiter führt.“

„Sollte ich jetzt nicht dort draussen sein und nicht hier, wo alles begann?“

„In Wirklichkeit bist du irgendwo dort draussen.“ Er zeigte mit der Hand auf eine Stelle im Kosmos. Erst jetzt fiel mir auf, dass dort eine dunkle Stelle war. Ein ungutes Gefühl schlich sich in mein Herz.

„Endet dort mein Lebensweg? Im Dunkeln, im Nichts?“

„Wo genau er endet, weiss ich nicht. Doch alle Wege, die du sehen kannst, mögen sie noch so verworren sein, enden dort im Nichts. Die dunkle Stelle, die du siehst, ist der Angelpunkt dieses Universums. Alle Himmelskörper drehen sich um dieses schwarze Loch.“

Ein schwarzes Loch! Mir wurde schwindelig.

„Dort soll alles zu Ende sein?“

„Das weiss niemand. Schwarze Löcher lassen nichts und niemanden entfliehen. Kein Licht, keine Nachricht und schon gar keine Menschenwesen.“

Jetzt, wo sich meine Augen an den chaotischen Kosmos gewöhnt hatten, fielen mir auch weitere Details auf.

„Was hat es mit den Bäumen auf sich, die ab und zu an meinem Lebenspfad stehen?“

„Es sind Begegnungen, mit anderen Menschen oder mit dir selbst.“

„Sollten sich in diesem Fall nicht zwei Wege kreuzen?“ mein technischer Verstand wollte es genau wissen. „Das wäre doch logisch!“

„Was logisch ist, muss nicht zwingend richtig sein. Siehst du die Blumen am Wegrand?“

Ja, bei genauer Betrachtung war das Felsenband mit meinem Lebensweg nicht kahl und öde. Ich konnte sogar eine weisse Lilie ausmachen.

„Es sind die Erinnerungen, die du zurück gelassen hast.“

„Zurück gelassen? Du meinst vergessen?“

„Die Erinnerungen verschönern zwar das Leben, allein das Vergessen macht es erträglich.“

 

Ob ich diesen Traum je vergessen werde? Ich wünsche euch viele wunderschöne Blumen auf eurem Lebensweg. Traumperlentaucher

 



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