Ganz ehrlich? Ich hasse diese Erdbürokratie. Warum muss ich drei Tage am äußeren Perimeter des Sonnensystems warten, bevor ich meine Fracht auf einem der Jupiter-Monde abkippen kann? Ja, ich weiss, die Erde hat Angst vor der Plexusgrippe, aber die blöden Jupiterminen sind vollautomatisiert, da treibt sich kein Mensch rum. Ok, das ist jetzt politisch inkorrekt. Natürlich treibt sich kein Mensch dort rum, aber einige Solminer aus dem System Alpha-IV und die sind immun.
Die Plexusgrippe geht von einem niedlichen Virus aus, der auf Plexus nur ein Niessen verursacht, aber der bei 75% der Erdbevölkerung zum Tode führt. Da ich einer wenigen immunen Menschen bin, kann ich Trips nach Plexus wagen und mir meinen Lebensunterhalt verdienen. Plexus besitzt reiche Galtaritvorkommen und ich transportiere dieses Erz zu den Jupiter-Monden. Als Bonus gibt es auf Plexus die schärfsten Damen der ganzen Galaxis. Sie sehen nicht nur gut aus, sondern haben auch noch unglaubliche Talente, die einem glatt den Verstand rauben können. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass einige Erdenmänner Plexus nie wieder verlassen haben, also zumindest nicht auf eigenen Beinen.
Die Plexusdamen wollen kein Geld dafür, denn diese Art der Gastfreundschaft ist genetisch bei ihnen verankert. Außerdem mögen sie Erdenmännern, denn sie können nicht von ihnen schwanger werden und Verhütung ist auf Plexus eine Straftat. Das liegt nicht an einer religiösen Grundeinstellung, sondern daran, dass die Bevölkerung seit Jahrhunderten schrumpft, weil es zu genetischen Unregelmäßigkeiten kam. Dadurch kann sich jetzt nicht mehr jeder Plexianer mit jeder Plexianerin paaren. Ok, sie können sich schon paaren, aber beide sterben danach, was den Paarungsakt irgendwie ad absurdum führt. Aus diesem Grund gibt es achtfach gesicherte Gentests, die feststellen, ob ein Paar eine Familie werden kann oder nicht.
Simita, meine liebste Plexianerin, hat mir erzählt, dass es ca. 20 Kurzbeziehungen braucht, bis man einen Partner gefunden hat, mit dem man es versuchen will und der gleichzeitig genetisch passt. Plexianer sind beziehungstechnisch sehr schwierig, deswegen dauert das Finden eines möglichen und dann auch noch genetisch passenden Partners sehr lange. Damit erklärt sich dann auch, dass es gleich mit einem Kind klappen muss und kein einziger Sexualakt verschwendet werden darf.
Mir ist das ganz recht, denn Erdenfrauen sind nicht mein Ding. Sie sind so kompliziert und können mit meiner Rumfliegerei nichts anfangen. 10 von 12 Monaten im Jahr bin ich unterwegs und die restlichen 2 Monate will ich nur entspannt an einem Erdmeer oder See verbringen. Wasser im Überfluss, so sieht mein Traumurlaub aus, denn im Weltall ist Wasser rationiert. Man kann zwar hier und da auftanken, aber nicht auf jeder Welt ist Wasser reichlich vorhanden oder billig.
Aber in der Erzstation wird es reichlich Wasser geben, also gönne ich mir jetzt ein verschwenderische schwerelose Dusche mit viel Wasser. Es tanzt immer so schön in kleinen Perlen um mich herum und ich schwebe hindurch und lasse die kleinen Perlen auf meiner Haut zerplatzen. Dazu noch einige altmodische Musikstücke von der Erde und man ist im Himmel. Gut, mit Simita zusammen wäre es der Hammer, aber das muss ich ja nicht extra noch erwähnen.
Ich freue mich auf die Erzstation, nicht nur wegen des vielen Wassers, sondern auch wegen ihrer Bewohner. Die Solminer sind ein komisches, aber geselliges Völkchen. Sie ähneln zwar grob den Menschen, aber sind krasse 4 Meter gross. Auf der Erde hat sich das Schimpfwort Abohne eingebürgert. Quasi als Kurzform von Alpha-IV-Bohnenstange, denn die Solminer sind nicht breiter als wir, nur größer. Sie haben unsere Sprache gelernt und sind verdammt gute Pokerspieler. Was soll man sonst in einer einsamen vollautomatischen Erzaufbereitungsanlage machen? Ihr Sexualtrieb ist auch nicht so ausgeprägt wie bei uns Menschen. Sie sind nur alle 7 Jahre paarungsbereit und deswegen arbeiten Männer und Frauen ca. 6 Jahre problemlos zusammen ohne auch nur ansatzweise mit Hormone rumzuhantieren.
Während ich vor Tor IV des Erdsystems antriebslos rumschwebe, lege ich mir also meine Pokerideen zurecht. Wer einen Solminer geschlagen hat, der wird zur Legende im Sonnensystem. Ich bin eine solche Legende und deswegen immer wieder ein gern gesehener Gast. Schließlich wollen mir es alle Solminer heimzahlen, dass ich ihren Grossmeister K-Tu geschlagen habe. Warum musste der Kerl auch unbedingt meinen hyberjanischen Whisky trinken? Menschen könnten das Zeug für Kefir halten und merken auch nicht mehr als nach einem Glas Kefir, aber Solminer ticken völlig aus. Es ist eine Mutprobe für sie und K-Tu prahlte halt, dass er immer und unter allen Umständen gewinnt. Naja, die Idee mit der Whiskeywette war von mir... und ich bin immer noch stolz drauf.
Die Erdverwaltung hat mir zwar dann 200 Währungen als Strafe abgeknöpft, was ungefähr 2 Jahreslöhne für mich sind, aber mir war das egal, denn jede Solminer zollt mir nun Respekt und ich hatte sowieso 450 Währungen gewonnen. Also immer noch ein guter Schnitt. Die Strafe gab es übrigens für den Whiskey, nicht für das Pokern.
Aber Respekt und Geld machen das Rumtreiben vor Tor IV nicht schöner. Man darf niemanden empfangen, man darf den Bannkreis nicht verlassen und wer sich zu nahe an einen anderen Wartenden manövriert, der darf gleich nochmal 3 Tage absitzen.
Nach meinem ausgiebigen Schwebebad wende ich mich jetzt erstmal meinem Logbuch zu, denn das werden sich die Erdbürokraten gleich runterladen, wenn ich durch das Tor fliege. Also muss ich es noch etwas den Erwartungen angleichen. Man sollte nicht am Ganymed III haltgemacht habe. Auch ist der Mitflug in einem der Veganischen Raumsterne eher ungern gesehen. Das ist alles nicht illegal, könnte aber Fragen aufwerfen. Wobei so ein Veganischer Raumstern der Hammer ist. Das Ding ist so gross wie der Erdmond, hat Platz für 1000 Raumschiffe im Inneren und dabei können alle Besatzungen auch noch von Bord gehen und sich amüsieren.
Die Veganer haben die Raumsterne eigentlich als Ersatzwelten für ihren Planeten gebaut, aber da die Reise mit ihnen so populär und vor allem schnell ist, nehmen sie jetzt bei ihrer Dauerreise durchs All immer wieder Anhalter mit. Man drückt einige Währungen ab und kann dann mit den Veganer durch den gekrümmten Raum reisen. Was sonst einen Monat dauert, kann man in einem Tag erledigen.
Der Name Veganer ist übrigens saudoof, weil die Jungs und Mädels sowas von viel Fleisch verzehren, schon fast nicht mehr feierlich. Es geht auch das Gerücht um, dass sie auf dem ein oder anderen Planeten auch mal einen Bewohner mitgehen lassen. Das ist auch der Grund, warum man lieber nicht mit ihnen mitfliegen sollte... man könnte zum Döner werden. Wobei ich hier glücklicherweise von meinem Ruf zehren kann, dass ich die Solminer einmal bei Poker geschlagen habe.
Poker ist übrigens der Erdexportschlager in der Galaxis. Aus komischen Gründen finden es alle Nichtmenschen toll und einmal pro Erdenjahr wird in unserem Sonnensystem die Galaktische Meisterschaft ausgetragen. Ok, die Solminer gewinnen eigentlich immer, aber man hat quasi den zweiten Platz zum ersten Platz gemacht und streitet darum. Oder anders gesagt, wer als Letzter gegen einen Solminer verliert, hat gewonnen.
Die Erde ist auch Alleinproduzent von Spielkarten. Der galaktische Rat hat hier einen Herkunftsschutz erlassen. Natürlich gibt es illegale Nachdrucke, aber insgesamt gesehen, wollen alle nur mit Erdkarten spielen. Das mache ich mir natürlich zu nutze und habe immer ein große Kiste mit Kartenspielen dabei. Die kleine halblegale Zweitwährung für besondere Anlässe.
Nicht dieses durchdringende Geräusch bitte - der Annährungsalarm plärrt und damit dürften mir nochmal drei Tage in der Einöde sicher sein. So ein Mist. Mal sehen, wer es ist?!
Solminer? Hier und dann auch noch neben meinem Frachter? Solminer sind eigentlich überhaupt nicht weltraumgeil und lassen sich meist nur in Stasis transportieren bzw. von den Veganern, weil man da nicht merkt, dass man auf einem Schiff ist. Habe ich was verbrochen? Pokerschulden sind bezahlt, Fracht ist noch in Ordnung und für meine Warteschleife kann ich doch nix.
"NSS-234, machen sie sich bereit, einen Besucher an Bord zu nehmen." Nein... nicht auch noch einen Besucher, das versaut mir ja meine ganze Planung. Sekunden später klopft es auch schon an der Schleuse. Ich aktiviere die Gravitation und stampfe langsam hinüber. Keine Parasiten, keine Bakterien, keine Strahlung und kaum Geruch laut Analyse. Könnte glatt eine frischgeduschte Plexianerin in der Schleuse sein, aber soviel Glück habe ich nicht.
Ich öffne die Schleuse und was ich sehe verschlägt mir sofort die Sprache. Sekunden später sitze ich auf meinem Hosenboden und starre nur noch fassungslos auf meinen Gast.