Dem Ende entgegen

Die Demokratie ist verdammt nochmal nicht nur einseitig in Gefahr! Nicht nur die Politik, diese Erweiterung der Wirtschaft mit anderen Mitteln, ist Gefährder. Das sollte man schon mal deutlich sagen! Der Blick fällt auf allerlei Stimmungen in diesem Lande - und alle sagen sie einem: Das Demokratische ist aus der Mode. Sagen sie einem: Wir haben das lange genug gehabt, funktioniert hat es nicht. Hat mehr Probleme bereitet als Segnungen gebracht, Entwicklungen erschwert und Rechtslagen verkompliziert, weil sie Rechte und Ansprüche verteilte, wo man aus rationalem Gespür heraus etwas zögerlicher mit Rechten und Ansprüchen hätte um sich schmeißen sollen. Weil man nicht nur den Leistungsträgern Rechtsansprüche schenkte, sondern auch all den anderen Kreaturen, die eine Gesellschaft so abwirft. Das Demokratische scheint nicht nur für das big business und seine Handlanger ein Wuchs zu sein, den man auf Marktkonformität kupieren muss, sondern generell in einem schlechten Ruf zu stehen.
Ein Volk, ein Streich, Verführer

Sicher, da sind Tendenzen und Pläne aus dem mandatierten Flügel der Wirtschaft, den wir der Einfachheit halber gerne Politik oder Regierung nennen. Da sind die Entdemokratisierungsversuche in Inland und Europa, ESM und Troika-Überwachungen, der Merkelismus - und man jammert über die Demokratie, die den Fortschritt hemmt. Man bedauert öffentlich, dass der Wähler leider Wahlen entscheide und nennt deren Urnengang zuweilen Tyrannei der Masse. Es simmert zweifelsohne ein antidemokratischer Dünkel und Elan vor sich hin - nicht speicheltropfend aggressiv, sondern beredt und vernünftelnd köchelt dieser trübe Sud vor sich hin und schwappt immer wieder mal über.
Die Klasse der mandatierten Widerdemokraten wirkt als Verführer, sie macht den Streich gegen zu demokratische Verhältnisse zu einem Faible der bürgerlichen Mitte. Die plädiert mehr oder weniger offen für den Abbau von Bürgerrechten bei Straftätern, Kriminellen oder Terroristen. Sie findet nichts Verwerfliches daran, Arbeitslosen weniger Sozial- und Bürgerrechte zukommen zu lassen. Ausländern wird die Gleichheit als demokratisches Kriterium nicht gerne zuerkannt, denn ohne Integration keine Belohnung. Man sähe gerne Rentner wahlentrechtet und Jugendliche diszipliniert - Kinderreichtum oder Kinderlosigkeit sollte irgendwie gesetzlich reglementiert werden, die goldene Mitte des Kinderkriegens ist das Ideal. Gegen die Überwachung hat man wenig, man hat ja doch nichts zu verbergen. Und Demokratie sei etwas, was sich die verarmten Südeuropäer derzeit nicht leisten könnten, womit ein hartes Diktat seine Berechtigung habe.
Künstler aller Couleur bekennen sich zu nichts. Keine Gestalt des öffentlichen Lebens, die stur auf Demokratie schaltet und dafür Einsatz zeigt. Allgemeine Unzufriedenheit herrscht nicht mit dem neoliberalen Kurs, der im Parlament sitzt und aus Vorstandsbüros instruiert wird - sie herrscht mit der Demokratie. Sie verwechselt man mit einer Ideologie, die das Demokratische pervertiert und missbraucht hat für Zwecke, die ins Diktatorische weisen. Nicht der Extremismus gefährdet die Demokratie - es ist die Mitte, die sich vor Veränderungen fürchtet und den halbwegs noch erhaltenen Wohlstand sichern möchte, gerne auch mit einer Abkehr von der Demokratie, wenn es nötig wird.
Der Sinn steht nach mit der Demokratie unvereinbaren Normen
Wie zwischen den Kriegen scheint es ein Drängen auf starke Führung zu geben, das Vertrauen in demokratische Strukturen verwischt - es scheint abermals eine Zeit heraufzuziehen, die fruchtbar ist für Trommler und Schreihälse, für halbesoterische Heilslehrer und Blender. Die Parolen dürfen nur nicht gegen die Strippenzieher der Macht gerichtet sein, denn das wäre dann Neiddebatte und Sozialismus und darauf steht der Demokratieskeptizismus genauso wenig, wie einst der Demokratieenthusiasmus als Gegenentwurf zum Sowjet-Kommunismus. Der Niedergang der Demokratie ist nicht ausschließlich das Produkt der Herren und Wächter der amtierenden Wirtschaftspolitik - sie ist das Fabrikat einer Gesellschaft, die sich von dieser Ökonomie je und je korrumpieren und kaufen und schmieren ließ. Geiz ist geil! spart nicht nur Cent - es ist auch über Umwege ein Geiz an den Werten und Idealen demokratischen Zuschnitts, es ist Knauserigkeit am Grundgesetz. Zwischen den Mühlsteinen des Konsumismus und Profitismus hat es die manchmal sehr frugale Besonnenheit der Demokratie nicht einfach - sie bereitet wenig Freude und ist nicht immer rentabel; sie gestattet schlechten Menschen Rechte und sie kostet Geld. Ein offenbares Verlustgeschäft für Menschen, die in einer Gesellschaft sozialisiert wurden, in der man Kosten mit Nutzen verrechnete...
Demokratische Normen und das Pathos, das die Demokratie theoretisch verströmt, sind nicht die Direktiven dieser Zeit in Zäsur. Der Sinn steht heute mehr nach Rache, nach Vergeltung, nach Etwas-sein-in-der-Welt, nach Besser-sein-als-andere-um-jeden-Preis, nach Sündenböcken und Zielscheiben, nach Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit, nach Arroganz, nach Härte gegen sich selbst und noch härtere Härte gegenüber anderen. Man-muß-da-mitleidlos-sein-Rhetorik und verrohte Sprache sind auf dem Vormarsch; Schlachten allerorten: Merkel zieht bei EU-Gipfeln in Aufmachern in die Schlacht, die DFB-Elf auch - und der Bundespräsident hält Friedensliebe für Glückssucht. Teilhabe ist Luxus! ist Parole, Rückanpassung auf angeblich vernünftigere Standards sind erwünscht. Viel Befreiungsgequatsche, vornehmlich von Steuern, macht sich breit. Der Sinn steht nach Abgrenzung zu anderen, nach mehr Rechtsansprüchen für einen selbst und weniger Rechte für andere, nach Eiseskälte und Herzfrost. Der Sinn steht danach, das demokratische Zeitalter endgültig zu beschließen...
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