Das spirituelle Handwerk des Gebets lernen (Steffensky)

Das spirituelle Handwerk des Gebets lernen (Steffensky)

Es kommt selten vor, dass ich ein Buch zwei Mal lese – aber Fulbert Steffensky’s Schwarzbrotspiritualität ist wirklich gut. Und es war auch ein wirklich guter Moment, um dieses Buch wieder hervorzunehmen, denn schon im ersten Kapitel geht es gerade um das Thema, das unsere Gemeinde zurzeit beschäftigt: Gebet.

Steffensky fragt etwas salopp: „Wie betreibt man das Handwerk der Spiritualität?“ Ja, man könne dieses Handwerk tatsächlich lernen, meint er, „wenn man sich an die Regeln hält. (…) Regeln und Methoden reinigen uns von der Zufälligkeit des Augenblicks und machen uns langfristig.“ Und diese Langfristigkeit – die Perspektive des langen Atems, diese „long obedience in the same direction“, wie es Eugene Peterson nennt – die ist tatsächlich not-wendig, gerade wenn es um ein Grossprojekt wie „Gebet“ geht.

Hier sind Steffensky’s zwölf Regeln (kursiv jeweils meine Gedanken dazu):

1. Entscheide dich zu einem bescheidenen Vorhaben auf dem Weg zum Gebet! Es gibt das Problem der Selbstentmutigung durch zu grosse Vorhaben.
Haargenau. Ich nenne dies „Lieber etwas Kleines tun als von etwas Grossem nur reden.“ Was also könnte ein nächster kleinere Schritt sein, das Gebet in deinem Leben zu fördern?

2. Gib deinem Vorhaben eine feste Zeit!
3. Gib deinem Vorhaben einen festen Ort!
Die feste Zeit und der feste Ort bewahren mich davor, dass jede Gebetszeit mit einem inneren Dialog erkämpft werden muss. Es ist „einfach klar, dass ich jetzt bete und dass ich das hier tue.“ Und wenn ich mich hier einfinde, dann weiss ich mit Leib und Seele, dass ich jetzt beten will.

4. Sei streng mit dir selber!
Offensichtlich hat geistliches Leben etwas mit Disziplin zu tun, mit Einüben. Vieles kann eben nur mit Freude und Gewinn praktiziert werden, wenn man es sich in Routine erarbeitet hat, z.B. Klavier spielen, eine Kletterwand durchsteigen, einen Menschen portraitieren – oder beten.
(Unbedingt jedoch auch Punkt 10 beachten!)

5. Rechne nicht damit, dass dein Vorhaben ein Seelenbad ist! Es ist Arbeit (…), manchmal schön und erfüllend, oft langweilig und trocken. Das Gefühl innerer Erfülltheit rechtfertigt die Sache nicht, das Gefühl innerer Leere verurteilt sie nicht.
Ja, das schreibt Steffensky tatsächlich so! Im bequemen Westen des 21. Jahrhunderts! Es erinnert an die „Absichtslosigkeit“, zu der die alten Mystiker aufrufen. Ich meine, dass in diesem Gedanken sehr viel Zündstoff für ganz verschiedene fromme Praktiken steckt: Weshalb gehe ich in einen Gottesdienst? Weshalb diene ich jemandem? Weshalb lese ich die Bibel? Wenn ich das nur mache, solange ich dabei von Glücksgefühlen erfüllt werde, dann werde ich wohl nicht sehr lange dabei bleiben… – Ganz ähnlich auch der nächste Punkt:

6. Sei nicht auf Erfüllung aus, sei vielmehr dankbar für geglückte Halbheit!
„Geglückte Halbheit“ – auch so ein Begriff, den man sich auf der Zunge vergehen lassen muss…

7. Beten und Meditieren sind kein Nachdenken. Es sind Stellen hoher Passivität. Man sieht die Bilder eines Psalms oder eines Bibelverses und lässt sie behutsam bei sich verweilen.
„Man sieht die Bilder eines Psalms oder eines Bibelverses und lässt sie behutsam bei sich verweilen“ – welch einladende Vorstellung: der Psalm und der Bibelvers bei mir zu Besuch!

8. Fang bei deinem Versuch nicht irgendwo an, sondern baue dir eine kleine, sich wiederholende Liturgie!
Dem kann ich nur mit Nachdruck zustimmen. Ich habe mir in den vergangenen Jahren zahlreiche Gebete geschrieben – ja, an ihnen gefeilt! –, die mich in den Tag und durch schwierige Zeiten führen. Ich bin froh, dass ich mir meine Gedanken nicht jedes Mal neu zusammensuchen muss und dass ich mir dadurch gewisse Dinge, die ich sonst vielleicht aus dem Blickfeld verlieren würde, so immer wieder in Erinnerung rufe. (Ich bin sehr vergessli).

9. Lerne Formeln und kurze Sätze aus dem Gebets- und Bildschatz der Tradition auswendig!
Oder baue sie gleich in deine Liturgie vom vorangehenden Punkt ein…

10. Wenn du zu Zeiten nicht beten kannst, lass es! Aber halte den Platz frei für das Gebet (…), verhalte dich auf eine andere Art still. Verlerne deinen Ort und deine Zeit nicht.
Das war mir ein neuer Gedanke (obwohl ich ihn ja schon mal gelesen habe…). Er leuchtet mir total ein.

11. Sei nicht gewaltsam mit dir selbst! Zwinge dich nicht zur Gesammeltheit! …es soll uns der Humor über dem Misslingen nicht verloren gehen.
Das scheint mir besonders für jene Menschen wichtig zu sein, die sich durch ihre eigenen Vorsätze unter grossen inneren Druck setzen.

12. Birg deinen Versuch in den Satz von Römer 8: Der Geist hilft unserer Schwachheit auf. (…) Wir beginnen den Weg zum Glück nicht als Suchende, sondern als schon Gefundene.

Also dann: Machen wir uns auf!

(Foto: http://www.desiringgod.org)



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