Nun fährt er endlich wieder! Der Renault Kangoo Z.E.! Elektrisch! Mit funktionierenden Bremsen! Und ohne Fehlermeldung bzgl. des Bremssystems! - wenn er nicht gerade am Ladekabel hängt, und er hängt leider häufiger am Ladekabel, als dass er fährt. Aber der Reihe nach...
Eigentlich könnte ich nun glücklich sein. Ein umweltfreundliches, elektrisch angetriebenes Fahrzeug, sogar mit Klimaanlage. Aber ich bin nicht glücklich. Ich weiss natürlich, dass das undankbar ist, aber so bin ich nun mal. Es gibt jedoch einen Grund, warum ich so bin, wie ich bin - verschnupft nämlich und zwar nicht nur im übertragenen Sinn. Warum? Sicher habt ihr alle mitbekommen, dass es die letzten Tage ziemlich, um nicht zu sagen erbärmlich, kalt war. Mit Schnee und Eis und allem, was dazu gehört. Genau das Wetter also, das man sich sofort vorstellt, wenn von Klimaerwärmung die Rede ist!
Ich muss also jeden Morgen meinen Kangoo Z.E. aus dem Schnee ausgraben, anschließend die Scheiben rundum vom Eise befreien und mich dann, genau, ihr habt´s sofort erraten, in ein ebenso frostiges Auto setzen, wie dies die Außentemperaturen implizieren - knapp über der - 10° C-Marke!
Aber, kein Problem, dachte ich bei mir, schließlich besitzt mein Fahrzeug nicht nur eine Klimaanlage für den Sommer, sondern auch eine Heizung für die kalten Klimawandelwintertage - genau wie jetzt! Also, Heizung an und den Luftstrahl des Gebläse volles Brett auf die Frontscheibe gerichtet, damit sie nicht wieder zufriert und losgefahren. Vorsichtig, im Ökonomie-Modus und in aller Ruhe zog der Kangoo Z.E. leise sirrend an.
Die digitale Anzeige signalisierte bei einem fast vollen Akku genau 72 km reichweite. nicht gerade viel versprechend, aber dennoch machte ich mich frohen Mutes auf den kalten Weg ins 20 km entfernte Bruchsal, wo ich einiges erledigen musste und darauf vertraute, in den von mir besuchten Räumlichkeiten eine Steckdose zu finden, um dem gestressten Akku ein klein wenig Erholung zu gönnen. Nach nur 2 Kilometern Fahrstrecke hatte sich die Reichweite jedoch bereits um 6 km verringert, was mich zum Nachdenken brachte...
...ein Elektroauto heizt, mangels Verbrennungsmotor, mit demselben Strom, den der umweltfreundliche Antrieb notwendigerweise aus dem Bleiakku lutscht! Die Folge ist eine, nicht nur wegen der niedrigen Außentemperatur, schlechtere Speicherkapazität des Akkus, sondern auch ein detulich höherer Stromverbrauch. Also hatte ich nur eine Alternative und die war alternativlos - entweder Heizung an, Akku auf halber Strecke leer, mit anschließendem Frieren, oder aber Heizung aus, Ziel mit Müh´ und Not erreichen und die ganze Zeit über frieren! Ich entschied mich für Letzteres und tröstete mich ein bisschen mit dem Gedanken daran, dass uns Autler (ich benutze diesen sehr altertümlichen Ausdruck aus den Kindertagen des individuellen Automobilismus ganz bewusst!) die elektrische Mobilität auf diese Weise zu den Ursprüngen des Autofahrens zurück führt und die bereits seit Jahrzehnten abhanden gekommene abenteuerliche Komponente wieder in die Mobilität einfließen lässt!
Renault Kangoo Z.E. leicht unterkühlt
Ich erreichte also Bruchsal halb tot gefroren und trotz Handschuhen mit steif gefrorenen Fingern, sowie mit von innen durch meine Atemluft vereisten Scheiben. Eine Steckdose fand ich auch, konnte allerdings die Türe des Raumes, in dem sie sich befand nicht schließen, da das Ladekabel hindurch geführt werden musste. Also fror ich auch dort, während ich mich meiner Arbeit widmete. Schon nach nur vier Stunden hatte ich soviel Energie im Akku, um mich mit halbwegs sicherem Gefühl auf den Weg zurück nach Karlsruhe zu machen - ohne Heizung, versteht sich!Renault Kangoo Z.E. nuckelt an seinem Ladekabel
Nun sitze ich wieder in meinem warmen Büro (während der Kangoo Z.E. erneut an der Dose hängt) und finde die Zeit, diesen Artikel zu schreiben. Ich hoffe inständig, dass mir dieser erste Winter in einem Elektroauto nicht noch zu allem Überfluss eine Lungenentzündung einbringt. Mir ist klar geworden, dass die Elektromobilität tatsächlich zu den Wurzeln des Automobils zurück führt. Schon Bertha Benz fuhr ja (Wind und Wetter ausgesetzt) quasi von Apotheke zu Apotheke, um dort literweis das benötigte Benzin zu erwerben. Der Elektroautomobilist hangelt sich von Steckdose zu Steckdose, oder von Ladestation zu Ladestation, sofern er überhaupt eine findet und die notwendige Zeit mitbringt und die Fähigkeit, sich während des sich über Stunden hinziehenden Ladezyklus´ sinnvoll zu beschäftigen...