Der Fall Timothy Anderson (2)

Um Mark Gastineau als Gegner für George Foreman aufzubauen, brauchte es Kämpfe und Siege. Rick Parker besorgte beides. In seinem ersten Kampf gegen Derrick Dukes, einem professionellen Wrestler, der auch seinen ersten Boxkampf (08.06.1991) bestritt, sorgte Parker vor. Er bezahlte den Gegner seines Schützlings dafür, dass er sich hinlegte. Und so verfuhr er wohl weiter. Nach einem Jahr konnte Gastineau 9 Kämpfe mit 9 KO-Siegen vorweisen.

 

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Photo: KWDesign

In der Zwischenzeit hatte Parker sich auch verändert. Aus der einst noch netten, schillernden Persönlichkeit, die es mit anderen auch noch gut meinte, war ein skrupelloser Veranstalter geworden. Er betrog seine Boxer um die Börsen, stahl seinen Boxern das Geld, das er für sie als Altersversorgung angelegt hatte, kokste unmäßig und brachte auch seine Boxer ans Kokain, wohl um sie besser kontrollieren und ihnen gleichzeitig ihr Geld abnehmen zu können.
In seinem zehnten Kampf sollte Gastineau nun auf einen guten Boxer, auf Tim Anderson treffen. Parker bot Anderson 500.000 Dollar dafür, dass er sich – so wie alle anderen vor ihm – auf die Bretter legt. Anderson ging zum Schein auf dieses Angebot ein, denn er wollte den Kampf und vor allem wollte er ins Fernsehen; er hoffte nämlich immer noch auf seinen Durchbruch als Boxer. Anderson behielt seine Pläne solange für sich, bis es zu spät war, einen Ersatzgegner zu finden. Dann erst informierte er Parker. Am 09. Juni 1992 demolierte er dann vor den Augen der Zuschauer im Civic Auditorium in San Francisco und vor Millionen von Fernsehzuschauern der USA Tuesday Night Fights Gastineau und die Multimillionendollarträume von Parker. Gastineau wurde erst zweimal im Stehen angezählt. In der vierten Runde ging er zu Boden und wurde bis 9 angezählt.
Um sein Geld und seinen Traum noch zu retten, arrangierte Elvis Parker ein halbes Jahr später einen Rückkampf. In der Zwischenzeit ließ er Anderson einmal und Gastineau dreimal kämpfen und siegen. Aber diesmal wollte er sich nicht mehr auf das boxerische Können des einen und der Kooperationsbereitschaft des anderen verlassen. Diesmal wollte er ganz sicher gehen, dass sein zukünftiger Foreman-Herausforderer auch gewinnt.
Als Austragungsort wählte er Oklahoma City, Gastineaus Heimatstaat, nicht zuletzt auch deshalb, weil es zu dieser Zeit dort noch keine Boxing Commission, also keine sanktionierende und überwachende Behörde gab, und es gab kein Fernsehen. Dann sorgte er dafür, dass am Kampfabend, dem 03. Dezember 1992, Anderson keinen ihm bekannten Betreuer in seiner Ecke hatte. Anderson merke, dass mit dem Wasser, das man ihm während des Kampfes gab, etwas nicht stimmte, weil es so süß schmeckte. Aber man sagte ihm, man hätte etwas Zucker beigemischt, um ihm eine Portion extra Energie zu geben. Ab der zweiten Runde war ihm übel und schwindelig. In der sechsten Runde wurde er KO geschlagen.
In den frühen Morgenstunden, nachdem die Halle schon lange leer war, wurde Doc Anderson vom Hausmeister bewusstlos in seiner Kabine gefunden. Er wurde in ein Krankenhaus geschafft, wo er auf Drogen gestestet wurde, woraufhin Parker ihn überstürzt zum Flugplatz transportieren ließ.
Das vorläufige Ergebnis der Untersuchungen stellte fest, dass Anderson mit einem Cocktail, der eine große Menge von verschiedenen Substanzen enthielt, vergiftet worden war, unter ihnen Arsen und LSD. In den folgenden Jahren, bis heute, leidet er an immer wieder kehrender Übelkeit und an Schwindelanfällen. Anderson Kariere als Boxer war vorbei und sein Leben war ruiniert.
© Uwe Betker


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