"Wir sind, so hat die berühmte britische BBC ermittelt, das beliebteste Volk der Welt."Zum Gesagten sei angemerkt: Oh, das schmeichelt denen, die nervös am deutschen Minderwertigkeitskomplex nagen. Ein auserwähltes Volk mag man nicht mehr sein, diese Zeiten sind zunächst einmal passé - aber wenigstens das beliebteste Volk der Welt soll man doch sein dürfen! Man ist ja bescheiden. Und die Briten erbarmen sich tatsächlich und stellen den Deutschen eine solche Bescheinigung aus. Wir sind wieder wer in der Welt! Vorbei die Zeiten, wo der Deutsche still und eingekehrt seine Heimat liebte. Heute soll die ganze Welt seine Heimat lieben - und ihn gleich noch mit dazu. Wie gut das denen tut, die an zu wenig Liebe litten, die eine Psychose entwickelten, weil sie sich immer ein wenig verschmäht wähnten.
- Hans Hermann Tiedje, BILD-Zeitung vom 5. Juli 2010 -
Oh ja, die Deutschen werden geliebt, weil ihre exportlastige Wirtschaftsdominanz Arbeitsplätze im Ausland zerstört - und weil ihre strikte Lohnzurückhaltung und Steuerbefreiungswut die fremden Märkte mit billiger Ware segnet, mit denen die dort heimischen Produkte nicht mehr konkurrieren können. Sie werden für ihre Discount-Welteroberungspläne geliebt, die von Skandinavien bis Osteuropa prekäre Arbeitsplätze, Druck auf Erzeuger mitsamt ökologischen Raubbau in Geschenkpapier wickeln. Man liebt die deutschen Billigheimer arg, weil sie Arbeitsplätze schaffen, nachdem sie Arbeitsplätze zerstörten - Wechselkurs: eins zu anderthalb! Und nebenher führen sie sich in ihren Filialen auf wie großspurige Feldmarschälle - man denke nur an jene tschechische Lidl-Verkäuferinnen, die während ihrer Menstruation Stirnbänder tragen sollten. Ja, dafür wird man geliebt! Innig ist die Liebe zu jenen deutschen Firmen, die im Ausland Werkshallen errichten, sich dort weder an Sozialstandards noch an annehmbare Umgangsformen halten - die dort mit Kameras überwachen lassen, kranke Mitarbeiter feuern und auch arbeitende Kinder für lobenswert erachten, wenn sich dadurch nur die Lohnstückkosten verringern.
Oh ja, die Deutschen sind das beliebteste Volk auf Erden - aber nur dann, wenn man jene fragt, die mit dem deutschen Krämer noch nichts zu tun hatten! Denn der Minderwertigkeitskomplex ist nicht unbegründet, gerade deutsche Unternehmer und ihr Personal benehmen sich außerhalb Deutschlands wie die Axt im Walde - noch schlimmer als innerhalb deutscher Grenzen: was schon was heißen mag! Doch das soll nicht kümmern, der deutsche Leser soll sich daran erfreuen dürfen, dass er beliebt ist, dass er geliebt wird - der deutsche Global Player presst zwischenzeitlich weiter jene aus, die ihn laut Studien so arg begehren. Liebe macht blind, Geliebtwerden auch - man sage jemanden, dass er geliebt wird und schon trübt sich der Blick. Man sage dem deutschen Leser und Zuseher nur, dass er beliebt ist und schon legt sich ein Schleier über seine Augen, schon sieht er nicht mehr, wie sich seine Landsmänner fern der Heimat aufführen. Und genau dafür ist das Herausputzen dieser Man-hat-uns-wieder-lieb-Phrasen, die man dieser Tage wieder häufig vernimmt, erdacht...