AUF DVD UND BLU-RAY! ©Weltkino
Wer das System seines Landes kritisiert, lebt gefährlich. Kein Regisseur dürfte das besser wissen als der Iraner Jafar Panahi. Seine Filme brachten ihm internationale Bekanntheit, doch auch eine sechsjährige Haftstrafe sowie ein zwanzigjähriges Berufsverbot ein. Doch – das muss man dem Mann lassen – lässt er sich davon nicht unterkriegen. Trotz Verbots dreht Panahi munter weiter, in ständiger Angst lebend, vom Regime heftiger bestraft zu werden. Mit „Taxi Teheran“ ist ihm ein besonderes Kunststück gelungen. Er selbst gibt sich in Teheran als Taxifahrer aus, mit Kamera auf dem Armaturenbrett. So trifft er die unterschiedlichsten Menschen, die ein faszinierendes Bild dieser Stadt zeichnen.
Es wirkt doch alles so bekannt. Die Leute sind unterwegs, haben wenig Zeit, sind in Eile. Hier das Iphone gezückt, dort das Tablet in der Hand. Große Unterschiede zu westlichen Städten lassen sich erst einmal nicht feststellen. Doch der Teufel lauert im Detail, in der fortschreitenden Laufzeit. Unterhaltungsserien wie „The Walking Dead“ oder „Breaking Bad“ gelangen nur durch Schwarzmarkt in die Hände der Bürger, die Todesstrafe ist Gang und Gebe. Leider weiß der Zuschauer irgendwann nicht mehr wo „Taxi Teheran“ noch Realität abbildet und wo Fiktion beginnt. Zu groß sind die Zufälle, die Panahi genau jene Menschen ins Taxi bringen, die er für seinen Standpunkt benötigt. Das erinnert zuweilen arg an die Herangehensweise eines Michael Moores, wobei Panahir viel größere Risiken eingeht. Denn das er mit seiner Arbeit im Fadenkreuz der Geheimdienste des Irans steht, ist klar. Nicht umsonst musste er diesen Film aus dem Lande schmuggeln.
„Taxi Teheran“ funktioniert weniger als Film, denn als essayistisches Werk. Es zeigt all das auf, was in seinem Heimatland schief läuft. Angefangen von den Rechten der Frau, der Situation regimekritischer Künstler, bis hin zur islamfreundlichen Schulbildung. Das ist zuweilen interessant und besorgniserregend, aber nicht neu. Ohne Vorwissen zu Panahis Lebensgeschichte und seiner Werke ist „Taxi Teheran“ für das Publikum schwer verständlich. Einen wirklichen Spannungsbogen gibt es nicht, filmisch ist wenig bemerkenswert. So dürfte die Auszeichnung mit dem goldenen Bären auf der letztjährigen Berlinale mehr Ausdruck einer politischen Konformität sein, denn filmische Würdigung. Das macht „Taxi Teheran“ nicht weniger wichtig, denn würde er nicht existieren, Panahi hätte seinen ewigen Kampf wohl aufgegeben.
©Weltkino
BEWERTUNG; 07/10Titel: Taxi TeheranFSK: ab 6 freigegebenLaufzeit: 82 MinutenErscheinungsland: IranGenre: Doku, DramaErscheinungsjahr: 2015Regisseur: Jafar Panahi