Das Bild am Sonntag: Piet Schlendrian

Das Bild am Sonntag: Piet SchlendrianLiebe Leser!

Habt ihr alle Kaffee? Ich fürchte, das dauert heute wieder etwas länger…und, ja, ich weiß, dass ich eine Deadline habe, jetzt macht mich mal nicht nervös hier, sonst fang ich an zu stottern und dann dauert das noch länger!

Also, das war so. Ich geh ja, wenn das Wetter es zuläßt ( oder das Bier alle ist ), abends gerne auf meinen kleinen daily walk. Und eigentlich muss ich ja rein, wenn die Laternen angehen, aber jetzt lagen die Umstände halt so, dass in Esens schon Licht an war und die Frau Groka war noch draußen. Und ich schwör mit Blut, diesmal hab ich keine Industriespionage betrieben, aber die malende Zunft von Esens hat nun mal Schaufenster. Und ich schlender da so rum, da sehe ich, bamm, frontal auffen Kopp zu – das Bild hängt schief! Beim Herrn H.C. Petersen im Fenster sind die Bilder schief. „Oh, Gott, meine Zwangsneurose!“ hab ich gedacht, Frau Groka, jetzt halt blooooß die Füße still, weil – ich kann da nicht gegen an. Schief hängende Bilder machen mich fertig. Manchmal geh ich nur eben im Garagelier den 8B Bleistift suchen und dann bin ich eine halbe Stunde verschollen, weil ich anfange, die Bilder auszurichten. Hängt das eine gerade, sieht das daneben wieder schief aus. Jetzt hab ich aber gedacht, wenn ich beim Herrn…ich denk immer, der heißt H.C. Cäsar, aber ich mein den Herrn Petersen, wenn ich bei dem ins Fenster einsteige, um die kleine Strandidylle in Öl da ein bißchen weiter nach unten links…dann steh ich hinterher im „Nordlicht“. Stichwort: Kunstraub in Esens. Oder der Herr Burlager muss über meine Verhaftung berichten, und wenn ich dann im Knast sitze, kann der mich gar nicht mehr pingbäcken. Oder bäckpingen. Das wollen wir doch schließlich alle nicht.

Ich bin dann einfach ganz schnell weg gelaufen und hab in eine Tüte geatmet, bis ich nicht mehr so hyperventiliert hab, hehe. Dann kam ich aber vom Regen in die Traufe, weil – wenn man da dann an der Kirche lang fitscht, das Rathaus kreuzt und in die muckelige kleine Straße mit der netten Buchhändlerin einbiegt, dann kommt man direkt zum Atelier von dem Herrn Overbeck. Das ist der Herr O., vor dem ich mich letztens so verjagt hab. ( Trotz meiner ausgezeichneten Impulskontrolle haben die Strauchtomaten es trotzdem nicht bis in den Salat geschafft, aber das ist eine andere Geschichte ). Und, ja, ich überwinde mich jetzt und gestehe hier öffentlich am Pranger der Bloggerwelt meinen Sozialneid. Der Herr O. hat eine Laaaaage…ich geh gar nicht gerne da vorbei, weil – ich steh da immer vor diesem Lädchen wie der junge Schröder vorm Kanzleramt und denk: „Ich will da rein!“ und mal ehrlich: WER wird gerne auf seine Seelenverwandschaft mit Gerhard Schröder hingewiesen?! Grruselitsch…

Naja, auf jeden Fall war weit und breit kein Mensch zu sehen und dann hab ich so gedacht…na, komm, Frau Groka, aber nur GANZ kurz…und dann hab ich mir Nase an der Scheibe plattgedrückt und visioniert wie das wäre, wenn ich dieses Altstadtatelier hätte…gerade Wände, keine kapitalen Achtender ( also, äh…Spinnen ) zwischen den heiligen Farbtuben, boar, mit Beleuchtung, ich würde den ganzen Tag im Laden stehen und mysteriös und interessant aussehen und niiiie wieder bekloppte Ghostwriterjobs annehmen… Ich wurde dann aber aus meinen Visionen gerissen, weil mein Blick an einem Bild hängen blieb. Für einen Moment war ich ganz verwirrt, weil da keine Grokas hängen, aber dann legte ich den Kopf schief. Ich dachte…“Hä?“

Da hat der Herr Overbeck – haaa, zorniger junger Mann, hab ich so gedacht – seinen archaischen Tag gehabt und mit den farbverschmierten Pranken *BATSCH* auf die Leinwand! Dreimal. Also, äh, ich bin ja jetzt nur Malerin, ich hab ja von Kunst keine Ahnung, deswegen könnte ich jetzt gar nicht sagen, ob das zwei rechte und eine linke Hand waren oder…öh, jetzt bin ich raus…“Hand waren“? Hände…sein? Wo bin ich? Schwester? KAFFEE!

Äh…was ich eigentlich sagen wollte…ja. Das sah aus, als hätte der Herr Overbeck jetzt endlich die Death Metal Version zu seiner Heart Edition auf den Markt geworfen. Mit der Frage im Kopf, wie sich das wohl anfühlt, wenn man einfach so mit die Fingers…stolperte ich weiter und kam beim Herrn Buldt an der Ecke vorbei. Der Herr Buldt ist in Esens zuständig für die Primärfarben. Unten war es dunkel, aber fast gegen meinen Willen stellte ich fest ( man guckt ja nicht den Leuten in die Fenster, wo sind wir denn hier! ), also, äh, beim Herrn Buldt überm Atelier brannte Licht und…*stutz*…der hat seine eigenen Bilder im Wohnzimmer hängen. Oder zumindest gute Fälschungen. Das traf mich wie ein Hammer am Kopf. Im Leeeeeben nicht wär ich auf die Idee gekommen, mir einen Groka übers Klavier zu hängen! Also, vielleicht, aber nur ganz eventuell, wenn die Frau Groka auf die Idee kommt, einen beethovenförmigen Mett-Igel zu zaubern, aber…dann will man da abends nur noch tot überm Zaun hängen, und dann guckt man da so hoch und dann sieht man seine eigenen Fehler! Dahin ist die Nachtruhe!

Ah, Nachtruhe! Das war ja mein Stichwort! Jetzt weiß ich wieder, was ich eigentlich sagen wollte! Also, ich kniete mich da gestern brav hin zum Gebet ( JESUS RETTET! ), dann sprach ich so zu mir „Sleep well in your Bettgestell“ und kawumms, war’s vorbei. Da fiel mir nämlich ein, dass eine unserer pubertierenden Mitbewohnerinnen gestern einen an mich gerichteten Satz anfing mit „Wenn Du erwachsen bist…“. Für einen Moment dachte ich: „Höh? Moi?“, dann überlief es mich siedendkalt. Oder eisheiß? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall hab ich mich für ein ernstes Wörtchen in mein Kontor zitiert und gesagt: „Dieser Schlendrian hört ab sofort auf!“ und da wußte ich, was ich zu tun habe – ich male einen Schlendrian! Am liebsten wär ich um 0.48 Uhr aus dem Bett gesprungen, um sofort anzufangen, aber…es war gerade so warm im Bett und äh…ich bin so ein Weich-Ei, aber ich hab die Kunst dann doch auf bis nach dem Frühstück verschoben. Und als der Schlendrian dann so fertig da lag, da fiel mir der Herr Overbeck ein, und dann hab ich geguckt ob auch keiner guckt und…*BATSCH*

Buahahahaaaaa, wie geil ist das denn! *flutsch* Mit so einer Technik hab ich glaub ich das letztemal im Kindergarten gearbeitet, aber – nur das ihr bescheid wißt, für die Techniken, für die man winzige Pinsel mit drei Haaren braucht, bin ich jetzt erstmal verdorben.

Und jetzt guck sich einer diese Hand an! Diese mördergraziöse Linie, diese Klavierspielerfingerchen, waaah, und dieser ausgeprägte aktive Muskeltonus am Handballen, ich hab Muskeln! Yeaaaah, Muscles! ( Wir singen „Teach me tiger“, die Strophen 2 und 4 ). Echt jetzt, ich hatte einen ausgeprägten narzisstischen Anfall, als ich diese Hand gesehen habe. Cooooles Gerät!

Ich glaube, als nächstes spiele ich Klavierstücke auf schwarz grundierten Leinwänden. Nothing else matters.


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