Kaum ein anderes Thema prägt unsere täglichen Nachrichten derzeit mehr. Finanzkrisen und Börsencrashs. Fotos von entsetzten Gesichtern der Broker zieren die Tageszeitungen und Oliver Stone sieht sich genötigt nach zwanzig Jahren eine Fortsetzung seines Wall Street Thrillers „Wall Street“ zu drehen. Doch auch andere Filmschaffende beschäftigen sich mit der Thematik. Regieneuling JC Chandor inszenierte nun auf Initiative Kevin Spaceys und Jeremy Irons '„Der Große Crash – Margin Call“ und stellt die Ereignisse um den Lehmann Crash 2008 nach.
New York, vor drei Jahren. Bei einem Bankenkonzern werden zahlreiche Mitarbeiter entlassen. Eine Prozedur, welche oft vorkommt und bei welcher die Firma sehr effizient und routiniert vor geht. Diesmal trifft es auch den Abteilungsleiter für Risikomanagement, Eric. Bevor er geht, drückt er einen der jüngeren Mitarbeiter noch ein paar Daten in die Hand. Nach Analyse dieser Daten stellt sich heraus, dass sich die Firma offensichtlich verspekuliert hat und kurz vor dem Zusammenbruch steht. Auch etwas, was jeden Tag passieren kann in diesem Geschäft. Allerdings hat es diesmal niemand kommen sehen. Schnell werden die Bosse zusammengetrommelt und man entscheidet sich für eine sehr folgenschwere Lösung.
Die Einzelheiten des gesamten im Film beschriebenen Vorgangs kapiert wahrscheinlich kein Mensch, der sich nicht mit dem ganzen Aktiengeschäft auskennt. Das trifft auf so ziemlich jeden Menschen zu, den ich kenne. Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, wie jemand mit reinen Fantasiebeträgen reich werden kann. Offensichtlich geht es aber, denn die Figuren im Film haben allesamt ein nettes Sümmchen auf ihren Konten angehäuft. An dieser Stelle unternimmt der Film auch gar keinen Versuch, dem Zuschauer die Komplexität und Verworrenheit der Wall Street näher zu bringen. Hin und wieder kommen einem dramaturgische Kniffe zu Hilfe. Zum Beispiel weiß man, dass man über den eben gehörten Satz schnell noch mal nachdenken muss, wenn die Musik einsetzt. Außerdem führen die Figuren an manchen Stellen erläuternde Gespräche. Das sind Zugeständnisse an den Zuschauer, die allerdings nicht unpassend oder zu konstruiert wirken. Insgesamt hat der Film einen sehr zugänglichen Ton, was nicht zu letzt der geradezu sagenhaften Riege an hochkarätigen Schauspielern zu verdanken ist. Kevin Spacey, Demi Moore, Jeremy Irons, Paul Bettany und Zachary Quinto sind allesamt gute Schauspieler, und dem Zuschauer diese Geschichte zu vermitteln, ist vielleicht ihre größte Herausforderung gewesen. Man fragt sich natürlich, wie es denn sein kann, dass einige einzelne Menschen mit derartig großen Beträgen hantieren können, und damit ein ganzes Finanzsystem zu Fall bringen können. Der Punkt ist, dass es so bombastisch und kompliziert anmutet und sich kein normaler Mensch damit auseinander setzen will. Paul Bettany sinniert sogar: „Die Menschen wollen das. Sie geben uns einen Haufen Geld, damit wir das tun, was wir tun.“ Überhaupt wird immer nur von „der Sache“ oder „dem Geschäft“ gesprochen, was die gesamte Problematik der allgemeinen Unwissenheit unterstreicht. Selbstverständlich wird auch der moralische Aspekt „der Sache“ angesprochen, der manchen Figuren mehr und anderen weniger zu Schaffen macht. Aber egal, welche Skrupel diese Figuren auch haben mögen, nichts hindert sie daran, alles zu tun, da sie letztlich alle auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
„Der große Crash – Margin Call“ ist auf den ersten Blick nichts Besonderes. Solche Szenen und Gespräche hat man schon in „Wall Street“ und zahlreichen ähnlichen Filmen gehört und gesehen. Interessant ist allerdings die Botschaft, die dahinter steht, die sich dem Zuschauer erst viel später erschließt. Egal, wie groß „die Sache“ auch ist, nichts verhindert den großen Crash und der nächste wartet schon. Und noch eine Sache ist absolut sicher. Kein Börsencrash der Welt hat bis jetzt dafür gesorgt, dass sich irgendwas verändert. Und diese Erkenntnis gibt nun vielleicht ein paar Menschen mehr zu denken.
Margin Call (USA, 2011): R.: J.C . Chandor; D.: Kevin Spacey, Jeremy Irons, Paul Bettany, Zachary Quinto, u.a.; Offizielle Homepage
In Weimar: lichthaus
Der Filmblog zum Hören: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.
New York, vor drei Jahren. Bei einem Bankenkonzern werden zahlreiche Mitarbeiter entlassen. Eine Prozedur, welche oft vorkommt und bei welcher die Firma sehr effizient und routiniert vor geht. Diesmal trifft es auch den Abteilungsleiter für Risikomanagement, Eric. Bevor er geht, drückt er einen der jüngeren Mitarbeiter noch ein paar Daten in die Hand. Nach Analyse dieser Daten stellt sich heraus, dass sich die Firma offensichtlich verspekuliert hat und kurz vor dem Zusammenbruch steht. Auch etwas, was jeden Tag passieren kann in diesem Geschäft. Allerdings hat es diesmal niemand kommen sehen. Schnell werden die Bosse zusammengetrommelt und man entscheidet sich für eine sehr folgenschwere Lösung.
Die Einzelheiten des gesamten im Film beschriebenen Vorgangs kapiert wahrscheinlich kein Mensch, der sich nicht mit dem ganzen Aktiengeschäft auskennt. Das trifft auf so ziemlich jeden Menschen zu, den ich kenne. Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, wie jemand mit reinen Fantasiebeträgen reich werden kann. Offensichtlich geht es aber, denn die Figuren im Film haben allesamt ein nettes Sümmchen auf ihren Konten angehäuft. An dieser Stelle unternimmt der Film auch gar keinen Versuch, dem Zuschauer die Komplexität und Verworrenheit der Wall Street näher zu bringen. Hin und wieder kommen einem dramaturgische Kniffe zu Hilfe. Zum Beispiel weiß man, dass man über den eben gehörten Satz schnell noch mal nachdenken muss, wenn die Musik einsetzt. Außerdem führen die Figuren an manchen Stellen erläuternde Gespräche. Das sind Zugeständnisse an den Zuschauer, die allerdings nicht unpassend oder zu konstruiert wirken. Insgesamt hat der Film einen sehr zugänglichen Ton, was nicht zu letzt der geradezu sagenhaften Riege an hochkarätigen Schauspielern zu verdanken ist. Kevin Spacey, Demi Moore, Jeremy Irons, Paul Bettany und Zachary Quinto sind allesamt gute Schauspieler, und dem Zuschauer diese Geschichte zu vermitteln, ist vielleicht ihre größte Herausforderung gewesen. Man fragt sich natürlich, wie es denn sein kann, dass einige einzelne Menschen mit derartig großen Beträgen hantieren können, und damit ein ganzes Finanzsystem zu Fall bringen können. Der Punkt ist, dass es so bombastisch und kompliziert anmutet und sich kein normaler Mensch damit auseinander setzen will. Paul Bettany sinniert sogar: „Die Menschen wollen das. Sie geben uns einen Haufen Geld, damit wir das tun, was wir tun.“ Überhaupt wird immer nur von „der Sache“ oder „dem Geschäft“ gesprochen, was die gesamte Problematik der allgemeinen Unwissenheit unterstreicht. Selbstverständlich wird auch der moralische Aspekt „der Sache“ angesprochen, der manchen Figuren mehr und anderen weniger zu Schaffen macht. Aber egal, welche Skrupel diese Figuren auch haben mögen, nichts hindert sie daran, alles zu tun, da sie letztlich alle auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
„Der große Crash – Margin Call“ ist auf den ersten Blick nichts Besonderes. Solche Szenen und Gespräche hat man schon in „Wall Street“ und zahlreichen ähnlichen Filmen gehört und gesehen. Interessant ist allerdings die Botschaft, die dahinter steht, die sich dem Zuschauer erst viel später erschließt. Egal, wie groß „die Sache“ auch ist, nichts verhindert den großen Crash und der nächste wartet schon. Und noch eine Sache ist absolut sicher. Kein Börsencrash der Welt hat bis jetzt dafür gesorgt, dass sich irgendwas verändert. Und diese Erkenntnis gibt nun vielleicht ein paar Menschen mehr zu denken.
Margin Call (USA, 2011): R.: J.C . Chandor; D.: Kevin Spacey, Jeremy Irons, Paul Bettany, Zachary Quinto, u.a.; Offizielle Homepage
In Weimar: lichthaus
Der Filmblog zum Hören: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.