Das Institut der letzten Wünsche
Antonius Michaelis
Knaur, 2015
978-3426653654
19,99€
Die verträumte Mathilda arbeitet für eine Organisation, die sterbenden Menschen ihre letzten Wünsche erfüllt. Ein letztes Mal Schneeflocken spüren mitten im Hochsommer, Maria Callas live erleben oder in einem stillgelegten Vergnügungspark Riesenrad fahren – alles kein Problem, kleine Tricks inbegriffen. Das ändert sich, als Mathilda Birger begegnet. Denn er wünscht sich, vor seinem Tod noch einmal seine große Liebe Doreen und ihr gemeinsames Kind wiederzusehen. Mathilda soll sie für ihn suchen – nur will sie Doreen eigentlich gar nicht finden, denn sie hat sich auf den ersten Blick in Birger verliebt.
Irgendwann einmal wollte Mathilda Ärztin werden und jetzt? Im Institut ist immer was tun, und meist hat sie keine Zeit, sich Gedanken über sich selbst zu machen. Sie ist ein bisschen verträumt, aber in manchen Momenten auch realistisch. Sie ist zerbrechlich und auf eine andere Art stark.
Birger ist Realist. Verstreut, reich und einfallsreich. Als er auftaucht wird sichtbar, was Mathilda fehlt, aber wovon sie auch zu viel hat. Die beiden bilden ein schönes Gegensatzpaar.
Alle anderen Figuren sind fein ausstaffiert. Die eine mehr resolut, die andere liebevoll. Ein Mann ist ein guter Handwerker, verloren und einsam und findet später, was er sucht. Es ist ein Buch der Wünsche und jede Figur hat ihren ganz eigenen.
Ein Hinterhof für ein Institut, das eigentlich wertvolle Arbeit leistet. Ein Bild, das für vieles in unserer Welt und Gesellschaft stehen kann. Später im Ärger, denke ich oft, dass wir einiges falsch machen, aber auch vieles richtig.
Was passiert, wenn wir einmal sterben? Was wünschen wir uns dann einmal noch und wer kann diesen Wunsch erfüllen? Meist wollen wir noch einmal “Danke” sagen oder “Verzeih mir”. Oder man sucht noch einmal einen Ort auf, liest noch einmal ein Buch, streichelt jemandem noch einmal die Wange.
Welche Wünsche Menschen haben können, erfährt Mathilda jeden Tag. Maria Callas soll noch einmal singen? Kein Problem. Schnee? Auch kein Problem. Aber schon wieder noch einmal Weihnachten feiern?
Mathildas Leben besteht selbst aus vielen “Noch einmal”. Soll sie es noch einmal versuchen? Soll sie weiter suchen für Birger? Soll sie alles sagen oder noch einmal nichts?
Zwischen all den Wünschen ist noch soviel mehr verpackt: Liebe und Geborgenheit, die Suche nach dem Nichts und dem Alles. Die Frage, ob man alles richtig gemacht hat oder vieles falsch. Antonius Michaelis schafft es, einige Dinge gerade zu rücken. Die Frage nach dem “Danach”. Die Frage nach dem “Leben”.
Oft habe ich geseufzt, denn die Wünsche waren schön. Oft habe ich mit Mathilda gelächelt, wenn sie mit ihrem Hund ein Zwiegespräch hielt. Es war ein fast perfektes Buch. Ob mit Happy Ende oder ohne wird nicht verraten.
Den Punktabzug gibt es, weil ich umsonst gehofft habe, nicht mit mir zufrieden war und das Buch am Ende tatsächlich zu Ende war. Komische begründet, aber oft gab es schon den Wunsch: “…dass ein Buch nie enden soll.”
Gib mir einen Regenschirm und ich tanze für Dich. Gib mir einen Sonnenschirm und ich verstecke mich. Willst du Schnee, dann lasse ich es schneien. Ein verträumtes, seliges aber auch leichtes Cover sorgt für den perfekten Blick auf diesen Roman.
Ich weiß nicht, ob ich in so einem Institut arbeiten könnte. Es wäre zu traurig, aber vielleicht auch zu glücklich. Antonia Michaelis hat einen schönen Roman geschrieben, der Sommer wie Winter für ein paar traurige, aber ich schöne Momente sorgen kann.