Uwe hat beim Perfekten Dinner mitgemacht und berichtet nun über dieses Erlebnis.
Hier gibt es Teil 1 und Teil 2.
Teil 3: Verschleiss und sein Preis: Der Tag des Mett-Igels ist der ideale Tag zum Aussteigen
Bewerbung geschafft! Vorbereitung gemeistert! Erster Tag vor der Kamera: Endlich ein Filmstar! Ja lieber Leser, es fühlte sich wirklich gut an, dieser ganze Hype und ich mitten drin. Diese professionelle Souveränität nach den schweißtreibenden ersten Minuten der Aufzeichnung. Toll toll toll! Aber was soll ich sagen? So schnell der Wahnsinn mich eingenommen hatte, so schnell war der Zauber auch wieder vorbei. Zumindest bei mir. Und darüber möchte ich in den folgenden Zeilen berichten. Drehen wir die Uhr erneut um einige Monate zurück.
Dienstag. Tag zwei. Ob ich heute nacht geschlafen habe, wollen Sie wissen? Nach dem ersten Drehtag und der nächtlichen Heimkunft? (2.30 Uhr) Nach dem Chatten (Facebook, What´s app) mit den vier Mitspielern und der halben Flasche Rotwein mitten in der der ersten DPD-Nacht? Ob ich da geschlafen haben habe? Was glauben Sie denn? Natürlich nicht. Oder besser: Fast nicht. Ich bin zwar irgendwann (ca. 4.30 Uhr) ins Bett, aber ich muss, bzw. will, meiner Frau doch morgens um 7.00 Uhr davon berichten, wie der erste Tag gelaufen ist.
Rüttel, rüttel: „Schatz, kannst Du auch nicht mehr schlafen? Ok, dann kann ich ja erzählen.“
Außerdem will ich an diesem Tag auf jeden Fall eine professionellere Präsenz vor der Kamera haben, und dafür muss ich mir irgendetwas Einzigartiges ausdenken. Schließlich bin ich im richtigen Leben in einer Branche tätig, in welcher man mich bezahlt, wenn ich mir etwas Einzigartiges für Firmen und deren Produkte ausdenke. Aber der Reihe nach.
Ein Blick in den Badezimmer-Spiegel offenbart rein optisch durchaus etwas Einzigartiges. Es schaut mich ein übernächtigter älterer Mann an, der offensichtlich reichlich Alkohol am Vorabend hatte und der sich zum eigenen Besten wieder ins Bett legen sollte. Weitere 5-7 Stunden wären sicher hilfreich. Ach was, keine Zeit! Schlafen kann ich nach der DPD-Woche immer noch (es sollten am Ende 15 Stunden am Stück sein). Also, wie optimiere ich medial und immer telegen diesen 2. Drehtag?
Ein mageres Frühstück (genauer: nur Kaffee) kann ein Anfang sein. Wenn es heute abend wieder soviel Futter zu nachtschlafender Zeit gibt, dann tue ich an dieser Stelle gut daran meinen Kalorienhaushalt wenigstens in der ersten Hälfte des Tages extrem zu drosseln. Gesagt – getan. Als nächstes gilt es einige Freunde anzurufen und wie versprochen von dem gestern Erlebten zu berichten. Hm……um 8.00 Uhr am morgen vielleicht nicht die beste Idee. Wenn´s nach mir ginge, könnten wir aber schon weiterdrehen, ich habe mir sowieso nichts anderes vorgenommen in dieser einzigartigen Woche. Läuft.
Überraschenderweise und völlig unerwartet holt mich der Alltag in diesem Moment via Telefon ein, und so habe ich nun ein gestrafftes, unvermeidbares Arbeitspensum vor mir. Texte für ein Beauty-Unternehmen müssen geschrieben werden, aber das ist ein anderes Thema. Merke: Um 15.00 Uhr geht´s zu den Interviews für das 2. Menü der Woche. Es ist also Eile geboten, um alle Tagesziele zu erreichen. Ich wohne blöderweise, bezogen auf die heutige Interview-Location, genau auf der anderen Seite vom schönen Potsdam. Der Weg führt über ein Nadelöhr namens „Lange Brücke“. Leider ist diese Brücke nicht breit genug und immer für eine Wartezeit gut. So auch heute. Die Zeit ist etwas knapp. Das hatte ich anders geplant. Eine Woche Urlaub sollte es sein. Stattdessen Schlafmangel, Arbeitsstress, Eile, Kopfschmerzen und Schnitzeljagd durch Potsdam und Berlin (Interview-Loacations und Gastgeber sollten in dieser Woche immer genau in entgegengesetzter Richtung zu finden sein).
Ich bin aber trotzdem pünktlich. Mein Gesprächspartner für die Interviews ist Mitspieler Sven. Wir sprechen über den heutigen Gastgeber Christian, sein Menü und über Gott und die Welt, immer auf der Suche nach Verwertbarem für den späteren Schnitt. Das klappt soweit ganz gut. Wir erfahren den Wohnort des heutigen Gastgebers. Also wieder zurück zu mir plus acht Kilometer. Schnell noch ein frisches Hemd zuhause anziehen. Läuft.
Apropos Hemd: Am Drehort angekommen darf ich das gute Stück gleich wieder ausziehen, denn Längsstreifen lassen das Bild flimmern. TV-untauglich. Aber immerhin einzigartig (blöd). Um die Situation zu retten bekomme ich ein schlicht weisses Hemd von Gastgeber Christian. Nun trage ich tatsächlich ein dunkelblaues T-Shirt, darüber ein weisses Hemd, welches ich offen lassen muss, weil..na ja…dick..und so….egal…auf jeden Fall offen. Und wieder einzigartig (blöd). Los geht´s.
Routiniertes Begrüssungsszenario. Kommt doch bitte hinten in Garten. Machen wir. Küsschen hier, Küsschen da. Kollektive Freude. Schön, dass ihr da seid. Geschenke abgeben. „Ich habe da etwas vorbereitet.“ „Oh das sieht ja lecker aus.“ „Was ist es denn?“ Erklärung des Aperitifs. Fertig. „Ich muss dann mal kochen.“ Team 3 folgt dem Gastgeber. Team 2 beginnt mit den Interviews der Gäste. Wie immer getrennt von einander. Wie immer mit Wartezeiten. Wie immer mit mehr Alkohol als im richtigen Leben. Ich kriege dieses Hemd nicht zu……..
Später am Abend ruft Marcus, der Aufnahmeleiter durch das Haus: „So Vorspeise ist da, werdet mal mit den Interviews fertig – wir drehen am Esstisch weiter.“
Dagegen habe ich absolut nichts einzuwenden. Es ist doch schon wieder nach 20 Uhr. Heute kennen wir die Prioritäten und Abläufe.. Aber: Surprise! Surprise! Hahaha! Christian hat eine fünfte Portion nur zum Fotografieren vorbereitet, wir könnten also unabhängig vom Foto etwas WARMES essen. Diesen überragenden Vorsprung zerreden wir bedauerlicherweise durch die orientalisch anmutende Erklärung der dargebotenen ersten Speise. Zwiebelsuppe ist trotzdem super lecker. Und wir wissen natürlich von gestern, dass wir jetzt die schlauen Fragen stellen müssen. Läuft.
Vorspeise adé – es folgt die Manöverkritik via Interview. „Same Procedure as last day!“ Gehaltvolles, Lustiges, überraschend Entspanntes und gute Laune. Wir sind in Topform und das saugen die Kameras dankbar auf. Insgesamt sind wir etwas weniger albern, etwas neutraler und etwas gehaltvoller. Waren wir gestern noch mit 120 Prozent des benötigen Entertainments weit über das Ziel hinausgeschossen, so sind wir heute bei beinahe gesunden 105 Prozent. Wir nähren uns menschlichen Verhaltensweisen.
Trotzdem ist immer noch Adrenalin bis zum Anschlag im Spiel. Aber ich habe das Gefühl meine Kontrolle in akzeptablem Umfang wieder erlangt zu haben und nicht mehr pubertär drauf los zu quasseln. Ich nutze diese neue Klarheit in Geist und Seele, um für mich transparente Kriterien für die abschließende Bewertung zu schaffen. Gestern bei Adina hatte ich euphorische neun Punkte gegeben. Keine Ahnung warum.
Diesmal will ich es besser machen und lege den Grundstein für einen wahrhaftigen Shit-Storm im Internet am Tage der Ausstrahlung (8.12.2014). Meine Bewertungskriterien: Ein Drittel für die Stimmung, ein Drittel für die Qualität und den Geschmack und ein Drittel für die Quantität. Wer steht schon gern nach sieben Stunden mit knurrendem Magen von einem Abendessen auf?
An diesem Abend bekommt Christian für Stimmung und Geschmack die höchste Punktzahl von mir. Da ich aber überhaupt nicht satt geworden bin reicht es in der Kategorie „Quantität“ leider nur für wenig „punktierte“ Begeisterung. Macht insgesamt sieben Punkte. Das haben ein paar zigtausend Fans aber ganz anders gesehen. Sorry Leute, M E I N E Entscheidung. Zwei Tage später sollten diesen Bewertungskriterien zu einer noch größeren Welle der Empörung gereichen, diesmal sogar mit Drohungen und Verwünschungen. Fernsehen eben. Läuft.
Das weiss ich natürlich alles an diesem Abend noch nicht. Christian ist insgesamt etwas flotter unterwegs als Adina gestern. Um 1.00 Uhr ist das Dinner gegessen und wir werden Richtung Bett entlassen. Schlafen kann ich trotzdem nicht. Im Gegenteil, ich bilde mir ein zu einer ersten Analyse in der Lage zu sein, um mir die kommenden Dinner-Tage gemütlich einzurichten. Und ich denke zum ersten Mal auch an mein Dinner am Freitag.
Unaufhaltsam geht die Sonne auf während ich endlich einnicke. Nur kurz. Denn es gibt viel zu überlegen und noch mehr Adrenalin. Wie wir wohl im Fernsehen „rüberkommen“ werden? Zu den Mitspielern hat sich ein sehr angenehmer Kontakt entwickelt. Ich empfinde das als echtes Privileg. Es hätten ja auch Pappnasen übelster Ordnung sein können. Adina, Sven, Christian und Diego sind allerdings super nett und ich freue mich wirklich auf den weiteren Verlauf der Woche. Ob die genauso wenig schlafen?
Heute geht es zu Diego nach Berlin. Weltreise. Zuvor fahren wir natürlich in die entgegengesetzte Richtung zum Interview. Das nervt etwas. Es gab soviel Kontakt zum Team von ITV im Vorfeld. Das hätte man optimieren können, ohne etwas zu verraten. Mal ehrlich: 16 Uhr Interview-Beginn Luisenplatz Potsdam – 18 Uhr Charlottenburg? Guckt mal auf die Karte, liebe Fernsehmacher.
Glück -Zufall – oder was auch immer. Sven hat heute ein neues Auto bekommen. Ein Van, der automatisch einparken kann. Dafür hat das Auto serienmässig einen Stern als eine Art „Fadenkreuz“. Natürlich will Sven heute selber fahren und nicht die Öffentlichen nehmen. Und natürlich fahren wir heute alle bei ihm mit. Danke Sven. Läuft.
Der Mittwoch zeichnet sich in der Welt von DPD durch eine Besonderheit aus, denn Mittwochs ist immer „Mett-Igel Tag“. Kurze Erklärung: Der Gastgeber an diesem Tag (auch wenn er Vegetarier oder sonst was ist) hat die ehrenvolle Aufgabe das Team bzw. die Teams mit Mett, Zwiebel und frischen Brötchen zu versorgen. Keine Ahnung, warum das so ist. Keine Ahnung, wer das eingeführt hat. Nur soviel ist sicher: Man sollte sich das Team nicht zum Feind machen, denn die schneiden nachher auch das Material zum fertigen Film. Das könnte übel werden, natürlich nur ohne Mett-Igel. Also bekommen sie Mett-Igel.
Kurzes Résumé an dieser Stelle. Eigentlich bekam das Team immer alles. Zigaretten, WLAN-Zugang des Gastgebers, Getränke des Menüs, das Essen des Menüs. Kiste Bier, Mett-Igel. Sofern der Gastgeber nicht explizit erwähnte „Bitte noch nicht anfassen“ wurde alles verdrückt. Bei mir war es am letzten Tag sogar soweit, dass sich der Ton-Mann einfach ein Stück vom Fisch aus dem Gesamtangebot herausschnitt und für sich reservierte. In meiner Dusche hatte er den Lachs versteckt. Der Kameramann bediente sich an der noch nicht verspeisen Fotoportion Crème brûlée. Eigentlich unfassbar, aber man selbst will ja glänzen und hat als Gastgeber überhaupt keinen Sinn für Nebenkriegsschauplätze wie Anstand und Moral. Und ich behaupte mal: Das wissen die Damen und Herren sehr wohl.
Zurück zum Diego Tag. Die Anreise ist abenteuerlich und bietet uns im neuen Van von Sven eine willkommene Abwechslung. Berlin im Feierabendverkehr. Grusel. Diego wohnt im vierten und fünften Stock . Es ist eine tolle Wohnung. Natürlich stehen wir uns für die Begrüssungsszenerie im Treppenhaus einmal mehr die Füsse platt. Danach setzt, zumindest bei mir, die Routine ein. Ich wiederhole die Abläufe an dieser Stelle deshalb auch nicht mehr.
Das Essen von Diego ist mein perfektes Dinner. Und am Ende dieses Abends habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass mir Schlaf lieber sein würde als zwei weitere Dreh- und Futtermarathons. Ich habe drei Tage lang etwas völlig Neues kennengelernt, Ich habe vier tolle Typen getroffen und ich habe mein perfektes Dinner heute Abend gehabt. Mehr kann da nicht kommen und genauso würde ich diesen positiven Wahnsinn gern in Erinnerung behalten. Titel: „Meine drei Tage bei DPD 2014“
Bedauerlicherweise habe ich für fünf Tage unterschrieben und mich beschleicht das unangenehme Gefühl, dass meine Euphorie und mein Interesse nicht mehr im „vertraglich vereinbarten Überschwang-Modus“ vorhanden sein werden. Und gekocht habe ich ja auch noch nicht.
Gerade der Gastgebertag flösst mir allmählich wirklich Respekt ein. Ich sehe ja, wie sich Adina, Christian und heute auch Diego verbogen haben, um es wirklich perfekt zu machen. Der Freitag, also der letzte Tag, wird mein Tag sein. Nach einer Woche Schlaflosigkeit und viel zu viel Essen, Alkohol und Adrenalin erwäge ich schon jetzt den Einsatz von Chemikalien zur Fitness-Steigerung am Gastgebertag. Stand heute fühle ich mich zufrieden, fix und fertig und gleichermassen unwillig weiteren körperlichen Raubbau zu betreiben. Läuft nicht mehr.
Am nächsten Tag bei Sven bin ich übel gelaunt, hungrig, missmutig und vergebe aus dieser Stimmung heraus für ein kulinarisches Gesamt-Meisterwerk in der Größenordnung einer Vorspeise scheußliche sechs Punkte. Was Sven den Gesamtsieg kosten wird. Ich bin mit meinem Auto angereist und beende diesen Abend um 1.30 Uhr bei Burger King. Gut das morgen Schluss sein wird.
Lesen Sie in Teil 4: Ein letzter Alptraum – 18 Stunden vor laufenden Kameras