Der Brombeer-Muschel-Tag

Tag 137. Mittwoch 18. Sept. 2013. Wanderung am Cap Finisterre.

Ich habe meine Pläne geändert: Einen Tag länger am Ende der Welt in Fisterra, einen Tag weniger in Santiago. So werde ich also erst am morgigen Donnerstag den Bus in die Jakobsmetropole nehmen und dann am Freitag früh zum Flughafen fahren.

Erstmal ausgiebig frühstücken. Es ist toll, dass ich Erika wieder getroffen habe, denn wir haben beide ein Riesenstück des Weges gemeinsam erlebt und können uns von den anderen Stücken gegenseitig Geschichten erzählen. Ich von den Bettwanzen hinter Roncesvalles. Sie von einem Peruaner und einer buddhistischen Pilgerherberge. Sie erzählt von Leuten, die ihr morgens um sechs Uhr den richtigen Weg gewiesen haben. Und als wir später ins Zentrum von Fisterra gehen, trifft sie eine Bekannte nach der anderen. Schön, wenn alle vom Wandern und Pilgern beseelt sind und sich des Lebens freuen!

Gegen Mittag gehen wir an den westlichen Strand von Fisterra. Noch ist es gut bewölkt und stark windig, aber immer mehr Lücken tun sich zwischen den Wolken auf und lassen uns wärmende Sonnenstrahlen spüren. Etliche Langzeitpilger haben in einer windgeschützten Seite der Bucht ihre Zelte aufgebaut und genießen hier den Abschluss ihrer langen Tour. Wir finden Muscheln, Seepocken, bunte Steine.

Links hinter dem langen Sandstrand mit seinen kraftvollen Wellenbergen zieht sich ein schmaler Weg Richtung Cap Finisterre den Berghang hoch. Hin und wieder sehen wir verführerisch reife Brombeeren, die auch ausgezeichnet schmecken. Während wir am mächtigen Berghang hinauf gehen, stehen die Brombeeren eindeutig im Mittelpunkt. Jede weitere schmeckt noch besser als die vorherige. Eine ist  sonnenverwöhnter als die andere. Bald haben wir blaue Finger von den ganz reifen Exemplaren.
Seevögel kreischen, noch mehr Sonnenstrahlen wärmen uns. Dann sind wir auf dem Monte del Facho auf einer Höhe von etwa 240 Metern angelangt, sehen – vorne unterhalb! – den Leuchtturm auf dem Cap Finisterre. Und wenn wir zurückschauen, sehen wir die ganze Halbinsel mit Fisterra in der Mitte vor uns liegen: rechts den 2 km langen Sandstrand Praia de Langosteira und links die Praia de Mar de Fora mit den wilden Wellen. Und gegenüber die Felslandschaft der nächsten Halbinsel, wo es vor wenigen Tagen noch heftig gebrannt hat.

An einer einzigartig exponierten Stelle ist die ehemalige Ermita de Guilhermo, der hier vor langer Zeit die Grundmauern einer kleinen Kirche gelegt hat. Der Ausblick ist fantastisch, doch uns zieht der Hunger hinunter ins Städtchen.
In der Bar El Pirata lassen wir es uns bei Venusmuscheln, Jakobsmuscheln und Avocado mit Shrimps gut gehen. Erika bestellt gleich die legendäre Pirata-Platte, wo es neben Muscheln auch noch ein schönes Stück Fisch gibt. Alles fein zubereitet, sehr aromatisch und frisch. Ein lokaler Weißwein dazu und die Urlaubsidylle ist wieder perfekt. Wieso werde ich morgen schon gehen? Könnte ich schnell nochmal Muscheln essen, bevor ich in den Bus nach Santiago steige…


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