Da sitzen sie am Tisch, unsere drei Grossen, und lauschen – halb belustigt, halb sentimental – dem Hörspiel, von dem sie in Kindertagen nie genug bekommen konnten. Immer und immer wieder wollten sie die CD hören. Einmal, auf der Heimfahrt von den Ferien, geschlagene fünf Stunden ohne Unterbruch. Eine Geschichte von einem kleinen Murmeltier, das gemeinsam mit seinem zerstreuten Opa einen Haufen Dummheiten anstellt. „Jetzt kommt dann gleich die Stelle mit dem Kaugummi!“, rufen sie begeistert und wenig später brüllen sie vor Lachen, wenn sie die altbekannten Worte hören. „Hier hatte ich immer ganz furchtbar Angst“, sagen sie wenig später mit einer Mischung aus Unverständnis und Belustigung. „Früher habe ich nie ganz verstanden, was das heissen soll“, bemerkt der eine, während der andere darüber nachsinnt, warum ihm die Geschichte überhaupt so gefallen hat. „Heute klingt das alles irgendwie doof“, sagen sie zueinander. „Aber es war halt doch unsere Lieblingsgeschichte.“
Da sitzen wir Eltern neben ihnen am Tisch und lauschen – halb belustigt, halb sentimental – dem Hörspiel, das wir noch immer in- und auswendig kennen. Immer und immer wieder mussten wir es uns anhören. Einmal, auf der Heimfahrt von den Ferien, geschlagene fünf Stunden ohne Unterbruch. Und jetzt hören wir sie also wieder und dabei denken wir zurück an die Zeiten, als die Drei, die jetzt schon so gross sind, noch mit dem Teddy im Arm hinten im Auto sassen und lautstark nach der Murmeltier-CD verlangten.
Irgend etwas an dieser Situation fühlt sich schräg an für uns. Kindheitserinnerungen – dieses Feld war bis vor Kurzem „Meinem“ und mir überlassen. Natürlich begannen auch unsere Kinder ihre Sätze immer mal wieder mit: „Als ich noch klein war…“, oder: „Früher habt ihr doch immer…“, aber dabei ging es meist darum, mit unserer Hilfe Erinnerungsstücke korrekt in das Puzzle ihrer Vergangenheit einzufügen. Heute aber, bei diesem Hörspiel aus vergangenen Kindertagen, fühlte es sich zum ersten Mal an, als wollten sie ein Bad in der Erinnerung nehmen, als versuchten sie, noch einmal dort anzuknüpfen, wo sie schon längst nicht mehr sind.
Ich kenne diese Sehnsucht von mir. Sie kam auf, als ich erkannte, dass ich nun endgültig kein Kind mehr bin und anfing, mit einer gewissen Wehmut auf vergangene Tage zurückzublicken.
Sind sie jetzt tatsächlich auch schon an diesem Punkt im Leben angelangt?