De auditu

Treten Sie zurück!, ist eine Aufforderung, die man immer dann vernimmt, wenn ein Skandal oder ein Eklat für öffentliche Empörung gesorgt hat. Opposition fordert Rücktritt! oder Kritiker fordern Rücktritt!, sind Aufmacher, die stets dann die ersten Seiten zieren, wenn es der öffentlichen Meinung zu widerlich wird, ein bestimmtes Gesicht weiterhin ertragen zu müssen. Politischen Gegnern entgegenzutreten, erschöpft sich zunehmend darin, Ausrutschern zu harren, die dann mit einer Forderung nach Rücktritt geahndet werden. Treten Sie zurück!, ist dabei aber nur eine leere, weil sich nicht mit den Inhalten der Untragbarkeiten sorgende, Worthülse - abdanken statt aufarbeiten, fortschicken statt argumentativ zerlegen.

Die Rücktrittsforderung ist der heilige Schrein der demokratischen Resignation - und ein ungeeignetes Mittel, sich erlittener politischer Untragbarkeiten zu erwehren. Dies ist auf die florierende Personalisierung der Politik zurückzuführen - Personen werden verantwortlich gemacht, nicht Institutionen, nicht die Struktur der herrschenden Machtverhältnisse, nicht die wirtschaftlichen Interessen, die sich hinter den Mandaten tummeln. Natürlich trägt die Einzelperson Verantwortlichkeit; aber durch einen Abtritt verändern sich die Vor- und Nebenbedingungen hinter den zum Rücktritt Aufgeforderten nicht. Sie bleiben erhalten und bekommen durch das eingereichte Rücktrittsgesuch seiner Kritiker sogar noch einen ordnungsgemäßen, rechtskräftigen Anstrich. Denn man blickt nicht hinter die Kulissen, man wechselt nur den Kopf aus, der die Gestalten hinter dem Schlaglicht repräsentiert (oder vertuscht) - man tauscht den Repräsentanten, nicht käufliche und bestechliche Konzept dahinter.

Moderne Aufklärungsarbeit, die sich einem Skandal, einer Dienstverfehlungen oder dergleichen zu widmen hat, greift zuallererst immer den Rücktritt auf - noch bevor die Machenschaften dahinter aufs Tapet gelangen; wenn sie überhaupt je auf den Tisch kommen. Das ist, um mit Dutschke zu sprechen, der sich wiederum am Marx stützte, ein Handel mit "gesellschaftlichen Charaktermasken". Diese ähneln sich alle, gleichgültig, wer sie gerade anlegt. Nach einem eingeforderten Rücktritt ändert sich daher herzlich wenig, weil der Nachfolger ganz ähnliche Eigenschaften hervorbringt. Dabei werden die stillen Rädelsführer, die Geldgeber des politischen Entscheidungspersonals und die Korrumpierung der demokratischen Strukturen und Institutionen, elegant aus der Schusslinie gehalten. Wer lauthals den Rücktritt fordert, doktert nicht an der Wurzel, er streichelt das Geäst - und er ermöglicht den halbseidenen Umtrieben hinter der Dekoration, die begehrte Abgeschiedenheit von der Öffentlichkeit. Die Rücktrittsforderung ist ein politisches Ablenkungsmanöver, das bereits so fest in die politische Erziehung einzementiert wurde, dass selbst wahrhaft um Aufklärung bemühte Menschen zu ihr greifen, dabei glaubend, etwas Richtiges, etwas Notwendiges, etwas Unumgängliches zu fordern.

Selbstverständlich kann man sich aus menschlicher oder moralischer Sicht über einen erzwungenen Rücktritt freuen. Zu sehen, wie eine ehemals belichtete Gestalt nun unterbelichtet von der Bühne gejagt wird, ist als Schadenfreude nur natürliches menschliches Verhalten. Allerdings steckt nicht mehr dahinter, kein tieferer Sinn; mehr als Schadenfreude ist es nicht. Es ist die kurzzeitige Befriedigung einer aufwallenden Empörung - es ist eine Haltung, die schnelle Abhilfe möchte, die dabei nicht wahrhaben will, dass die Puppenspieler aus der Wirtschaft ein unerschöpfliches Reservoir an Handpuppen besitzen. Der Rücktritt der Handpuppen ist gesellschaftliches Geplänkel - der Arschtritt für die Puppenspieler: das wäre politisch!


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