4,5 km lang und sechs Etagen hoch: Prora ist ein architektonisches Monster, dass sich am Strand von Rügen ausstreckt. Einst gebaut als Urlaubsdomizil für Werkstätige der NS-Zeit, erinnert es heute noch an Hitlers Vision von organisiertem Urlaub.
Es war der Tag, an dem wir mit dem Fahrrad die Gegend erkunden wollten. Wir fuhren gefühlte Stunden diese eine Straße hinauf, ohne das Schild zu finden, welches unser Ziel markierte. Genauer gesagt, fuhren wir 4,5 km. So bekamen wir ein erstes Gefühl für Prora. Erst auf dem Rückweg begegnete uns ein einsamer Hinweis: Dokumentationszentrum/NVA-Museum. Endlich auf der richtigen Route, fuhren wir durch den Kiefernwald. Dann ein Lokal. Es gibt Fisch in allen Varianten. Kuchen und Kaffee. Als nächstes eine Diskothek. M3. “Das heißt heute Club.”, erklärt eine Jugendliche ihrer Mutter. Schließlich ein gelbes Plakat mit roter Schrift: Döner. Pommes. Currywurst. Fischbrötchen. Eiscreme. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und erst dann sehen wir, dass wir angekommen sind.
Vor uns liegt also Hitlers Hotelburg. 20.000 Menschen sollten hier gleichzeitig Urlaub machen. Alles wurde genau ausgerechnet: Für jeden waren 5 m² am Strand vorgesehen, zwei Personen erhielten ein 9 m² großes Zimmer. Der Architekt Clemens Klotz wollte noch ein Wellenbad und einen 250 m hohen Turm mit Aussichtscafé errichten. Auch ein Festsaal und ein 4 ha großer Festplatz waren geplant. Doch dann fädelte Hilter diesen dummen Zweiten Weltkrieg ein und die Arbeiten brachen 1939 ab…
Die ersten Gäste: Evakuierte, Ausgebombte, Vertriebene und Flüchtlinge. Nach dem Krieg wollte man die Hotelburg in die Luft jagen, doch ein Gebäude für ein 1.000-jähirges Reich lässt sich nicht so leicht in die Knie zwingen. Im Stahlbeton kam später die 8. Motorschützendivision der NVA mit insgesamt 15.000 Mann unter, bis Anfang der 1990er Jahre war Prora militärisches Sperrgebiet.
Nach der Wende wurde Prora unter Denkmalschutz gestellt. Museen und Galerien wollen an die Vergangenheit erinnern. Am einen Ende der 4,5 km schlafen Schulklassen in einer Jugendherberge mit 500 Betten. Am anderen Ende enstehen Luxusapartements. Dazwischen: viel Essen und Touristen am einsamsten Strand von Rügen.