Das heilige Buch

Seit gut zwei Wochen ist die Neuauflage des heiligen Buches zu haben. Ein kleines Oeuvre nur, gedruckt auf dünnem Papier, deutlich mehr Bild als Text und das, was da geschrieben steht ist noch nicht mal besonders tiefgründig. Erhältlich ist das begehrte Stück am Ausgang jeder Migros-Filiale. Also eindeutig ein Produkt für die Massen, ohne jede Chance auf den Literatur-Nobelpreis.

Dennoch wird wohl kaum ein Werk so eifrig studiert wie dieses. Vor allem die Drei- bis Siebenjährigen legen es kaum mehr aus der Hand. Man erzählt von überdurchschnittlich intelligenten Vierjährigen, die im Schlaf auswendig daraus rezitieren. Und dann erst die Kritiken, einfach unglaublich. „Dieser Dino hier ist der Schönste, den ich je gesehen habe! Und schau dir nur diese Ritterburg an. Soooooo coooool! Wow, der Bagger hier ist der Hammer…“ Wenn sie mal angefangen haben mit Loben, dann können sie gar nicht mehr aufhören damit. Gute Literatur verleitet bekanntlich auch zum Träumen und so heisst es bald einmal „Diesen Teddy will ich unbedingt haben und die Legos wünsche ich mir auch und dann natürlich noch das Riesenpuzzle und das Piratenkostüm…“

Natürlich ruft dies sogleich die Miesepeter auf den Plan. Menschen, die auch im heiligsten aller Bücher Fehler ausfindig machen müssen. „Aber die Puppe ist doch vollkommen überteuert“, kritisieren sie. „Findest du dieses Monster nicht auch fürchterlich geschmacklos“, mäkeln sie. Und dann, zum Schluss ihres üblen Verrisses, das vernichtende Gesamturteil: „Was willst du mit all dem Mist bloss anfangen?P Und hast du dich überhaupt schon mal gefragt, wer das alles bezahlen soll?“

Ein wahrer Liebhaber lässt sich dadurch die Freude am heiligen Buch nicht nehmen. Im Gegenteil, er läuft zur Hochform auf und gerät so sehr ins Schwärmen, bis die Kritiker kleinlaut zugeben müssen:“Ja, diese Holzeisenbahn ist tatsächlich ganz toll. Lass mich mal sehen, wie viel sie kostet…“

Die Kritiker lassen sich also meist rumkriegen. Richtig schlimm aber sind jene, die den Glauben an das heilige Buch verloren haben. Es sind diejenigen, die vor wenigen Jahren noch ebenso ehrfürchtig über dem Werk gebrütet hatten, die nun aber nur noch Hohn und Spott übrig haben dafür. „Sieh dir mal diesen Bob de Soumaa an! Soooooo peinlich. Und dann erst die hässlichen Barbies. Früher fand ich die ja noch schön, aber jetzt…“

Auch damit könnten die Liebhaber des heiligen Buches wohl noch klar kommen, aber wenn einer der vom Glauben abgefallenen zur Schere greift und die bunten Bilder zu einer absurden Collage zusammenfügt, dann ist das des Guten zuviel. Dann gibt’s nur noch eins: Ab in die nächste Migros-Filiale, um sich ein neues Geschenkebuch zu holen. Wie soll man denn ohne der Mama und dem Papa beibringen, was sie unter den Tannenbaum legen sollen?

Das heilige Buch



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