Demonstrieren ja

Heute soll mal so richtig demonstriert werden! Solidarisch und europaweit. Was an sich ja nicht schlecht ist. Aber wenn ich mir durchlese, was der DGB unter seinem Aufruf zum heutigen Europäischen Aktionstag schreibt, habe ich schon keine Lust mehr.

Unter der Überschrift “Für Arbeitsplätze und Solidarität Nein zu sozialen Ungleichheiten” heißt es:

Wir fordern:
• Europäische Wirtschaftspolitik für nachhaltiges Wachstum und gute Arbeitsplätze,
• Soziale Gerechtigkeit durch Umverteilung, Besteuerung und Sozialschutz,
• Beschäftigungsgarantien für Jugendliche,
• Eine ehrgeizige Europäische Industriepolitik ausgerichtet auf eine nachhaltige Wirtschaft und zukunftsorientierte Sektoren mit Beschäftigungschancen und Wachstum,
• Eine intensivere Bekämpfung von Sozial- und Lohndumping,
• Euro-Bonds,
• Die effektive Einführung einer Finanztransaktionssteuer, um Spekulationen zu bekämpfen und Investitionen zu ermöglichen,
• Eine Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlage mit einem Mindestsatz für europäische Unternehmen,
• Einen entschlossenen Einsatz gegen Steuerhinterziehung und Betrug,
• Anerkennung von Tarifverhandlungen und Sozialem Dialog,
• Anerkennung von grundlegenden Sozial- und Gewerkschaftsrechten.

Wir lehnen ab:
• Den Abbau von Sozialschutz,
• Erhöhte Arbeitsmarktflexibilität,
• Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen,
• Lohndumping,
• Rentenkürzungen,
• Deregulierung sozialer Standards,
• Soziale Ausgrenzung,
• Wachsende Ungleichheiten,
• Zweifel an Tarifverhandlungen und Sozialem Dialog

Die wollen am Ende das, was Politik und Wirtschaft auch wollen, nämlich WACHSTUM, WACHSTUM, WACHSTUM. Wenn auch irgendwie nachhaltig, wofür eine ehrgeizige Industriepolitik sorgen soll – mit dem menschenfreundlichen Unterschied, dass die Leute nicht ganz so asozial behandelt werden sollen, wie es derzeit in vielen Bereichen schon der Fall ist. Absage an den Kasinokapitalismus, Zusage für einen irgendwie anderen Kapitalismus. Der heute so verklärend wie falsch wieder Soziale Marktwirtschaft genannt wird. In dem ein Mindestmaß sozialer Standards eingehalten werden soll, die in den seligen 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts längst erreicht waren und seit dem kontinuierlich wieder abgebaut werden.

Auf die Straße gehen ist gut - aber man sollte sich schon überlegen, wofür.

Auf die Straße gehen ist gut – aber man sollte sich schon überlegen, wofür.
Bild von der Freiheit-statt-Angst-Demo am 10.9.2011 in Berlin

Wer hätte sich vor 30 Jahren träumen lassen, dass es im noch immer prosperierenden Deutschland des Jahres 2010 wieder eine Schicht von arbeitenden Armen geben würde, die mit Niedriglöhnen abgespeist werden, die selbst eine bescheidene Existenz nicht mehr absichern?! Gut 20 Prozent der arbeitenden Bevölkerung Deutschlands müssen bereits auf diese Weise irgendwie überleben – und ein Blick nach Griechenland, Spanien und Portugal zeigt, dass es ganz schnell noch sehr viel schlimmer werden kann. Arbeit um jeden Preis ist eben auch keine Lösung – jedenfalls nicht für diejenigen, die für ihr tägliches Überleben arbeiten müssen.

Angesichts dieser kommenden Katastrophen sind das also überaus klägliche Forderungen, mit denen unsere Gewerkschaften ins Feld ziehen. Überhaupt dieser Unsinn immer wieder mehr Arbeit zu fordern! Als ob es nicht mehr als genug Arbeit geben würde – überall gibt es mehr Arbeit als die Leute schaffen können – da muss man nur in ein x-beliebiges Krankenhaus, Pflegeheim, eine Schule, eine Kita, aufs Bafög-Amt oder sonst irgendwohin schauen, wo es darum geht, sich um Menschen zu kümmern. Jede Menge Arbeit. Und viel zu wenige, die dafür bezahlt werden, sie zu tun. Und die wenigen, die überhaupt dafür bezahlt werden, verdienen nicht besonders gut. Wenn es nicht gerade Fachärzte oder Studiendirektoren sind.

Nein, und es ist auch nicht die richtige Lösung, dann einfach nur mehr Jobs und bessere Bezahlung zu fordern. Das klappt ja nie – und das wissen die Gewerkschafter auch selbst, denn es kann nur das an Lohn ausgezahlt werden, was die jeweiligen Arbeitgeber auszugeben bereit sind. Weshalb die Gewerkschaften in der jüngeren Vergangenheit Seit an Seit mit den Arbeitgebern immer wieder für Lohnverzicht geworben haben, damit die heiligen Jobs erhalten bleiben. Auch wenn sie immer unattraktiver werden. Jede Arbeit ist besser als keine, nicht wahr? Für die Unternehmer, die davon ihren Maserati, ihre Villa und das Ferienhaus finanzieren lassen, auf jeden Fall. Und wenn man so einem Unternehmer mit Umverteilung kommt, dann lacht der bloß und sagt, dass er kein Problem damit hat, sein Geld irgendwo ins Ausland zu schaffen und wo anders was zu unternehmen. Also Schluss mit der hässlichen Neiddebatte.

Also muss konsequenterweise immer mehr Wachstum gefordert werden, weil anders nicht mehr Lohn zustande kommen kann. Und ja, und wenn man den Abzockern und Steuerhinterziehern ein bisschen mehr auf die Finger schaut, kommt vielleicht auch die eine oder andere Million mehr an Einnahmen rein – aber wer glaubt denn ernsthaft, dass die für eine Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst oder gar für den Ausbau der versprochenen, aber nicht vorhandenen Kinderbetreuungsplätze ausgegeben würde? Da lädt man als klamme Kommune doch lieber den Steinbrück für einen Vortragsabend ein, wie man künftig noch besser spart.

Warum kommt keiner auf die Idee, die ganzen gutbezahlten Typen zu feuern, die sich nur damit beschäftigen, wie man aus den Beschäftigten noch mehr Profit rausholen kann?! Warum nehmen nicht einfach die Leute, die die Arbeit eh machen müssen (und oft auch machen wollen) die Sache in die Hand und bestimmen selbst, was warum gearbeitet werden muss?! Eine Produktion, die sich an tatsächlichen Bedürfnissen orientiert und von den Leuten vernünftig geplant wird, ist an sich schon sehr viel nachhaltiger als der Wahnsinn, alles für den Markt produzieren zu müssen. Der gar nicht funktionieren kann, wenn alle planlos irgendwelches Zeug loswerden wollen, das die Leute entweder nicht brauchen oder sich nicht leisten können. Und weil die Produktivität schon so hoch ist, dass mit relativ wenig Aufwand genug für alle produziert werden kann, bleibt sehr viel Zeit für die ganzen anderen Bedürfnisse – Bildung, Gesundheit und so weiter. Mehr Verstand ist sehr viel effektiver als mehr Wachstum, mehr Vernunft sehr viel wichtiger als mehr Geld.

Wer mehr über die verkehrten Forderungen des DGB wissen will, sei hiermit auf einige Gegenargumente hingewiesen, die der Gegenstandpunkt anlässlich des 1. Mai veröffentlicht hat – sie sind aber heute noch genauso aktuell.


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