Chris Bergson, 11.06.2014, Topos, Leverkusen

Chris Bergson, 11.06.2014, Topos, Leverkusen

Da ist die Geschichte mit den zwei Hemden, die einem Plattenlabel seinen Namen gaben. Nämlich der von Chris Bergson. So ist sein aktuelles Album „live at the jazz standard“ ebenso wie alle anderen CDs seit 2003 bei „2 Shirts Records“ erschienen.

Zwei Hemden schwitze ich bei jedem Gig durch, daher die Idee zu „2 Shirts Records“. Heute Abend im Topos kommen noch zwei Schweiß durchnässte Gitarrengurte hinzu. Es ist Sauna- temperiert im guten, alten Topos.

Sicher liegt dies zum Teil an den wieder gestiegenen Außentemperaturen, aber sicherlich auch an der Musik, die uns der Mann aus Brooklyn, New York heute Abend hier serviert.

Wer hier bisher noch „Chris …. who?“ gefragt hat, wird sich ab heute diesen Namen merken und sich sicherlich gerne an diesen Abend erinnern.

In seiner Karriere hat der New Yorker („Ich jogge gerne durch den Central Park …“) bereits mit Leuten wie Norah Jones, Hubert Sumlin, John Hammond oder dem 2012 verstorbenen Levon Helm (The Band) zusammengearbeitet.

Mich hat er zumindest akustisch erwischt mit seinem Album „Imitate The Sun“ aus dem Jahr 2011. Seitdem stand er bei mir ganz oben auf der Liste der Musiker, die ich unbedingt live sehen wollte. Und nun steht er auf der altehrwürdigen kleinen Bühne des Topos in Leverkusen und spielt seine ganz eigene Mischung aus Blues, Soul und leicht ange“funk“ten Titeln.

Unterstützt wird er hierbei von den aus Frankreich stammenden Philippe Billoin an den Tasten, Philippe Dandrimont am Bass und Pat Machenaud am Schlagzeug begleitet. Pat kenne ich noch gut aus dessen Zeiten mit Fred Chapellier. Und hier im Topos haben wir uns auch schon getroffen, als er auf einer Tour für Neal Black die Trommeln rührte.

Eine Woche waren die Vier jetzt gemeinsam unterwegs, haben in den Niederlanden und Belgien gespielt und der erste Gig in Deutschland überhaupt für Chris Bergson ist auch gleichzeitig der Abschluss der kleinen Tournée durch das „Dreiländereck“.

Chris Bergson gelingt es, uns mit auf eine Reise durch die artverwandten Gebiete des Blues zu nehmen. Sein Gitarrenspiel ist mit dem Etiketten „exquisit“ und „stilsicher“ sicher noch unterbewertet.

Vor ein paar Wochen habe ich einige der Gitarristen gesehen, die auf Grund ihres Könnens sich sicherlich einen großen Namen verdient haben. Aber ich bin da etwas eigen. Mich muss der Musiker in meiner Seele erreichen, und das am liebsten erst einmal mit seiner Musik. Fingerfertigkeit ist da für mich nicht das unbedingte Kriterium.

Natürlich besitzt Chris Bergson diese Fingerfertigkeit, aber seine Art zu spielen nimmt mich vom ersten Ton an gefangen. Dazu ist dieser gute Mensch noch mit einer Stimme gesegnet, die ihrer Gleichen nicht unbedingt so schnell findet.

Etwas erinnert sie mich im Timbre an die von David Clayton-Thomas, dem begnadeten Leadsänger von Blood, Sweat and Tears. Aber da ist noch etwas anderes, was ich zunächst nicht so richtig einordnen kann.

Die meisten Titel des heutigen Abends stammen aus der Feder von Chris Bergson selbst. „Imitate The Sun“, „Mr. Jackson“, „Christmastime in Bethlehem“, um nur einige zu nennen. Zumindest hat er bei diesen als Co- Autor mitgewirkt.

Aber es gibt auch einige Coverversionen, zum Beispiel „Drown In My Own Tears“ vom famosen Ray Charles. Und als Chris diesen Song anstimmt, wird mir plötzlich klar, in welchem Stimmraum er sich meisterlich bewegt. Es ist der von Mr. Charles himself. Fantastisch, wie er diesen Titel interpretiert. Die Umsetzung der Pianolinien auf die Gitarre! Diese Stimme! Schlicht Wahnsinn!

Und immer wieder die bedingungslose Unterstützung einer genial zusammengesetzten Band. Es sind wahrlich berührende Momente, die hier und heute auf der kleinen Bühne wie aus dem Nichts entstehen und sich sofort im Herzen festsetzen.

Was für eine reine und gute Energie! Mein Arbeitstag war reichlich bescheiden und stressig, aber jetzt und auf einmal ist alles wieder gut. Friedlich. Innen ruhig. Genuss pur!

Ich schaue nicht auf die Uhr, aber es werden etwa zwei Stunden vergangen sein, als die Zugabe verklungen ist.

Wir sitzen noch einige Minuten zusammen, um den Abend ausklingen zu lassen. Chris und seine Mitmusiker sind hoch zufrieden mit dem kurzen Europatourexperiment. Und wir, die ein Teil dieses Erlebnisses teilen durften, sind es auch.

So verabreden wir uns auf möglichst bald, vielleicht wieder hier oder in einem anderen Theater, wo noch auf gute Musik wert gelegt wird.

Meine unbedingte Empfehlung also: Unbedingt nicht verpassen. Man sieht sich …


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