(Berlin, 26. Juli 2010) Seit gestern ist die 97. Tour de France Geschichte – ob sie auch eine „dopingfreie“ Tour war, bleibt abzuwarten. Untersuchungen laufen laut Spiegel Online bereits gegen den Radsuperstar Lance Armstrong und den diesjährigen besten Sprinter Alessandro Petacchi. Trotzdem brüstete sich der Tourendirektor Christian Prudhomme schon kurz nach Beendigung des Rennens damit, dass kein einziger Dopingfall bekannt geworden sei.
Sollte der Verdacht sich nicht bestätigen, wäre dies für die meisten Zuschauer überraschend. Fast seltsam ist es da, dass das Rennen nach wie vor keinerlei Imageprobleme zu haben scheint. Die Tour ist bereits einer der großen Mythen der Moderne. So jährte sich dieses Jahr die Überquerung des Col du Tourmalet zum 100. Mal. 1910 wurde der 2.155 Meter hohe Straßenpass in den französischen Pyrenäen zum ersten Mal in das Tourenprogramm übernommen – damals war die heute gut ausgebaute Straße nicht mehr als ein Trampelpfad, in den Pyrenäen gab es sogar noch wilde Bären. Die Gangschaltung wurde erst 1937 zugelassen. Wenig verwunderlich, dass der damalige Gesamtsieger Octave Lapize die Streckenverantwortlichen aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades als Mörder bezeichnete. 2010 mussten die Fahrer aufgrund des Jubiläums den Pass gleich zweimal bezwingen.
Das 100-jährige Jubiläum feierte die gesamte Tour bereits 2003, nur in den Jahren während der beiden Weltkriege wurde nicht Rad gefahren. Mit einer Länge von 2.428 Kilometern war dieses erste Rennen zugleich das kürzeste in der Geschichte der Tour de France, schon 1926 betrug die Distanz unglaubliche 5.745 Kilometer. Seit dem Doping-Skandal von 1998, der so genannten Festina-Affäre, wurde die Streckenlänge reduziert und beträgt heute durchschnittlich 3.500 Kilometer. Auch die einzelnen Etappen sind heute mit maximal 250 Kilometern pro Tag fast um die Hälfte kürzer als die mit 482 Kilometern längste jemals gefahrene Tagesetappe von 1919.
Gegründet wurde die Tour übrigens als Werbemaßnahme von einer Zeitung – der französischen Sportzeitschrift L’Auto. Schon fünf Jahre später führte der damalige Tourendirektor und Chefredakteur der Zeitung die Werbekolonne ein, die auch heute noch mit Ihren Werbegeschenken beim Publikum heiß begehrt ist.
Und wer jetzt denkt, die Skandale der Tour de France sind ein Produkt des modernen Konkurrenzdrucks, der irrt. Schon beim zweiten Rennen 1904 wurden 73 von 88 Fahrern nachträglich aus der Rennwertung ausgeschlossen – sie hatten geheime Absprachen getroffen, waren unerlaubt Auto bzw. Eisenbahn gefahren und hatten Nägel auf die Fahrbahn gestreut.
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