Der Fall Paper Princess oder auch: Ich möchte bitte lesen dürfen, was ich möchte!

Bücher lesen, Rezensionen und Adventsbeiträge schreiben, Weihnachtskekse backen, Geschenke kaufen, basteln, Termine wahrnehmen - meine To-Do Liste für den Dezember ist lang. Doch anstatt mich mit ihr zu beschäftigen und dafür zu sorgen, so schnell wie möglich alle Punkte abzuhaken, damit ich die Weihnachtszeit entspannt genießen kann, sitze ich nun hier und haue in die Tasten. Tippe Wörter in mein Word-Dokument, die so gar nichts mit dem zu tun haben, was ich eigentlich machen sollte. Aber ich ärgere mich gerade einfach grün und wenn das passiert, fällt es mir schwer, mich auf andere Dinge zu konzentrieren, ohne mir vorher Luft gemacht zu haben.

Immer wieder liest oder hört man, dass die falschen Bücher gelesen werden. Dass Unterhaltungsliteratur zu anspruchslos, zu klischeebeladen und zu vorhersehbar ist und oft Geschichten erzählt werden, die nicht realitätsnah genug sind, um lesenswert zu sein. Und um solche Bücher einen großen Bogen zu machen, ist ja auch Jedermanns gutes Recht, schließlich soll man seine Lesezeit nicht mit etwas vergeuden was einem nicht gefällt, aber soll ich euch mal was sagen? Ich finde Unterhaltungsliteratur - und darunter ganz besonders Jugend-, Young- und New Adult Bücher - toll! Dabei würde ich mich in keinster Weise als anspruchslos bezeichnen. Im Gegenteil. Wenn ich zu diesen Büchern greife, dann, weil ich von ihnen erwarte, dass sie mich zum lachen bringen, meinen Alltag für eine Weile ausknipsen, mein Gedankenkarussel in Zwangspause schicken und mir ein Gefühl von Leichtigkeit geben. Das ist phasenweise wahnsinnig wichtig für mich, um nicht unterzugehen. Bücher sind in dieser Zeit für mich Medizin. Sie setzen meine Gedanken Schachmatt, verschaffen mir Raum und Luft zum atmen und erfüllen mich darüberhinaus mit einem ganzen Haufen positiver Gefühle, die ich zu diesen Zeiten so bitter nötig habe. Sie erden mich. Und weil Bücher für mich all das sind, geht es mir mehr und mehr auf den Keks, dass sich immer mehr Leute herausnehmen, anderen Lesern zu sagen, was sie lesen dürfen und was nicht. Und das in einer Lautstärke, die einfach nicht mehr zu überhören ist.

Der Fall Paper Princess oder auch: Ich möchte bitte lesen dürfen, was ich möchte!

Seit inzwischen gut zweieinhalb Jahren bin ich nun als Buchbloggerin unterwegs und wenngleich es während dieser Zeit natürlich immer mal wieder kleinere und größere Aufreger gegeben hat, habe ich nicht ein einziges Mal erlebt, dass ein Buch so heftig und vor allem so lange in der Kritik stand, wie es bei Paper Princess beziehungsweise der gesamten Paper-Serie nun der Fall ist. Und ich verstehe einfach nicht, wieso. Wobei, nein, das ist so nicht ganz richtig. Ich kann einige Punkte schon nachvollziehen, auch, wenn ich selbst anderer Ansicht bin. Und man sollte meinen, dass das kein Problem darstellt, dass wir alle unseren Standpunkt haben dürfen und niemand deswegen von der anderen Seite kritisiert oder gar beleidigt wird. Aber dem ist nicht so und während ich lange Zeit versucht habe, das zu ignorieren und dafür sogar eine Social Media Pause eingelegt habe, funktioniert das jetzt einfach nicht mehr für mich. Warum? Weil mir zum einen der Spaß am Austausch mit euch mehr und mehr abhanden kommt und ich zum anderen manche Aussagen einfach nicht so stehen lassen kann. Nicht zuletzt, weil ich mich persönlich angegriffen fühle.

Es stört mich einfach gewaltig, dass es nur eine Meinung, eine Sichtweise geben zu dürfen scheint und wer das anders sieht wird als Mensch dritter Klasse behandelt. Meinungsfreiheit, Akzeptanz und Respekt sollen aber nicht nur schön klingen und ausgelebt werden, wenn es gerade gut passt, sondern eben auch dann, wenn es schwer wird. Aber nein, es wird stattdessen fröhlich be- und verurteilt was das Zeug hält und das sehr häufig von Leuten, die noch nicht mal das Buch gelesen haben und sich nun an völlig aus dem Kontext gerissene Textstellen festklammern, die irgendwann mal auf Twitter geteilt wurden. Und das macht mich verdammt traurig.

Ihr Lieben, ich möchte hier keinen Streit vom Zaun brechen, keine Fronten verhärten oder große Grundsatzdiskussionen führen. Aber ich möchte auch nicht mehr die Klappe halten. Ich möchte euch erzählen, warum ich mich angegriffen und beleidigt fühle und euch erklären, warum ich die Paper-Serie nicht als Problem sehe. Mir ist natürlich vollkommen klar, dass ihr am Ende meines Beitrags nicht alles genauso sehen werdet, wie ich es tue und das ist aus meiner Sicht auch vollkommen okay. Ich würde mir nur wünschen, dass ihr über euren eigenen Tellerrand hinausschaut, eure Grenzen und eure Erfahrungen kurz beiseite schiebt und schaut, ob eine andere Sicht auf die Dinge, wenngleich ihr sie nicht gut heißt, nicht vielleicht doch auch nachvollziehbar wäre.

Wer die Paper-Serie mag, tritt den Feminismus mit Füßen
Diese Aussage ist vor einigen Monaten, als Paper Princess gerade ganz frisch ein Leserherz nach dem anderen erobert hat, tatsächlich in meine Twitter-Timeline gespült worden. Und ich fühle mich von ihr persönlich angegriffen. Versteht mich nicht falsch, ich finde den Kampf um Frauenrechte gut und wichtig und würde niemals einer Frau sagen, dass sie sich mal nicht so anstellen soll, weil ja alles sowieso nicht so gemeint war, wie sie das empfindet. Nie. Aber Leute, auch ich bin eine Frau und ebenso wie ihr, habe auch ich das Recht auf Selbstbestimmung. Ich lege fest, wo meine Grenzen sind, welche Worte ich in den Mund nehme oder welche Sexpraktiken ich toll finde und ausübe. Ich, nicht ihr und auch niemand anderes. Und weil jeder selbst bestimmt, wo seine Grenzen liegen, kann es eben auch zu Situationen kommen, die die eine als Übergriff empfindet, während sie für die andere Frau völlig normal und okay ist. Hier heißt das Schlüsselwort gegenseitige Akzeptanz. Beim Feminismus geht es nämlich nicht darum, allgemein gültige Grenzen festzulegen, sondern jedem Mädchen und jeder Frau das Recht einzuräumen, eigene Grenzen zu setzen.

Die Paper-Serie vermittelt ein völlig verzerrtes Bild der Realität und einer gesunden Beziehung
Eine gesunde Beziehung ist eine Beziehung, in der sich beide Seiten respektvoll und auf Augenhöhe begegnen, in der die Wünsche des anderen akzeptiert werden, in der man sich aufgefangen und sicher fühlt und in der man glücklich ist. Das alles kann auch in einer BDSM-Beziehung der Fall sein. Die Aufforderung Blas mir einen oder Nimm ihn in den Mund und lutsch meinen Schwanz hat per se nichts mit Machtposition oder sexueller Gewalt zu tun, wie es auf Twitter mehrfach hieß. Ihr mögt so eine Sprache oder gewisse Praktiken nicht? Völlig okay! Aber es ist auch in Ordnung sie zu mögen und jene Menschen, die es tun, haben ein Recht darauf, dass dies auch akzeptiert wird. Übrigens ist auch die Beziehung zwischen Ella und Reed nicht ungesund. Ja, ich weiß, die beiden hatten zu Beginn ein paar Probleme miteinander (auf die gehe ich gleich noch etwas genauer ein), aber das bleibt nicht so. Sie entwickeln sich ebenso weiter wie ihre Beziehung, räumen gemeinsam die Probleme aus dem Weg, begegnen sich auf Augenhöhe, stärken einander den Rücken und respektieren die Gefühle des anderen.

Wenig verzerrt wird meiner Meinung nach auch das Bild der Schule dargestellt. Dass hier die Schüler regieren und die Lehrer nur wenig bis gar nichts zu sagen haben, wurde ja ebenfalls heftigst diskutiert und ich freue mich, dass anscheinend so viele von euch eine Schule besucht haben, an der alles vorbildlich abgelaufen ist. Ich selbst war nicht auf so einer Schule, dabei sollte man doch eigentlich meinen, dass gerade eine Privatschule in Sachen Vorbild ganz oben auf der Liste der tollen Schulen stehen sollte, oder? Dem ist aber nicht unbedingt so. Bei uns hat ebenfalls das Geld regiert, die reicheren Kids haben die ärmeren Kinder schikaniert und die Lehrer konnten nicht wirklich durchgreifen. Aber wir hatten alle gute Noten und zwar ungekauft. Und auch an anderen Schulen läuft nicht alles so rund, wie man vielleicht meint. Gewalt, Gangs und Drogen sind keine Seltenheit und auch das sind Probleme, die die Schulen einfach nicht in den Griff bekommen und da frage ich mich schon, wie man nun darauf kommt, das Schulbild in der Paper-Serie wäre verzerrt?

Der Fall Paper Princess oder auch: Ich möchte bitte lesen dürfen, was ich möchte!

Junge Leser sollten vor Büchern wie die Paper-Serie geschützt werden
Wüsste ich nicht mit ziemlicher Sicherheit, dass diese Aussage ernst gemeint war, hätte ich gedacht, die Twitterer, die das befürworten, hätten sich einen Scherz erlaubt. Nein, ich bin nicht dafür, dass solche Bücher verboten werden und ja, ich würde solche Bücher auch meiner Nichte zum lesen geben, sobald sie alt genug ist. Ich verstehe ja den Wunsch, dass man gerade junge Mädchen schützen möchte, doch sehe ich hier einfach nicht wovor und habe die Hoffnung, dass der Nährboden dieser lauten Stimmen Halbwissen gewesen ist, denn das, was hier in den Büchern passiert, ist einfach nicht völlig aus der Luft gegriffen und realitätsfern, sondern tatsächlich ziemlich alltäglich. Wieso sollte ich also jungen Lesern Lektüren verbieten, die sich mit Problemschulen, Familiendramen, Tod und Liebeskummer befassen? Weil es nicht schön ist, wie die Figuren in den Büchern mit all diesen Dingen umgehen? Weil sie zeigen, dass es normal ist, von Gefühlen auch mal überwältigt zu sein, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können, mit sich selbst und seinem Drum herum überfordert zu sein und auch mal dumm zu handeln? Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass es besser ist den Menschen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind, dass ihr heißgeliebter Buchcharakter, Musiker, Schauspieler oder wen auch immer sie sonst so anhimmeln ebenso kämpfen muss, wie sie, aber dass es irgendwann auch wieder besser wird. Viel wichtiger als den ständig erhobenen Zeigefinger und die Moralpredigten finde ich doch, unsere Kinder zu starkten Persönlichkeiten zu erziehen, die keine Angst vor ihren Gefühlen haben zu müssen, ganz gleich, ob es schlechte oder gute sind und sie ermutigen, ihre eigenen Grenzen zu setzen, Nein! zu sagen und Nein! zu akzeptieren, anstatt immer sofort jeden zu verurteilen und ihm ein Etikett zu verpassen.

Aber zurück zu Paper Princess. Wie eben erwähnt, sind diese lauten und teilweise eskalierten Diskussionen durch Halbwissen entstanden. Halbwissen, mit dem ich hoffentlich gleich aufräumen werde. Wer die Serie also nicht gelesen hat, es aber noch tun möchte, sollte ab hier vielleicht nicht weiter lesen, da ab jetzt allerhöchste Spoilergefahr gilt.

Oh mein Gott, hier prostituiert sich eine 17-jährige!
Die Diskussion um Ella und womit sie ihr Geld verdient, hat mich oftmals ungläubig den Kopf schütteln lassen. Zum einen, weil Ella sich gar nicht prostituiert, sondern strippt! Klar, auch das ist kein geeigneter Job für eine 17-jährige, aber (und ab hier werdet ihr so einige Abers lesen) in Anbetracht der Umstände nachvollziehbar (auch das werdet ihr ab jetzt häufiger lesen). Ellas Mutter, die als Stripperin gearbeitet hat, erkrankt unheilbar an Krebs und muss in ein Hospiz. Das junge Mädchen steht nun vor dem großen Problem, sowohl für die Hospiz- und Medikamentenkosten wie auch für die Miete und Lebensmittel alleine aufkommen zu müssen und das neben der Schule. Wie andere Teenager als Babysitterin zu jobben, wie es auf Twitter so einige Male betont wurde, bringt in so einer Situation einfach überhaupt nichts und alleine, dass es solche Kommentare überhaupt gab, zeigt mir, dass sich noch nicht mal die Mühe gemacht wurde, auch nur die ersten 2 Kapitel zu lesen. Aber Hauptsache seinen Senf abgeben! Und ja, so unrealistisch, wie manch einer vielleicht denkt, ist eine 17-jährige Stripperin ja nun auch nicht, oder? Auch hierzulande gibt es solche Fälle.

Missbrauchsverhältnis in Paper Princess
Hierbei geht es darum, dass Callum Ella ein ziemlich hohes Taschengeld pro Monat zahlt und ihr noch einen Bonus verspricht, wenn sie bis zum Schulabschluss bei ihnen bleibt, aber auch das ist, ihr ahnt wahrscheinlich bereits, nachvollziehbar. Wie ihr inzwischen wisst, hat Ella gestrippt, weil sie Geld brauchte. Aber nicht nur, um die Rechnungen ihrer Mutter zu bezahlen und für Essen und Unterkunft aufkommen zu können, sondern auch, weil sie nach der Schule aufs College will. Sie will ein anderes, besseres Leben für sich. Callum weiß das und bietet ihr sozusagen an, das College für sie zu bezahlen, wenn sie dafür bei ihm wohnt und dort zur Schule geht. Als Tochter seines verstorbenen besten Freundes, ist sie für ihn ein Teil der Familie und er behandelt sie, als wäre sie seine eigene Tochter. Sie bekommt das gleiche Geld wie seine Söhne, ein Auto und nachdem die Probleme mit den Jungs aus dem Weg geräumt sind, lässt niemand von den Royals mehr etwas über Ella kommen. Ella ist Familie und die wird beschützt.

Der Fall Paper Princess oder auch: Ich möchte bitte lesen dürfen, was ich möchte!

Rape Culture, Gewalt und Alkoholmissbrauch in der Paper-Serie
Den Vorwurf Rape Culture finde ich schon sehr heftig und ich habe so einige Male mit befreundeten Lesern und Bloggern darüber geredet, weil ich befürchtete, dass mit mir irgendwas nicht stimmt, weil ich eben völlig anderer Ansicht bin. Und ich hadere ehrlich gesagt auch gerade mit mir, diesen Punkt hier überhaupt anzusprechen, weil ich niemanden vor den Kopf stoßen und auch nicht den Eindruck erwecken möchte, eure Gefühle unwichtig reden zu wollen. Da ich mir aber nun mal vorgenommen habe, euch zu erzählen, warum ich anderer Meinung bin, fänd ich es falsch, nun einen Bogen um den größten Kritikpunkt zu machen, weswegen ich mir jetzt einfach selbst ganz fest die Daumen drücke, dass ich gleich niemandem von euch zu nahe trete. Ich würde allerdings verstehen, wenn ihr glaubt, dass euch das zu sehr aufregen oder triggern könnte und ihr deswegen lieber nicht wissen wollt, was ich zu sagen habe und gleich bis zum Ende vorscrollt, auch, wenn ich natürlich hoffe, dass ihr weiter lest.

Bevor ich hier jetzt zu den kritisierten Stellen komme, muss ich euch erstmal ein paar Informationen an die Hand geben, die man im Laufe der Serie bekommen hat und die überaus wichtig sind, um zu verstehen, wieso die Figuren handeln, wie sie es nun mal tun. Reed ist einer von 5 Brüdern, seine Familie hat sehr viel Geld und sein Vater ist als Firmenchef sehr oft auf Reisen gewesen. Wie in jeder Familie gibt es auch bei den Royals Probleme. Eins davon ist, dass sich die Mutter der 5 das Leben genommen hat. Reed hat sie gefunden. Er vermutet, dass ihr Vater mehrfach fremd gegangen ist und die Mutter das nicht mehr ausgehalten hat. Außerdem geben sich Reed und Easton aus ganz eigenen Gründen (denn Heilige sind sie beide nie gewesen) die Schuld am Tod ihrer Mutter. Nun hat der Vater recht bald eine neue Freundin, die lediglich ein paar Jahre älter ist als Reed und sich an ihn ranmacht. Als Callum nun eines Abends mit Ella im Schlepptau erscheint, glaubt Reed, sie wäre die nächste Gespielin seines Vaters und um zu verhindern, dass sie sich an seine Brüder ranmacht, greift er voraus, schüchtert Ella ein und macht ihr das Angebot, sie ausreichend zu befriedigen, solange sie die Finger von seinen Brüdern lässt. Natürlich ist das nicht schön und von mir hätte er dafür wahrscheinlich einen Tritt in seine Kronjuwelen bekommen, aber unterm Strich hat er einfach versucht, seine Familie zu beschützen und in Anbetracht der Vorgeschichte und seinem Irrglauben kann ich durchaus nachvollziehen, wie es zu seinem Verhalten kommen konnte.

Nächster Kritikpunkt war, dass Ella unter Drogen stand als sie von Reed befriedigt wurde. Steinigt mich jetzt nicht, aber viele von uns standen sicher auch schon mal ordentlich unter Alkoholeinfluss, als sie unbändige Lust verspürt und daraufhin Sex hatten. War das am nächsten Morgen für euch im Nachhinein dann immer Vergewaltigung? Davon aber mal ganz abgesehen, war Reed hier sehr zurückhaltend. Er wollte Ella helfen, aber nicht auf die Art, weil er Angst hatte, sie würde das am nächsten Tag bereuen und ihn wieder hassen. Nachdem Ella ihn aber mehrfach anfleht, gibt er schlussendlich doch nach, hat am nächsten Morgen dann allerdings große Angst vor ihrer Reaktion. Sie beruhigt ihn jedoch und betont mehrfach, dass er nichts getan hat, was sie nicht wollte! Übrigens prescht Reed sexuell auch nicht vor, als die beiden dann irgendwann endlich ein Paar werden. Im Gegenteil, Ella ist diejenige, die mehr will und Reed der, der sie bremst, weil sie alle Zeit der Welt haben und nichts überstürzen müssen.

Stark kritisiert wurde außerdem, dass Reed und Easton sich regelmäßig prügeln und Easton darüberhinaus ein Alkohol- und Spielproblem hat. Nun, das finde ich auch nicht toll, aber auch hier gilt aus meiner Sicht: es ist nachvollziehbar. Man darf nicht vergessen, was diese Jungs durchmachen und wie sehr sie leiden und dass sie sich ein Ventil suchen, um ihre Wut, die Trauer und den Schmerz rauszulassen und irgendwie versuchen, überhaupt wieder etwas zu fühlen, ist nur menschlich. Als Nichtbetroffener kann man immer leicht sagen, sie hätten in der Situation dies das jenes tun können und dass ihr Verhalten kindisch war, aber soll ich euch mal was sagen? Wir sind alle Menschen und als solche handeln wir manchmal dumm. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich unüberlegt, impulsiv und dumm gehandelt habe, weil ich verletzt, tot traurig und überfordert war und ich würde nicht behaupten, dass ich dadurch nun weniger einfühlsam, sensibel und hilfsbereit und ein schlechter Mensch geworden bin. Wenn jeder so wunderbar beherrscht mit Schicksalsschlägen, Gefühlen und Überforderung umgehen würde wie jene, die hier so fröhlich kritisieren, wären Psychologen und Psychiater wohl bald arbeitslos.

Ihr seht, trotz dessen, dass ich die Reihe wirklich sehr gerne mag, finde auch ich nicht alles uneingeschränkt toll, was hier passiert, aber das muss ich auch gar nicht. Ich muss mit den Figuren nicht immer konform gehen, damit mir ein Buch gefällt und um ehrlich zu sein, will ich das auch gar nicht. Ich will Handlungen hinterfragen müssen, dazu angehalten werden, über meinen Tellerrand hinauszuschauen, mich in Figuren hineinzuversetzen und das große Ganze zu sehen, bevor ich mir ein Urteil bilde. Und ich wünsche mir, dass das akzeptiert wird, dass Leser wie ich nicht gleich an den Pranger gestellt werden und so getan wird, als hätten wir nicht mehr alle Latten am Zaun, nur, weil wir die Dinge ein wenig anders sehen oder etwas anders lesen. Ich möchte so gerne wieder Spaß daran haben, meine Begeisterung für ein Buch mit euch zu teilen und nicht erst überlegen müssen, wie hoch das Shitstormrisiko ist.

Bevor ich euch jetzt gleich euch selbst und der Kommentarfunktion meines Blogs überlasse, möchte ich abschließend noch eins loswerden: Jeder, der dieser Buchreihe oder auch dem gesamten Genre kritisch gegenüber steht, wird seine Gründe dafür haben. Das respektiere ich. Ich selbst habe allerdings auch Gründe für meine Meinung und die liegen in meiner Vergangenheit, in meinen Erfahrungen, auf den steinigen Wegen, die ich gegangen bin, in meinen Verlusten, in meinem Schmerz und meiner Angst. Ich habe über die Jahre gelernt, dass nicht alles schwarz oder weiß, gut oder schlecht ist und dass man Worte, Blicke, Situationen und Reaktionen nicht durch einen flüchtigen, oberflächlichen Blick beurteilen kann, sondern um die Ecke schauen und auch mal nach dem Warum fragen muss. Das ist, was das Leben mich gelehrt hat, doch es ist für mich auch vollkommen okay, wenn es euch da anders geht. Ich wünsche mir nur, dass ihr auch meine Sicht auf die Dinge respektiert und, solltet ihr mir im Anschluss eure Meinung mitteilen wollen, nicht beleidigend werdet.

Ihr möchtet noch ein bisschen über Paper Princess und die Gründe lesen, die für die Serie sprechen? Dann schaut unbedingt bei Ramona von Kielfeder vorbei, denn auch sie versucht euch heute zu erklären, wieso sie die Serie gut und die Diskussion darum übertrieben findet.


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