Das Lachen und der Tod von Pieter Webeling

9783453418110_Cover[1]Kann man angesichts einer auf Totalität ausgerichteten Endlösung, einer industriellen Tötungsmaschinerie mit dem Ziel eines judenfreien Europas, kann man angesichts dieses entmenschlichten, nationalistischen Wahnsinns,  sich als Opfer inmitten des Grauens Humor bewahren?

Kann man es, wenn man wie Ernst Hoffmann, Amsterdamer und Jude, ein erfolgreicher Komiker gewesen ist?

Pieter Webeling lässt in seinem Roman: “Das Lachen und der Tod”  Ernst Hoffman erzählen, dessen Geschichte vor einem Viehwaggon beginnt , ausgerichtet für sechs Kühe oder Pferde,  in dem sich jetzt zehnmal soviel Menschen drängen, zusammengepfercht.  Ein Wunde am Kopf, zugefügt von einem humorlosen SS -Aufseher, der die Frage ob das hier der 1. Klasse Wagen sei nicht witzig fand.

“Mir schien es sinnlos, sich über unser Reiseziel Gedanken zu machen, denn alle Weichen waren falsch gestellt. Hoffentlich fahren wir nach Polen, sagte ein Junge in meiner Nähe fröhlich. Warum willst du nach Polen?, fragte ich. Weil mein Vater schon dort ist.”

Dann die Ankunft im Lager, das Schreien, die Schläge, Selektionen, später Desinfektion, Tätowierung, Kahlrasur, Neueinkleidung.

Noch später- der erste Zählappell.

” Ich sah mich vorsichtig um. Überall diese kahlen, stramm stehenden Männer in gestreiften Schlafanzügen. In weniger als einer Stunde waren diese Antiquitätenhändler, Anwälte, Lumpensammler, Buchhalter, Apotheker, Vertreter, Setzer, Ärzte, Textilverkäufer und Künstler numeriert und gleichgeschaltet worden.

Versuchte Entmenschlichung.

In düsteren Baracken zusammengepfercht, hungernd, eine Zwangsgemeinschaft unter der Aufsicht eines Kapos. Mit diesem hat Hoffmann Glück, denn der Kapo überredet Hoffmann zu einem Lachen pro Tag. Es beginnt als Wettbewerb um den besten Witz des Tages, aber schon bald tritt Hoffmann wieder auf, abends in der Baracke, bis der Lagerkommandant, ein Anhänger des Kabaretts davon erfährt und Hoffmann ein verlockendes Angebot unterbreitet.

Der Lagerkommandant möchte ein Lagerkabarett, er weiß von einem Lager in dem sogar eine ganze Oper aufgeführt wurde. “….treten sie vor meinen Leuten auf. Die brauchen schließlich ebenfalls etwas Unterhaltung nicht wahr? Wir arbeiten hart , aber wir lachen auch gern”.

Hoffmann lehnt zunächst ab und wird einem Sonderkommando zugeteilt.

Gaskammern, Krematorien, Massengräber, Kapos, Kulturbaracke, Verdi zur  Selektion, dass alles ist erzählbare Oberfläche in Webelings Roman. Anfangs war ich hin und hergerissen in der Bewertung, ob der Roman von Webeling diesem Wahnsinn, diesem Grauen gerecht werden kann.  Man kann dieses Buch gut weglesen trotz all des beschriebenen Grauens, das fand ich irritierend. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb, glaube ich das dieses Buch Geschichte weitergeben kann, die nicht in Vergessenheit geraten darf.

“Das Lachen und der Tod” von Pieter Webeling erschien 2015 im Heyne Verlag(Random House Verlagsgruppe).

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.



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