Eine meiner schönsten Rosen in meinem Garten
Ihr Lieben,heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Heribert Haberhausen erzählen:
„Die Schaukel“
„Der Maler Gerd Gisder, der lange Zeit für den Film und später für das Fernsehen arbeitete, bekam einmal, nachdem er sich als freier Künstler niedergelassen hatte, von einem reichen Fabrikanten den Auftrag, das Leben darzustellen.
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Gerd Gisder nahm an und versprach, sein diesbezügliches Werk binnen einer Woche zu fertigen.Als nach Ablauf der gesetzten Frist der Fabrikant sich wieder bei dem Künstler meldete, war dieser gespannt, was denn auf der Leinwand zu sehen sein werde.
Vielleicht hatte Gerd Gisder einen Baum als Lebensbaum oder einen Weg als Lebensweg oder gar Wasser als Ursprung und Quelle des Lebens gemalt.
Der Künstler führte den Fabrikanten in sein Atelier. Auf der Staffelei stand ein Ölgemälde. Die Verwunderung des Auftraggebers über das Dargestellte war groß.Er starrte lange auf das Bild.
Seine Augen schienen zu fragen: „DAS soll das Leben symbolisieren?“
Der Künstler nickte und dann, als hätte er die Gedanken des Mannes erraten, erklärte er:„Ja, eine Schaukel! Sie versinnbildlicht für mich am besten das Leben!“
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Und er zeigte auf die Schaukel, die nicht starr nach unten hing, sondern Anlauf nahm zum Aufschwung.Er führte dann aus: „Sitzen Kinder oder Verliebte darauf, ist sie ständig in Bewegung wie alles Leben. Ihr Prinzip ist das Auf und Ab; gleich den Höhen und Tiefen, die in jedem Dasein vorkommen.“Nach einer Pause setzte er hinzu:
„Wenn man es sehen will, hat das Leben mehr Höhen als Tiefen.“Dann schwieg er und meinte nach der Pause mit fester Stimme:
„Aber auch, wenn ich ein Tief durchmache, habe ich die Gewissheit, dass ich gehalten werde.“
Ihr Lieben,
als mein jüngerer Sohn so etwa vier Jahre alt war, war es für ihn das Schönste auf der Welt, mit mir auf einen Spielplatz zu gehen und sich dort auf eine Schaukel zu setzen, um zu schaukeln.
Zunächst musste ich ihn immer etwas „anschupsen“, damit die Schaukel in Bewegung geriet, aber schon bald hatte er heraus, worauf es bei dem Schaukeln ankam: Auf den Einsatz der Arme und vor allem der Beine. Von da an war er kaum noch zu bremsen.
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Er gewann so viel Freude am Schaukeln, dass er mit samt der Schaukel davongeflogen wäre, hätte ihn die Kette nicht gehalten, und so manches Mal hatte ich fast die Befürchtung, er könne in seiner Begeisterung für das Schaukeln es gar so weit treiben, dass er nicht nur hin und her schaukelte, sondern einen Überschlag über die ganze Schaukel vollbringen würde. Aber dazu ist es zum Glück nie gekommen.Als ich ihn einmal fragte, warum er denn keine Angst vor dem Schaukeln habe, er könne doch z.B. mal von der Schaukel fallen, entgegnete er mir voller Vertrauen:
„Mir kann nicht passieren. Du, Papa, bist ja dabei. Wenn ich von der Schaukel falle, dann fängst Du mich ja auf!“
So ähnlich ist das auch mit dem Leben.Im Leben geht es wie auf der Schaukel mal rauf und mal runter.
Wer Euch erzählt, dass das Leben eine einzige Wanderung auf einer Straße der Freude und des Glücks sein kann, der belügt Euch. Niemand bleibt im Leben von Leid, von Schmerzen, von bitteren Erfahrungen verschont.
Aber in allem Leid, in allem Schmerz, in allen bitteren Erfahrungen dürfen wir wie auf der Schaukel wissen, es geht wieder aufwärts, unser Leid, unser Schmerz, unsere bitteren Erfahrungen sind nicht von Dauer.
Wer sich vor dem Schmerz, dem Leid und den bitteren Erfahrungen schützen möchte, der muss auf das Leben verzichten.
Wer sich auf eine Schaukel setzt und die Schaukel im Ruhezustand belässt, der erfährt nichts von der Freude eines Kindes, die man empfinden kann, wenn man schaukeln und die Schaukel dem Himmel zuzustreben scheint.
Die Schaukel wird erst dann wirklich zur Schaukel,
wenn sie in Bewegung gesetzt wird.
So ist das auch mit dem Leben: Erst wenn wir uns auf das Leben mit seinem Gefahren, seinem Leid, seinem Schmerz und seinen bitteren Erfahrungen einlassen, dann bekommen wir das volle Leben geschenkt, das zwar Leid, Schmerz und bittere Erfahrungen mit sich bringt, das aber in viel größerem Maße erfüllt ist von Freude, von Liebe, von Zuversicht, von Hoffnung, von Zuwendung, von Freundschaft, von Ermutigung.
Dass das so ist, auch das zeigt uns die Schaukel:
Wenn Ihr einmal mit Euren Kindern oder Enkelkindern auf einen Spielplatz geht, dann beobachtet doch einmal, wie oft die Schaukel „unten“ ist und wie oft die Schaukel „oben“ ist. Bei der Schaukel ist das Kind zwei Mal oben (vorne und hinten) und einmal unten (in der Mitte).
Also lasst Euch nicht entmutigen, was das Leben betrifft.
Und noch ein Letztes:
Jedes Kind, ob es nun zusammen mit seinen Eltern oder Großeltern auf den Spielplatz geht oder allein, verlässt sich, ohne weiter darüber nachzudenken, darauf, dass die Ketten, an der die Schaukel hängt, fest sind und nicht reißen werden.
Wenn wir glücklich und zufrieden leben wollen, wenn wir nicht nur die Zeiten der Freude, des inneren Friedens, des Glück, der Liebe erleben wollen, sondern auch die Zeiten des Leides, des Schmerzes und der bitteren Erfahrungen in Gelassenheit und Ruhe durchstehen wollen, dann brauchen wir Vertrauen in das Leben, oder wie ich das ausdrücken würde, in Gott.
So wie mein jüngerer Sohn von dem tiefen Vertrauen getragen war „Mein Papa wird mich schon auffangen, wenn ich von der Schaukel falle", so dürfen wir uns geborgen wissen in der Hand des Lebens, in der Hand Gottes.In der Hand des Leben, in der Hand Gottes können wir umfallen, krank werden, Leid erfahren, Schmerz erleiden, bittere Erfahrungen machen, nur eines können wir nicht:
Wir können NICHT aus der Hand des Lebens, aus der Hand Gottes herausfallen.
Ich wünsche Euch nun einen fröhlichen Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer Werner, der auch heute noch ab und zu gerne schaukelt
Quelle: Karin Heringshausen