Demokratie und ihre Lektionen

Da ich alleinerziehend bin, ich kenne da welche, die reiten darauf rum, dass sie Rechte haben, habe ich für meinen Teil das Recht allein zum Elternabend gehen zu dürfen, immer. Zumindest kann ich im Nachhinein nicht behauptet haben, dass es langweilig war. „Überraschend“ trifft es eher. Ich lernte soviel über Demokratie, Putsch und Stillhalten.

Ich muss wohl sehr viele Emails übersehen haben, denn der Elternabend begann mit „trittst du zurück oder sollen wir Neuwahlen machen?“. Die Opposition konnte mit einigen Eltern im Petto argumentieren. Jetzt saß ich da nicht alleine und plötzlich stellte sich uns die Frage, wer diese Eltern alle waren. Es war wohl keiner, der da war, bis auf ein Elternpaar. Nur mal so nebenbei stellte sich mir die Frage, in einer Abstimmung, wenn nur ein Elternpaar da ist und alles andere im Einzelnen, haben die dann eine Stimme oder zwei?

Wenn der Klassenpflegschaftsvorsitzende in seiner Position eigenmächtig handelt, eine Entscheidung über den Kopf des Klassenlehrers hinweg trifft. Wobei es nicht nur abgesprochen sein müsste, sondern durch den Lehrer entschieden werden sollte. Ich persönlich würde meine Meinung sagen, wenn es mich stören würde. Jetzt bin ich aber wohl nie zu heiß gebadet worden. Gehe davon aus, dass nichts so heiß gegessen wird wies gekocht wird. Vielleicht ist mir einfach nur alles egal oder ich gehe davon aus, dass erwachsene Menschen in der Lage sind, ihre Meinungsverschiedenheiten selbst zu klären.

Und es wurde argumentiert und noch mehr argumentiert. So sehr argumentiert, dass man das Gefühl hatte als Beobachter, es bliebe kein Platz für Verteidigung. Ich glaube, wär ich in der Position, hätte ich angefangen zu heulen. Ist es nicht sogar in der Politik so, wo die größeren Mist bauen, dass sie vorgewarnt werden? Eine Verteidigung gelingt doch besser, wenn man sich darauf vorbereiten kann. Und wenn man um jeden Preis Recht haben will, dann heißt es „lass mich doch bitte ausreden“. Gut ist, wenn der Andere damit so beschäftigt ist, sich zu verteidigen, dass er nicht merkt, dass er der Einzige ist, der nicht zu Wort kommt.

Und wenn die Argumente so dünn waren, warum konnte ich mich nicht überwinden einzugreifen? Ziemlich schnell fiel auf, dass vor lauter Argumentation im Sinne der Demokratie vergessen wurde, abzustimmen, ob ein Absetzen überhaupt für die Mehrheit in Frage kommt. Ganz nach dem Motto „Wer viel spricht, hat am meisten Recht“. Trotz aller Absurdität schwieg ich noch immer. Andere waren mutiger und als gar nichts mehr half, wurden plötzlich Argumente wie unnötige Terminvorschläge oder Formatierungen der Emails vorgebracht. Umso länger das ganze dauerte, umso lächerlicher wurden die Vorwürfe, umso ängstlicher wurde ich. Ängstlicher wegen meiner fehlenden Courage. Dabei hätte mir weder der Eine noch die Anderen etwas getan. Jetzt nachdem ich Zeit hatte darüber nachzudenken, hätte ich sogar der Schiedsrichter sein können. Aber wie macht man das spontan? Hätte ein Versuch dem Einen im „alle gegen Einen“ nicht schon geholfen? Ich bin feige und kann im Grunde nur froh sein, dass es nicht weltbewegend war, was keine Ausrede sein sollte. Nichts desto trotz wäre es für einen Menschen wichtig gewesen, Partei zu ergreifen. Man kann nicht immer darauf hoffen, dass Einer schon sagt, was man denkt. Im guten Glauben, dass all die andern nicht dieselbe Idee haben.


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