Der Friederich, der Friederich, der ist ein arger Wüterich!

Der neue Innenminister ist eine ehrliche Haut. Kaum im Amt, läßt er keine falschen Zweifel aufkommen: er ist ein Hardliner, ein konservativer Betonkopf, der seine Rolle als oberster Herr der Polizei auch in die Islamkonferenz trägt, um dort gleich für eine klare Rollenverteilung zu sorgen. Hans-Peter Friedrich beichtet bei aller Ehrlichkeit natürlich auch Wissenslücken, die man ihm heute, in Zeiten da Ausländerfeindlichkeit und rassisch inspirierte Genetik wieder salonfähig sind, natürlich nachsehen muß. Es sind Lücken, die zum Standardrepertoire moderner Kreuzritter gehören (das Blabla zur christlichen Prägung Europas, das den Islam als Stempel - trotz Al-Andalus, trotz Balkan! - nicht duldet), die man aber gar nicht mehr stopfen möchte - das wäre ja eh nur fruchtloses Gebaren...

Im intellektuellen Jammertal der heutigen Bundesrepublik müssen die abgetakelten Phrasen eines Friedrichs schon gar nicht mehr polarisieren - demgemäß kann man sie getrost, wenn auch besorgt, zur Seite schieben. Was aber doch Eklat ist, ist sein Auftreten bei der Islamkonferenz. Als oberster Polizist betritt er eine Szenerie, die eigentlich - nach Wortlaut jedenfalls! - dazu einberufen wurde, um Ausgleich und Miteinander zu schaffen. Friedrich aber knallt mit Plattitüden auf, gibt den freundlich lächelnden Kreuzritter und fordert die Muslime auf, sich selbst denunziatorisch zu begutachten. Sie sollen melden, wenn in ihrer Moschee Hass gepredigt wird - alles unter der unabänderlichen Prämisse natürlich, dass Hasspredigten zum Alltag in Moscheen gehöre. Ein Klima des Misstrauens wird von Friedrich befürwortet; wenn man die Muslime schon nicht abschieben oder kleinhalten kann, so doch spalten und gegeneinander ausspielen. Kritische Worte an der deutschen Gesellschaft könnten dann, erstmal von einem Denunzianten den zuständigen Behörden gemeldet, als Gewaltaufruf oder Hasspredigt eingestuft werden. Die Muslime Deutschlands, das mag das Kalkül dieses Mannes im Innenministerium sein, werden entmutigt, überhaupt nochmal den Mund zur gesellschaftlichen Befindlichkeit in diesem Lande aufzutun.

Der Historiker Wolfgang Benz äußerte sich vor einigen Monaten in der Kulturzeit bei 3sat dahingehend, dass die Muslime Deutschlands in eine Rolle manövriert würden, die der der Juden in der frühen Regierungszeit Hitlers nicht unähnlich wäre. Faruk Şen, ehemaliger Leiter des Essener Instituts für Türkeistudien, äußerte sich schon vormals in diese Richtung, was ihm prompt die Stellung kostete. So schwierig der Vergleich auch sein mag, er hat Berechtigung - die Lage der Juden vor dem Massenmord darf nicht mit dem Wissen der späteren Generationen betrachtet werden; die Ausgrenzung und Diabolisierung der Juden (vor der Shoa) gleicht in vielen Facetten durchaus den Mechanismen, die man heute anwendet, um Muslime zu unmenschlichen Außenseitern zu erklären. Und Friedrichs Vorhaben unterstreicht diesen Vergleich tatsächlich, gibt ihm eine besonders zynische Note. Was ihm da vorschwebt, die Selbstkontrolle der Muslime untereinander, die allesamt als eine Art Gesinnungspolizei über ihren Nächsten zu wachen hätten: das erinnert an Kapos, diesen kostengünstigen Verwaltungs- und Exekutivbütteln, die selbst Delinquenten waren. Ein Prinzip, das man ebenfalls den Judenräten (eine Einrichtung, die Hannah Arendt später schwer verurteilte, weil sie unterstrich, dass die Juden wie Schafe zur Schlachtbank taumelten) angedeihen ließ.

Niedere, schmutzige Dienste für die Herren zu verrichten, das war das Aufgabenfeld solcher "Räte", die freilich nichts zu beratschlagen hatten - ein Euphemismus, wie das ganze Dritte Reich auf Euphemismen gründete. In dieser Tradition steht Friedrichs Idee. Man fördert das Denunziantentum, sät damit ein Klima der Angst und der Verklemmtheit, opfert gelegentlich ein Mitglied der islamischen Gemeinschaft in Deutschland auf dem Altar des Terrorschutzes, weil er vielleicht gesagt habe, dass viele Deutsche Türkenhasser seien und man ihm deshalb vorhält, er leide unter unkontrollierbarer Wut und stelle daher eine Gefahr für die deutsche Gesellschaft dar. So amortisiert sich diese unliebsame Gesellschaftsschicht von ganz alleine. Die Hände machen sich die Muslime selber schmutzig. Letztlich stiftet so ein Türkenrat, so ein Muselmanenrat doch genug Unfrieden, um diese Bagage ausgiebig zu beschäftigen. Der Islam in Deutschland schwächt sich selbst, weil man ihn ganz offiziell für das Denunziantentum aufsperrt. Dass manche private Animosität auf Behörden getragen wird, nimmt man zur Sicherung des inneren Friedens (denn die Muslime sind ja angeblich diejenigen, die den inneren Frieden unterwandern wollen), dann gerne in Kauf.

Hans-Peter Friedrich tritt mit einer Dreistigkeit auf, die nichts Gutes für die Zukunft erahnen läßt. Da stolperte ein harter, menschlich wohl aber total unfähiger Hund und versessener Kreuzritter bloß aufgrund Parteiproporzes in einen Ministersessel hinein. Mit frecher Schnauze und kaltblütiger Überheblichkeit spielt er den unnachsichtigen Sheriff und brüskiert damit die Muslime dieses Landes. Friedrich ist ein geschichtsvergessener Schnösel, der aufgrund seines persönlichen Geltungsbedürfnisses keinen inneren Frieden wahren oder fördern kann - er ist ein arroganter und überheblicher Brandstifter, der glaubt, das Miteinander habe daraus zu bestehen, dass der Muslim in Deutschland voller Unterwürfigkeit dem abendländischen Deutschen zu begegnen habe. Wie ein Kolonialherr trat er bei der Islamkonferenz auf - das sind scheinbar die Qualitäten von Ministern, wie man sie sich in diesen Zeiten, da Sarrazin als weiser Philosoph gilt, dringlich erhofft. Noch mehr von dieser kleingeistigen aber dreisten Sorte und es brennt in diesem Lande lichterloh - innen wie außen!


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