Das Opossum, der Fuchs und die scheinheilige Fete

Nachdem schon vor einiger Zeit versucht wurde zu erklären, was in Nicaragua als zorro, also als Fuchs zu verstehen ist, ist mir die letzten Tage leibhaftig ein „Fuchs“ erschienen. Und zwar saß er mitten in der Nacht in der Dachrinne keine zwei Meter von mir entfernt und schlabberte gemütlich Wasser daraus. Ich hätte zu dem Tierchen eigentlich eher Opossum gesagt, weil es exakt dieses ist, aber Martha, die es als Einzige auch noch sehen konnte bevor es sich in der Dunkelheit versteckte, ist felsenfest davon überzeugt, dass das Tier als zorro cola lisa zu bezeichnen ist. Also, „Fuchs mit glattem Schwanz“. Igel heißen zorro espino, wegen der vielen Stacheln, einige Menschen behaupten sogar, sie könnten ihre Stacheln bei Bedarf auf ihre Gegner schießen. Auch Stink- und Stacheltiere sind Füchse, denn Füchse, wie wir sie kennen gibt es hier einfach nicht.

Selbst Google ist bei der Suche nach zorro ratlos, zeigt Antonio Banderas in Cape und Maske oder aber normale, rote und schwarze Füchse. Was wiederum meine Gastfamilie stutzig macht, sind das doch eindeutig Hunde :D . Und dass in Ice Age zwei oder drei Opossums auftreten ist allen klar, aber das sind ja auch völlig andere Tiere als unser neuer Freund, der Glattschwanzige Fuchs ;) .

Es gibt hier in Nicaragua aufgrund der gesellschaftlich durchaus noch fest verankerten Religion auch den Feiertag 8. Dezember, uns bekannt als Mariä Empfängnis. Hier läuft das Schauspiel unter dem Namen La Purisima, und wird einerseits religiös mit Messe und allem dazu gehörigem gefeiert. Andererseits aber ähnelt es durchaus sehr dem amerikanischen Halloween, weil man auch herum zieht und Süßigkeiten einsackt, die in einigen Häusern ausgeteilt werden. Im Unterschied zu Halloween, wird allerdings nicht „Süßes sonst gibt’s Saures“ gequäkt und es machen auch bei weitem nicht so viele Häuser dabei mit, wir konnten auf unserer Route durch Condega nur vier „Anbieter“ finden.

Grundsätzlich wäre die Idee, dass man einen Altar für die Jungfrau Maria aufstellt, den schmückt und mit allerlei – früher – Kerzen und – heute – Lichterketten verziert und behängt, mit Freunden und Familie diverse Lieder singt und dann kleine Geschenke austeilt. Traditionell mit Früchten und Getränken, inzwischen vielerorts nur noch Süßigkeiten, Spielzeug und auch Zuckerrohr. Die grundsätzliche Idee hat nichts mehr zu meckern, wenn es um die freiwillig „öffentlichen Stationen“ geht. Da stellt man sich dann draußen an und wartet, dass die Türe wieder aufgeht und die nächste Fuhr an Pseudogläubigen abgefertigt wird. Dann werden scheinheilig drei, vier Lieder gesungen, die Besitzer des Hauses teilen ihre Geschenke aus und man verlässt durch eine andere Tür den Schauplatz. Das Warten vor der Tür kann ganz schön anstrengend werden, denn es wollen alle 50 Wartenden gleichzeitig hinein und wenn die Türe sich nur einen Spalt bewegt wird von ganz hinten gedrängt und geschoben, dass es eigentlich eigenartig ist, dass niemand in völlige Panik ausbricht. Die schlimmsten Drängler sind dabei Jugendliche, die, einmal drinnen, nicht mitsingen und nur Faxen treiben, direkt danach kommen furiose Mütter, die glauben, sie würden betrogen, wenn sie draußen warten müssten und ganz zum Schluss kommen Kinder, die sich fast immer ihre Kleinheit zu Nutze machen können.

Ach ja, und es werden den ganzen Tag Böller, Schweizerkracher, Piraten, Pfeifer, Raketen und wie das Zeug halt so heißt geschossen. Ganz schlimm wird es dann in den frühen Abendstunden, wenn gerade die ersten Menschen versuchen, an Süßigkeiten zu kommen. Dabei ist es auch nicht so wichtig, wie und wo man das Zeug hinschmeißt oder in die Höhe rauschen lässt, da wird schon mal die Rakete aus der Hand abgefeuert, die wie wild herum hüpfenden Explosionskörper beinahe in die Menschenmenge geworfen und in drei Metern Entfernung Böller gezündet, die einem fast die Augen aus den Höhlen drücken. Verständlich, dass die Feuerwehr ständig am herumkurven ist und überall Polizisten auf Streife unterwegs sind – fast ein Wunder jedoch, dass in Condega bisher nichts passiert ist.

All diese Lärm- und Rauchmacher dürfen in Nicaragua nur von Mitte November bis Mitte Jänner verkauft werden, den Anfang haben die Kids aus der Nachbarschaft gleich mit einem Großeinkauf an Knallern gefeiert, seither gibt es Tage mit mehr oder mit weniger Lärm. Der 8. Dezember war der bisherige Höhepunkt an Lautstärke, gegen den auch die Hunde als einzige Tiergattung lautstark protestiert haben.



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