Der Fotograf Christian Gieraths besuchte 2010 im Rahmen eines Reisestipendiums der Kunststiftung NRW die indische Stadt Mumbai. Sein Interesse gilt schon seit längerer Zeit Orten, in denen sich Umbrüche in historischer, politischer oder ästhetischer Form manifestieren. Das Ergebnis seines Mumbai-Aufenthalts ist unter dem Titel “Beautiful Hell“ bis zum 2. September in Köln zu sehen.
Ausstellungsankündigung
Die Baukunst Galerie eröffnet am 29. Juni 2011 die Ausstellung „Salaam Bombay“ mit dem jungen Kölner Fotokünstler Christian Gieraths. Erstmalig wird seine neue Serie „Beautiful Hell – Mumbai“ präsentiert, die während eines Reisestipendiums der Kunststiftung NRW in Mumbai, Indien, im Jahr 2010 entstanden ist. Parallel dazu zeigt der Kunstraum Fuhrwerkswaage, Köln, die Ausstellung „Beautiful Hell – Mumbai“ vom 26. Juni bis 17. Juli 2011.
Christian Gieraths ist ein Flaneur, den das hektische Treiben einer Gesellschaft, die sich im Takt des technologischen Fortschritts entwickelt und permanent im Umbruch befindlich ist, interessiert. Er ist immer auf der Suche nach Orten, in denen sich dieser Umbruch in seinen historischen, politischen oder ästhetischen Formen manifestiert. Sotchi, Havanna, Tokyo, Hollywood und Las Vegas waren bereits Schauplätze früherer fotografischer Serien. Sie zeichnen sich durch eine gemeinsame Bildsprache aus: Die Arbeiten zeigen meist menschenleere Plätze, Straßen, Innenräume und Fassaden. Der Standpunkt der festgehaltenen Ansichten ist immer gleich; ein begrenzter Bildausschnitt und die Blickhöhe des Betrachters sind der Maßstab. Gieraths´ Fotografien bergen eine gewisse Ruhe in sich und lassen an cineastische Momente denken.
Farbe und Atmosphäre, sowie der Blick des Künstlers sind von grundlegender Bedeutung. Es ist die Erfahrung des Momentes vor Ort, die Gieraths zu seinen Bildern inspiriert. Der Künstler arbeitet nur mit natürlichem Licht und entsprechend langen Belichtungszeiten. Durch die Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Umgebung, durch aufmerksames Beobachten der sinnlichen Wirklichkeit und der atmosphärischen Stimmung transformiert Gieraths innerhalb kurzer Zeit das visuell Erlebte in ein Bild, das den Moment vergegenwärtigt.
In seiner neuesten Serie „Beautiful Hell – Mumbai“ verarbeitet Christian Gieraths die Konfrontation mit einer der bevölkerungsdichtesten Städte der Welt. Diese Erfahrung führt zwangsläufig zu einer Veränderung des Blicks durch die Kamera. Seine Bilder erinnern wie in früheren Serien an Filmsets oder Filmstills, doch zeigen sich neue Tendenzen: Menschen beginnen unbemerkt eine Rolle zu spielen und die Wahl der Perspektive wird freier. Sein Hauptanliegen, Farbkompositionen und Atmosphären in ihrer reinen Erscheinungsform festzuhalten, bleibt bestehen. Seine Bilder weisen nur scheinbar einen dokumentarischen und objektiven Blick auf, denn von dem Lärm, dem Chaos und den Gerüchen nach Faulem und Gewürzen, sowie von dem Luxus und dem Elend, das sich jedem Indienreisenden aufdrängt, finden sich keine Spuren in Gieraths´ Fotografien. Seine Bilder kommen ruhig und mit einer malerischen Qualität daher, beeinflusst durch sein Studium als Fotograf in der Malerklasse Prof. Ulrich Erbens. Sie sind das Resultat präziser Beobachtung und bewusst gestalterischer Zielsetzung.
Gieraths´ Neugier galt der Traumfabrik „Bollywood“, die er als symbolträchtigen und von Mythen behafteten Ort für neue Geschichten sah. Mit einem geschulten Malerauge beobachtet er die Banalitäten der Stadt, die bis 1996 noch unter dem Namen Bombay bekannt war, von modernen Bauten und der Architektur des britischen Kolonialismus geprägt ist und erst 1947 ihre Unabhängigkeit gewann. Gieraths hielt in Mumbai, heute eine ganz und gar indische Stadt, magische Orte, urbane Winkel, Straßen und Gebäude fest, die Filmen ihre Kulisse gaben oder noch geben könnten. Neben den Außenräumen sind es Szenerien wie Foyers, Flure, Kinosäle, Konzerthallen und Vorführräume, die Thema seiner Kompositionen werden.
Auch der Ausstellungstitel „Salaam Bombay“ ist nicht zufälligerweise ein Filmtitel aus den 1980er Jahren. Er spiegelt Gieraths´ Interesse an den Schauplätzen der Hindi-Filmindustrie wider, deren Zentrum in Mumbai liegt. Es ist der Facettenreichtum der Stadt, der jedes einzelne Bild autonom werden lässt und gleichzeitig die Geschichte des Ortes vergegenwärtigt.
Der Fotograf
Christian Gieraths wurde 1976 in Köln geboren. Er studierte Kunstgeschichte, Kulturwissenschaften und Philosophie, bevor er von 1999 bis 2005 an der Kunstakademie Münster bei Prof. Ulrich Erben Bildende Kunst studierte. Parallel dazu begann er 2001 ein Studium bei Prof. Thomas Ruff an der Kunstakademie Düsseldorf. Sein Meisterschülerjahr absolvierte er 2006 bei dem Schweizer Daniel Buetti. Im gleichen Jahr wurde Gieraths mit dem 1. Förderpreis für Bildende Kunst der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit ausgezeichnet und zusammen mit Andreas Gursky, Thomas Ruff, Jürgen Klauke und Boris Becker in der Wanderausstellung „Fotokunst aus 60 Jahren. Kunst aus NRW“ gezeigt. Darauf folgte 2008 eine große Einzelausstellung mit Katalogveröffentlichung im RWE Tower in Dortmund. 2010 erhielt er das Reisestipendium der Kunststiftung NRW für Mumbai, Indien.
Quelle: Baukunst-Galerie Köln
- Website des Fotografen Christian Gieraths
Wann und wo
Baukunst-Galerie Köln
Theodor-Heuss-Ring 7
50668 Köln
30. Juni bis 2. September 2011