Ich sitze gerade in der S-Bahn, die mich zurück nach Freudenstadt bringt. Mein Blick schweift zum Fenster hinaus und ich sehe wie noch einmal das gesamte Kinzigtal vorüberzieht. Wir sind heute den gesamten Kinzigtalradweg abgefahren, 95 Kilometer von Freudenstadt nach Offenburg. Einmal quer durch den Mittleren Schwarzwald hat uns der Weg geführt, zunächst abwärts entlang der teilweise stark bewaldeten Hänge, danach fast eben durch eine offene Tal- und Wiesenlandschaft und immer wieder auch durch die eine oder andere schöne Altstadt. Der Radweg ist wirklich gut ausgeschildert, dennoch haben wir es an einer Stelle geschafft uns zu verfahren. Eine geeignete Rad oder Wanderkarte sollte man also trotzdem mitnehmen. Darüber hinaus genügt bei einer Tagestour ein kleiner Radrucksack und der Witterung angepasste Kleidung. Alleine an der Hauptstrecke des Weges liegen 17 Bahnhöfe, die zumeist ohne größeren Umweg erreicht werden können. Somit ist der Kinzigtalradweg auch in Etappen oder Einzelabschnitten befahrbar.
In Freudenstadt also ging es los…
Vom Bahnhof ist man mit dem Fahrrad in kürzester Zeit mitten im Zentrum. Dort gibt es nicht nur Deutschlands größten Marktplatz zu bestaunen, sondern auch zahlreiche Cafés. Das schönste davon suchen wir uns aus und stärken uns mit einem Frühstück. Dann aber zieht es uns auf die Strecke. Wir folgen den Schildern und schon kurze Zeit später haben wir die Stadt hinter uns gelassen. Der wohl „wildeste“ und somit auch anspruchsvollste Teil der Strecke kommt gleich zu Anfang. Von Freudenstadt geht es zunächst leicht steigend nach Loßburg und von dort aus auf teilweise nicht befestigten Waldwegen mit starkem Gefälle hinab nach Alpirsbach. In diesem Abschnitt fährt man zumeist im Wald, die Wege sind breit aber nicht immer in tadellosem Zustand. Gerade im Frühjahr nach der Schneeschmelze oder auch nach längeren Regenperioden, kann es vorkommen, dass man sich hier überwiegend auf Schlammpisten bewegt. Befährt man den Radweg mit dem Mountainbike und ist es auch gewohnt, auf unbefestigten Wegen zu fahren, fällt dies nicht weiter ins Gewicht. Ist man jedoch mit Kindern oder auch mit einem schmal bereiften Tourenrad unterwegs, kann dieser Abschnitt zur Herausforderung werden. Dieser Teil der Strecke ist als einziger nicht barrierefrei.
Ist man jedoch auf die absolute Barrierefreiheit des Radwegs angewiesen oder möglicherweisen mit einem Kinderanhänger unterwegs, empfiehlt es sich, die Radtour in Alpirsbach zu beginnen. Die Stadt ist ebenfalls problemlos mit dem Zug zu erreichen und es gibt zahlreiche Restaurants und Unterkünfte. Wer Zeit und Lust hat, kann hier das Brauereimuseum und das Kloster besichtigen. Ab hier ist der Radweg durchweg asphaltiert. Von Alpirsbach führt die nächste Etappe des Kinzigtalradwegs über Schenkenzell nach Schiltach. Immer leicht bergab radeln wir die knapp 11 Kilometer dieser Etappe recht zügig. Die Landschaft fliegt nur so an uns vorbei und kurz darauf sind wir auch schon in Schiltach, einem schönen Fachwerkstädtchen, angekommen. Gut ein Drittel des Gesamten Weges haben wir nun hinter uns. Wir beschließen kurzerhand, dass ein zweites Frühstück jetzt genau das richtige für uns ist. Eine geeignete Einkehrmöglichkeit ist schnell gefunden und wir genießen unsere wohlverdiente Pause. Gerne würden wir hier länger sitzen bleiben und dem Treiben ein wenig zuschauen, aber wir haben noch über 60 Kilometer Wegstrecke vor uns und entschließen uns aufzubrechen. Weiter geht es nun mehr oder weniger entlang der Kinzig, aber leider ein wenig zu oft parallel der Bundesstraße nach Wolfach. Neben einer historischen Altstadt kann man in Wolfach auch die Dorotheenhütte, die letzte Glasmaufaktur des Schwarzwaldes besuchen. Ist man zwei Tage auf dem Radweg unterwegs, empfiehlt es sich zwischen Wolfach und Hausach einen kleinen Umweg in das Gutachtal zum Freilichtmuseum Vogtsbauernhof zu machen. Hier wird gezeigt, wie das Leben und die Arbeit der Schwarzwaldbauern in den vergangenen Jahrhunderten ausgesehen hat. Auch sollte man sich in diesem Abschnitt nach einer Unterkunft umschauen. Die Städte Wolfach, Hausach sowie der Nachbarort Gutach bieten zahlreiche Unterkunftsmöglichkeiten.
In Hausach verläuft der Radweg auf dem Kinzigdamm…
Dies kann gerade an Wochenenden dazu führen, dass dieser Teil auf Grund der schieren Menschenmasse nur langsam und im Zickzackkurs zu befahren ist. Doch schon bald haben wir auch diese geschäftige Meile hinter uns gelassen und steuern strammen Trittes auf Haslach zu. Ab Hausach verändert sich die Landschaft des Kinzigtals signifikant. Das Tal ist weiter und offener, man fährt nun nichtmehr im Wald oder in unmittelbarer Nähe einer Straße. Der Radweg ist recht abwechslungsreich und führt teils über Wiesen und Felder, teilweise aber auch über Teile des Kinzigdamms. Haslach hat eine bezaubernde Altstadt und kommt für uns gerade recht um eine Pause einzulegen. Wieder ist es für uns eine Leichtigkeit, eine geeignete Lokalität zu finden und wir genießen eine ausgiebige Mittagsrast. Auch in Haslach gibt es so einiges zu besichtigen, leider haben wir aber noch einige Kilometer bis nach Offenburg vor uns und beschließen somit, nach einem kurzen Stadtrundgang weiterzufahren.
Hinter Haslach macht das Kinzigtal einen Schwenk nach Norden und wir radeln in gemütlichem Tempo über Steinach und Biberach auf ca. 20 Kilometern gut ausgebautem Radweg nach Gengenbach. Der Weg ist abgesehen von einigen Brücken völlig eben und somit auch mit bereits einigen Kilometern in den Beinen gut zu befahren. Die ehemalige freie Reichsstadt Gengenbach ist eine der schönsten Fachwerkstädte des Kinzigtals. An schönen Tagen wird die historische Altstadt förmlich zum Treffpunkt für Radfahrer, Wanderer und Ausflügler. Auch in Genegenbach sind die Sehenswürdigkeiten zahlreich. Uns aber zieht es weiter nach Offenburg. Rund 16 Kilometer haben wir noch bis zum Bahnhof zurückzulegen. Hinter Genegenbach verändert sich die Landschaft abermals. Das Tal ist nun weit offen und man kommt immer wieder am Fuß der Weinberge vorbei. Weicht man kurz hinter Gengenbach von der ausgeschilderten Route des Kinzigtalradwegs ab und fährt auf einem anderen Radweg direkt nach Ohlsbach, kann man kurz bevor man den Ort erreicht einen herrlichen Ausblick über das untere Kinzigtal und Offenburg genießen. In Ohlsbach trifft diese Alternativroute dann wieder auf die ausgeschilderte Strecke. Der Rest des Weges ist leider nicht besonders lohnend. Offenburg ist zwar im Zentrum schön, in der Peripherie aber auch recht verkehrsreich. Für uns ist es nach nun gut 90 Kilometern eher ein „zu Ende bringen“ als ein gemütlicher Zieleinlauf.
Das Urteil fällt aber dennoch eindeutig aus. Der Kinzigtalradweg ist ein toller Radweg für Familien, Personen mit Handicap oder auch für eine gemütliche Einrolltour im Frühjahr. Wer nicht nur auf dem Rad sitzen, sondern auch die eine oder andere Sehenswürdigkeit besichtigen will, sollte sich zwei bis drei Tage für diese Tour Zeit nehmen und auch einzelne Seitentäler des Kinzigtals besuchen.