Das Zieldiagramm – die Basis für ein gutes Stakeholder-Management

Du kennst die Situation. Ein großes komplexes Projekt. Viele Aufgaben und Stakeholder. Unterschiedliche Ziele. Und für Dich als Unternehmensberater? Besteht das Risiko, ungewollt zwischen die Ziele-Fronten zu geraten. Damit es nicht zu diesem Worst Case kommt, gibt es Zieldiagramme. Diese bringen Transparenz in das Dickicht der Stakeholder und ihren Absichten. Im Beitrag zeige ich Dir, wie Du Zieldiagramme effizient erstellst und effektiv im Consulting-Tagegeschäft zum Einsatz bringst.

Zieldiagramm

Jeder Stakeholder hat mindestens ein Ziel

Als Unternehmensberater entlastest Du in Projekten. In diesen einmaligen und zeitlich terminierten Vorhaben verfolgen Stakeholder verschiedene Absichten. Und versprechen sich, dass Projekte und deren Ergebnisse ihnen hilft ihre Absichten zu verwirklichen. Das Problem: Je mehr Stakeholder in einem Projekt involviert sind, desto mehr Ziele gibt es. Es ist keine Seltenheit, dass diese Ziele dann auseinanderlaufen oder sich gar widersprechen. Was also tun?

Am besten Du ermittelst die Ziele und dokumentierst diese. Besteht erst einmal Transparenz über das Geflecht von projektspezifischen, beruflichen und privaten Zielen, kannst Du Wiedersprüche und Konflikte direkt aufdecken. Und Dich dann klar an den Absichten der Stakeholder und vor allem Deines beauftragenden Kunden ausrichten. Wie erfasst Du jetzt am einfachsten Ziele, ihre Beziehungen untereinander und zu den Stakeholdern?

Ziele modellieren mit Hilfe eines Zieldiagramms

Eine Möglichkeit Ziele zu dokumentieren und zu analysieren sind sogenannte Zieldiagramme, auch Zielediagramme (mit ‚e‘), Zielbäume oder Und-/Oder-Graphen genannt. Ein Zieldiagramm besteht aus Stakeholdern, Zielen und Beziehungen zwischen diesen Elementen. Im Detail sind das:

  • Stakeholder, d.h. Personen deren Ziele Du bestimmen möchtest. Ein Stakeholder kann mit mehreren Zielen über eine Linie verknüpft sein. Die Wichtigkeit eines bestimmten Ziels kann durch ein Gewicht präzisiert werden, ausgedrückt durch ‚weight‘ sowie dem Gewichtungswert.
  • Die Absichten der Stakeholder sind die Ziele. Ein identisches Ziel können mehrere Stakeholder parallel verfolgen.
  • Mittels einer Und- bzw. Oder-Dekomposition lassen sich Ziele in Teilziele verfeinern. Bei einer Und-Zerlegung müssen alle Teilziele erfüllt sein, um das Ziel zu erfüllen. Hingegen muss bei einer Oder-Zerlegung nur ein Teilziel erfüllt sein, um das Ziel zu erreichen. Im Diagramm werden Und-Zerlegungen als durchgezogene, Oder-Zerlegungen als gestrichelte Linie dargestellt.
  • Ist die Erfüllung eines Ziels die Voraussetzung für ein anderes, kann dies im Diagramm mit einer gerichteten Verknüpfung zwischen den entsprechenden Zielen signalisiert werden. Diese trägt die Aufschrift ‚demand‘, den englischen Begriff für ‚benötigt‘.
  • Auch ein Konflikt zwischen zwei Zielen lässt sich modellieren. Dies wird im Diagramm durch einen entsprechenden Doppelpfeils mit der Aufschrift ‚conflicts‘ ausgedrückt.

Beispiel gefällig? In Abbildung 1 findest Du den Ausschnitt eines Zieldiagramms für ein typisches IT-Systemprojekt. Sicherlich kannst Du bereits nach kurzer Zeit erkennen, dass die Teilziele „Einhaltung Qualität“ und „Geringe Personalkosten“ in Konflikt stehen. Ebenfalls auf einen Blick ersichtlich ist der Umstand, dass die „Pünktliche Auslieferung“ des IT-Systems die Erfüllung des Teilziels „Einhaltung Termin“ erfordert.

Zieldiagramm

Abbildung 1 – Beispiel eines Zieldiagramms für ein IT-Systementwicklungsprojekt (Ausschnitt)

Zum Zieldiagramm in fünf Schritten

1. Stakeholder dokumentieren
Erfasse zunächst die wesentlichen Stakeholder. Eine gute Grundlage bietet Dir hier die Stakeholderanalyse. Falls diese nicht existiert kannst Du auch das Organigramm des Projektes verwenden.

2. Ziele festhalten
Anschließend notierst Du Ziele dieser Stakeholder. Unterscheide bereits jetzt zwischen Teil- und Hauptzielen und verknüpfe diese mittels Und- (durchgezogene Linie) sowie Oder-Beziehungen (gestrichelte Linie) untereinander.

3. Relevanz ergänzen
Falls Dir bekannt, ergänze Deine Stakeholder-Ziele-Pfeile durch Gewichtungsinformationen. Bist Du noch neu im Projekt und sind Dir die Personen und deren Zielpriorität noch unbekannt, verwendest Du einfach die Begriff ’sehr wichtig‘, ‚wichtig‘ und ‚wenig wichtig‘.

4. Abhängigkeiten dokumentieren
Finde jetzt heraus, welches Ziel eine Voraussetzung für anders darstellt und führe die entsprechenden ‚demand‘-Doppelpfeile ein. Vermeide Zyklen, d.h. Kreise von Abhängigkeiten, da diese nicht aufgelöst werden können.

5. Zielkonflikte notieren
Schließlich ist es nun an der Zeit, Konflikte zwischen den Zielen zu identifizieren und per ‚conflict‘ zu markieren. Beachte, dass Konflikte ausschließlich inhaltlich zwischen den Zielen bestehen. Mit persönlichen Animositäten zwischen den Stakeholdern hat das nichts zu tun.

Auf Basis Deines Zieldiagramms kannst Du nun Deine Kommunikationsstrategie mit den Stakeholdern optimieren. Helfe schwellende Konflikte zu hinterfragen und im Dialog mit den beteiligten Personen aufzulösen. Je früher im Projektverlauf, desto besser natürlich.

Pros & Cons von Zieldiagrammen

Zieldiagramme unterstützen Dich beim Umgang mit Deinen Stakeholdern. Personen, ihre Ziele sowie ihr Stellenwert werden mit Hilfe des Diagrammtyps transparent. Auch können mit ihnen Widersprüche und Konflikte frühzeitig aufgedeckt, Fehlentwicklungen damit vermieden werden. Der großer Vorteil von Zieldiagrammen gegenüber einer tabellarischen Visualisierungsform besteht in ihrer einfachen Lesbarkeit. Gerade wenn es um das Zusammenspiel von Zielen geht, geben Dir diese Diagramme eine klare Orientierung.

Ein Nachteil von Zieldiagrammen liegt in ihrem statischen Charakter. Bist Du in einem volatilen Projekt unterwegs in denen sich Stakeholder, Aufgaben und Ziele immer wieder ändern, dann ist Dein Zieldiagramm entweder veraltet oder Du passt es pausenlos an die aktuellen Gegebenheiten an.

Tipps aus der Beratungspraxis

Auch bei Zieldiagrammen gibt es einige Tricks, die ich Dir an dieser Stelle verraten möchte.

Multifunktionell einsetzbar
Zieldiagramme dienen nicht nur der Stakeholderanalyse. Auch für das Projektmanagement oder im Requirements Engineering (siehe Webtipp) lässt sich der Diagrammtyp prima einsetzen. So sorgen sie beispielsweise im Projektmanagement dafür, dass gesetzte und visualisierte Projektziele nicht neupriorisiert oder uminterpretiert, neue Ziele ergänzt oder bestehende einfach weggelassen werden.

Fokus auf die Top-3
Viele Stakeholder, viele Ziele. Schnell wird Dein Zieldiagramm groß und unübersichtlich, irgendwann dann nicht mehr handhabar. Beschränke Dich daher auf die drei wichtigsten Ziele eines Stakeholders und lasse maximal eine Unterebene von Teilzielen zu. Pragmatismus vor Vollständigkeit lautet die Devise.

Fortwährende Nutzung
Ein Zieldiagramm ist nicht nur zu Beginn eines Projektes Dein Wegweiser. Auch im Zeitverlauf und beim Abschluss des Vorhabens dient es Dir als Richtschnur für Deine Kommunikationsstrategie mit den Stakeholdern. Gleiche die notierten Ziele daher fortwährend ab und aktualisiere bei Bedarf das Diagramm.

Falls möglich SMART
Nicht unbedingt müssen alle im Zieldiagramm dokumentierten Ziele SMART, d.h. Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminiert sein (siehe Wikipedia). Schließlich handelt es sich um die Ziele der Stakeholder und nicht um die Deinen. Natürlich ist SMART immer besser.

Fazit

In Projekten verfolgen Stakeholder unterschiedliche berufliche und persönliche Ziele. Nicht immer unterstützen sich diese Ziele, sondern bedingen bzw. widersprechen sich gar. Zieldiagramme erleichtern Dir das systematische Dokumentieren und Analysieren von Zielebeziehungen. Mit dem genauen Wissen über Abhängigkeiten, Hierarchien, Wichtigkeit und Konflikten zwischen Zielen, sollte es Dir möglich sein, besser auf die Stakeholder einzugehen und Lösungen im Sinne des Gesamtprojekterfolges zu erarbeiten.

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