Coldplay
„A Head Full Of Dreams“
(Parlophone)
Die Frage wird kommen und sie wird vielstimmig sein: Warum um alles in der Welt müsst ihr Nörgler eigentlich an allem herumkritteln und die Haare in der Suppe mit einer Akribie suchen, die man fast schon als böswilligen Vorsatz deuten könnte? Haben sich Coldplay nicht wieder mal mächtig ins Zeug gelegt und ihr Bestes gegeben? Antwort: Nein, das haben sie leider nicht. Wer alt genug ist, der weiß, wie ihr Bestes klingt. Früher nämlich war es richtig schwer, Coldplay nicht zu mögen – man konnte sich mit Vorbehalten wappnen so gut es eben ging, sie bekamen einen doch immer wieder an den Haken mit all dem verträumten Gitarrengeglitzer, den hübsch verschlungenen Melodien und der schmachtenden Stimme. Je mehr sich die vier Briten allerdings für den amerikanischen Markt herausputzten, desto geringer schien das Bemühen, dem hymnischen Bombast auch ein paar zwingende, gern auch einfache Ideen mitzugeben. “Mylo Xyloto” stand und steht als trauriger Beweis dafür, um wievieles wichtiger prominente Features, die Zahl der Buddies und die Stadiongröße gehandelt wurden und wie routiniert sich Chris Martin und Kollegen nun auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten zu bewegen wussten – nur noch eine Frage der Zeit, so meinte man, bis auch Mark Zuckerberg mal eine Zeile mitträllern durfte.
Nun, ganz so verunglückt ist die aktuelle, siebte Platte bei weitem nicht, sie hat sogar, schraubt man die Ansprüche etwas herunter, einige richtig gute Popmomente zu bieten. Dazu zählen neben dem Titelsong mit Sicherheit die Stücke “Birds” und “Adventure Of A Lifetime”, selbst wenn das Strickmuster hier sattsam bekannt und die Wolle etwas dünn ist. Wenn man unterstellt, dass Zeit und Erfolg auch im Charismatiker Chris Martin einen kleinen Egomanen haben reifen lassen, dann scheint Beyoncé die einzige zu sein, die sich auf der Platte neben ihm behaupten will und kann – “Hymn For The Weekend” aus der Feder von Produzentendarling Avicii darf als soulig-kraftvolle Tanznummer durchaus überzeugen. Bei Tove Lo und Ex-Gattin Gwyneth Paltrow dagegen muss man schon sehr genau hinhören, um sie hinter dem recht dominanten Leadgesang auszumachen, eine Mühe, die kaum lohnt, da die Songs ohnehin nicht lange haften bleiben. Was Martin dazu bewogen hat, auch noch Barack Obama in die Gästeliste hineinzusampeln, bleibt so rätselhaft wie fragwürdig, einen großen Gefallen wird er sich damit auf längere Sicht nicht getan haben.
Viel wichtiger allerdings, dass „A Head Full Of Dreams“ ab und an sogar auf hohem Niveau überzeugen kann: Wenn sich Martin beispielsweise als Einmann-Armee mit seinem Herzen bewaffnet (“Army Of One”), dann hat das tatsächlich etwas Rührendes und klingt zudem so herzzerreißend wie zu Gründerzeiten. Den musikalisch spannendsten Track haben Coldplay gut versteckt – “X Marks The Spot” schließt mit seinen sanften Beats und der brüchigen, ungewohnt dunklen Stimme an den verheißungsvollen, minimaleren Sound des Vorgängers “Ghost Stories” an. Und dass zu guter Letzt gerade der Krawallbruder und frühere Erzfeind Noel Gallagher dem allzu sehr vernachlässigten Indierock bei “Up And Up” mit ein paar Riffs auf die Sprünge helfen darf, hat sogar noch eine gewisse Komik. Ein Kaleidoskop, um die Einladung des Covers aufzunehmen, kombiniert das zu betrachtende Bild zu neuen Farben und Mustern, am Gehalt des Objektes ändert es allerdings nichts. Coldplay haben ein Album abgeliefert, das schön und bunt ist – sie müssen nur aufpassen, dass es irgendwann nicht nur mehr schön bunt ist. http://coldplay.com/
11.06. Zürich, Stadion Letzigrund
29.06. Berlin, Olympiastadion
01.07. Hamburg, Volksparkstadion
„A Head Full Of Dreams“
(Parlophone)
Die Frage wird kommen und sie wird vielstimmig sein: Warum um alles in der Welt müsst ihr Nörgler eigentlich an allem herumkritteln und die Haare in der Suppe mit einer Akribie suchen, die man fast schon als böswilligen Vorsatz deuten könnte? Haben sich Coldplay nicht wieder mal mächtig ins Zeug gelegt und ihr Bestes gegeben? Antwort: Nein, das haben sie leider nicht. Wer alt genug ist, der weiß, wie ihr Bestes klingt. Früher nämlich war es richtig schwer, Coldplay nicht zu mögen – man konnte sich mit Vorbehalten wappnen so gut es eben ging, sie bekamen einen doch immer wieder an den Haken mit all dem verträumten Gitarrengeglitzer, den hübsch verschlungenen Melodien und der schmachtenden Stimme. Je mehr sich die vier Briten allerdings für den amerikanischen Markt herausputzten, desto geringer schien das Bemühen, dem hymnischen Bombast auch ein paar zwingende, gern auch einfache Ideen mitzugeben. “Mylo Xyloto” stand und steht als trauriger Beweis dafür, um wievieles wichtiger prominente Features, die Zahl der Buddies und die Stadiongröße gehandelt wurden und wie routiniert sich Chris Martin und Kollegen nun auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten zu bewegen wussten – nur noch eine Frage der Zeit, so meinte man, bis auch Mark Zuckerberg mal eine Zeile mitträllern durfte.
Nun, ganz so verunglückt ist die aktuelle, siebte Platte bei weitem nicht, sie hat sogar, schraubt man die Ansprüche etwas herunter, einige richtig gute Popmomente zu bieten. Dazu zählen neben dem Titelsong mit Sicherheit die Stücke “Birds” und “Adventure Of A Lifetime”, selbst wenn das Strickmuster hier sattsam bekannt und die Wolle etwas dünn ist. Wenn man unterstellt, dass Zeit und Erfolg auch im Charismatiker Chris Martin einen kleinen Egomanen haben reifen lassen, dann scheint Beyoncé die einzige zu sein, die sich auf der Platte neben ihm behaupten will und kann – “Hymn For The Weekend” aus der Feder von Produzentendarling Avicii darf als soulig-kraftvolle Tanznummer durchaus überzeugen. Bei Tove Lo und Ex-Gattin Gwyneth Paltrow dagegen muss man schon sehr genau hinhören, um sie hinter dem recht dominanten Leadgesang auszumachen, eine Mühe, die kaum lohnt, da die Songs ohnehin nicht lange haften bleiben. Was Martin dazu bewogen hat, auch noch Barack Obama in die Gästeliste hineinzusampeln, bleibt so rätselhaft wie fragwürdig, einen großen Gefallen wird er sich damit auf längere Sicht nicht getan haben.
Viel wichtiger allerdings, dass „A Head Full Of Dreams“ ab und an sogar auf hohem Niveau überzeugen kann: Wenn sich Martin beispielsweise als Einmann-Armee mit seinem Herzen bewaffnet (“Army Of One”), dann hat das tatsächlich etwas Rührendes und klingt zudem so herzzerreißend wie zu Gründerzeiten. Den musikalisch spannendsten Track haben Coldplay gut versteckt – “X Marks The Spot” schließt mit seinen sanften Beats und der brüchigen, ungewohnt dunklen Stimme an den verheißungsvollen, minimaleren Sound des Vorgängers “Ghost Stories” an. Und dass zu guter Letzt gerade der Krawallbruder und frühere Erzfeind Noel Gallagher dem allzu sehr vernachlässigten Indierock bei “Up And Up” mit ein paar Riffs auf die Sprünge helfen darf, hat sogar noch eine gewisse Komik. Ein Kaleidoskop, um die Einladung des Covers aufzunehmen, kombiniert das zu betrachtende Bild zu neuen Farben und Mustern, am Gehalt des Objektes ändert es allerdings nichts. Coldplay haben ein Album abgeliefert, das schön und bunt ist – sie müssen nur aufpassen, dass es irgendwann nicht nur mehr schön bunt ist. http://coldplay.com/
11.06. Zürich, Stadion Letzigrund
29.06. Berlin, Olympiastadion
01.07. Hamburg, Volksparkstadion