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GTL | 10.4.2014 | Kommentare (0)
Das Gute kommt aus der Apotheke ....
"Das Gute kommt aus der Apotheke .... und die Ärzte sind geldgierige Säcke."
könnte man einen seit vielen Jahren von der Österr. Apothekerkammer getrommelten Werbeslogan paraphrasieren.
Abgesehen von den Hausapotheken bei etwa 950"Landärzten" erfolgt die Medikamentenversorgung der Patienten über standortgesicherte Apotheken. Die 2006 in der Apothekengesetznovelle festgelegte Sicherung der ärztlichen Hausapotheken wurde vom Obersten Gerichtshof 6/12 aufgehoben.
Dies ist nachvollziehbar, denn die ärztliche Entscheidung für oder gegen eine medikamentöse Therapie sollte keinen direkten Einfluss auf sein geschäftliches Ergebnis haben.
Die Österreichische Ärztekammer hat nun einen auf den ersten Blick genialen Schachzug gemacht
(http://diepresse.com/home/leben/gesundheit/1576177/Aerzte-wollen-mehr-Hausapotheken
http://kurier.at/chronik/niederoesterreich/medikamente-direkt-vom-arzt-plan-sorgt-fuer-aufruhr/56.973.450):
Ärzte sollen bestimmte Routinemedikamente im Bedarfsfall an ihre Patienten abgeben dürfen aber dafür kein indiuviduelle Honorar verrechnen dürfen, sondern so wie in manchen Schweizer Kantonen, nur ein umsatzunabhängiges Honorar für die Vorhalteleistung an sich bekommen.
Proteste der Apothekerkammer kamen wie erwartet.
Klar, für den fiebernden Patienten ist es praktischer sein Medikament gleich mit der Diagnose seines Infektes zu bekommen und nicht noch extra eine offene Apotheke suchen zu müssen. Für die Apotheken bedeutet dies aber, dass sie um die Möglichkeit umfallen, zusätzlich zu den rezeptierten Spezialitäten noch ein paar andere Goodies an die Frau (seltener an den Mann) zu bringen: Homoeopathika, Pflegeprodukte, ... etc.
Die Medien mögen sich über die Kampfhähne freuen, vergessen aber einen still im Hintergrund agierenden "Dritten Mann":
Die Rolle des Medikamentengroßhandels.
Zwischen den ca. 2.100 Herstellern medizinischer Produkte und den ca 2300 Kunden (Anstaltsapotheken (ca 25% des Marktes), Öffentlichen- und Filialapotheken (ca. 75% des Marktes, die auch die ca. 959 ärztliche Hausapotheken versorgen) steht der Pharmagrosshandel mit 8 Großhandelsunternehmen, die 95% des heimischen Marktes kontrollieren. Die drei größten Unternehmen der Branche erreichen zusammen einen Marktanteil von über 80 %. Zwei davon sind zudem Töchter der größten paneuropäisch tätigen Großhandelskonzerne und damit international integriert.
Innerhalb der EU gibt es ca, 700 Großhändler.
Auch den deutschen Pharmagroßmarkt teilen sich Heute teilen sich im Wesentlichen fünf Großhändler Phönix, Alliance Healthcare, Celesio, Noweda und Sanacorp auf.
Die Player in Österreich heißen:
G & M Pharma, Grabner-Marik GroßhandelsGesmbH, 5280 Braunau/Inn, oÖ, regionale Schwerpunkte Salzburg, oÖ, NÖ und Steiermark;
Spezialvertrieb von diätischen Nahrungsmitteln, eigene Produktion
Herba Chemosan Apotheker AG, 1110 Wien, Marktführer in Österreich mit nahezu 50 % Marktanteil
Jacoby Pharmazeutika AG, 5400 allein-Kaltenhausen, Salzburg, Familienbetrieb mit 150 Mitarbeitern, betreut Kunden in Westösterreich, zusätzlich oTC-Produkte, Veterinärmedizin und Ästhetische Medizin
L. Kögl Pharma GmbH, 6020 Innsbruck, Tirol, Region Vorarlberg, Nord-, Süd- und Osttirol; in den 90er-Jahren europaweit Pionier bei der papierlosen Kommissionierung des gesamten Warenflusses
Kwizda Pharmahandel GmbH, 1200 Wien, ehemaliger k. k.-hoflieferant, heute internationale Ausrichtung
Pharmosan Handelsgesellschaft mbH, 1120 Wien, 1977 von Sigismund Mittelbach gegründet; die Pharmosan-Unternehmensgruppe
produziert auch Nahrungsergänzungsmittel der Marke „Nutrico“.
Phoenix Arzneiwarengroßhandlung GmbH, 1140 Wien, unter dem Dach der PhÖNIX Group, dem zweitgrößten Pharmahandelsunternehmen in Europa
Richter Pharma AG, 4600 Wels, OÖ, www.richter-pharma.at human und Marktführer in Veterinärgroßhandel;
Jetzt sind zwischen Hersteller und Detailverkäufer geschaltete Logistikbetriebe an sich nichts Besonderes, jedoch warfen Naturalrabatte an Apotheken und Ärzte in der Vergangenheit immer wieder ein schiefes Licht auf die Branche.
2008 deckte der Stern auf, wie sich deutsche Großapotheken über einen in Wien beheimateten Verein (Global Apo) umsatzabhängige Rabatte überweisen liessen. Es mag bezweifelt werden, dass die Branche in Österreich nicht auf vergleichbare Ideen gekommen ist.
(http://www.stern.de/wirtschaft/news/pharma-skandal-die-geheime-kasse-der-apotheker-647389.html)
2013 kamen die deutschen Apotheken nach einem Spiegelartikel ins Gerede, weil sie (verschlüsselte) Verschreibungsdaten an die Firma IMS Health weiterverkauften. Für Österreich stellte sich aber dann heraus, dass diese Daten hier von Ärzten zT ohne deren Wissen abgeaugt werden
(http://www.unwatched.org/20130821_Verschreibungsdaten-Skandal_Aerztekammern_und_Datenschuetzer_pruefen_Konsequenzen
http://www.unwatched.org/20130830_Skandal_um_Gesundheitsdaten_Heimlich_Schnittstellen_in_Ordinationen_installiert).
Der "Große Datenskandal bei Apotheken" (http://oesterreich.orf.at/stories/2605702/) bei dem u.a. die Rezepte des Bundespräsidenten im Magazin NEWS landete weil jemand die Festplatte des größten Apotheken-Softwaresystem Österreichs (AVS-System des Österreichischen Apotheker-Verlags) kopiert hat, regte nur kurz auf und wurde weniger als Beispiel für die Gefährlichkeit eines hochkonzentrierten Marktes gesehen als als Argument gegen ELGA.
Als die Österreichische Post auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern war und das Oligopol des Pharmagroßhandels aufzubrechen drohte, (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/rabatte-fuer-apotheken-oesterreicher-mischen-pharmahandel-auf-12533732.html) wurde kurz wieder öffentlich über Rabatte an die Apotheken gesprochen.
Rabatte und Handel mit Marktdaten sind ja aus allen Branchen wohlbekannt, nur in direkten Gesprächen mit befreundeten Apothekern hört man aber von einer meiner Meinung nach viel problematischeren Verstrickung zwischen Großhandel und der einzelnen Apotheke:
Während von den ganz wenigen Gruppenpraxen abgesehen
die ärztliche Praxis einem einzelnen Arzt zugeordnet werden kann, ist dies bei den Apotheken anders.
Häufig gehören mehrere Apotheken ein und der selben Gruppe - oft branchenfremder - Investoren oder ein wohlhaben gewordener Apotheker leistet sich mehrere Standorte.
Vergleichbar mit den früheren Brauereimonopolen binden sich viele Apotheken oder Apothekengruppen mit Exklusivverträge an einen einzigen Großhändler, wobei wohl vermutet werden kann, dass sich der für diese freiwillige Beschränkung erkenntlich zeigen wird.
Schon bei der Gründung einer Apotheke und natürlich bei der Weitergabe spielt der Großhandel eine wichtige Rolle. Natürlich will man ja seinen Kundenstock nicht verlieren.
Da ist man doch gerne mit der Planung und Finanzierung etwas behilflich ....
Selbstverständlich werden diese Aktivitäten des Pharmagroßhandels an der Front nicht öffentlich und beeinflussen den Markt in einer unerwünschten Weise, nur bleibt dies innerhalb der Branche und wird deshalb nicht öffentlich. Schließlich haben ja alle was davon - wenn sie bereits im Boot sind.