De dicto

"Mensch Merkel
[...]
... jedes Jahr traf sie dort Oberkellner Cristoforo Iacono (59). Dieses Jahr aber war er nicht mehr da.
[...]
... die Kanzlerin hat ein ganz bestimmtes Ziel: das Haus des früheren Hotelmitarbeiters."
- Bildzeitung vom 3. April 2013 -

Zum Gesagten sei angemerkt: Es menschelt um die Kanzlerin. Sie ist im Urlaub, ist ungeschminkt und ohne BH unter der Bluse. Mensch Merkel eröffnet die Bildzeitung. Hinter der fotomontierten SS-Uniform steckt halt doch ein Mensch. Gerade richtig zur Verhitlerung Merkels an der Peripherie Europas kehrt man die Aktion Mensch hervor, hat man es zum redaktionellen Leitmotiv gemacht, den sterilen Hosenanzug in legere Wäsche zu stecken. Die Urlaubskanzlerin soll die Fotomontagen vergessen machen. Und besonders menschlich scheint die Geschichte von der treuen Urlauberin, die ihren cameriere nachtrauerte.

Der wurde entlassen und Merkel, so will es die Legende der Gebrüder Bild, habe seinen Wohnort ausfindig gemacht und ihn besucht. Spontan und einfach so. Die harte Hand der Kanzlerin, so steht zu lesen, scheint vergessen. Wer denkt dabei nicht an Jack Nicholson, wie er in Besser geht's nicht nach seiner Kellnerin Helen Hunt bestellt, die nicht am Arbeitsplatz erschienen war? Prompt suchte der unter Zwangsneurosen leidende Nicholson sie zuhause auf. Immerhin brauchte der Typ, den Nicholson oscarprämiert darstellte, klare Strukturen, mitgebrachtes Plastikbesteck im Lokal und bei jedem Händewaschen ein neues Stück Kernseife. Hunts Filmsohn war schwer erkrankt und Nicholson tat das, was man nun der Kanzlerin im Hause "ihres" Kellners nachsagt: Er kümmerte sich rührend um die Genesung.
Lassen wir aus Schabernack die Story mal wahr sein. Denken wir uns das PR-gespülte Motiv weg und ordnen den Besuch der alten Dame mal in psychoanalytische Charakterstrukturen ein, machen Merkel zu einem Nicholson, zu einem Zwangscharakter. Darüber liest man Dinge wie: strenge Reinlichkeitserziehung, daraus resultierenden sadistischen Bedürfnisse, die aber relativ kontrollierbar werden können durch Ordnungsmechanismen und Kontrollzwänge. Schimmert also bei dieser Kanzlerin, die selbst im Urlaub noch auf PR-Tour ist, der ihr unterstellte Charakter nicht trotzdem latent hervor?
Diese Deutung ist fürwahr in etwa so lächerlich, wie die verzärtelte Vermenschlichung einer Kanzlerin, die in ganz Europa zunehmend in die Kritik gerät. Der Direktor ihres Hotels auf Ischia meint doch angeblich, sie sei "total normal und ganz einfach". Einer seiner Vorgänger dürfte dasselbe über Mussolini behauptet haben. Was haben solche Erkenntnisse also zu bieten? Noch eine küchenpsychologische Wertung dieser Berichterei gefällig? Mit Zeitzeugenberichten, die Hitler als "total normal und ganz einfach" bezeichneten, hat die Bildzeitung immer gerne Leser angesprochen. Der Mensch hinter dem Verbrecher faszinierte stets. Indem sie nun Merkel vermenscheln, haben sie die in Europa stattfindende Verhitlerung Merkels entgegengesetzt aufgegriffen. Auf ihre Weise reichern sie diese Patrona Finanzmarktae, diese Fidei Defensora um das Faszinosum ihrer stinknormalen Intimsphäre an. Die mit Hakenkreuz fotomontierte Bankenrettungstyrannin wird um die Facette ihrer Privatheit reicher und die diametral entgegenlaufende Verbiesterung forciert. Fazit: Die Verhitlerer haben Eindruck hinterlassen und selbst die Bildzeitung "überzeugt".


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