Ich glaube, es gibt kaum etwas Schwierigeres als über psychische Störungen zu schreiben, wenn man selbst nie an einer litt. Und im Grunde würde ich ein solches Buch auch kaum ernst nehmen, wenn da nicht die Tatsache im Raum stände, dass Neal Shustermans Sohn als Inspiration für diesen Roman diente und ihn mit seinen Illustrationen, die er in dieser schweren Zeit gezeichnet hatte, bereicherte.Wer dieses Buch liest, wird kaum an seiner Authentizität zweifeln können, es steckt so voller unbequemer, manchmal sehr krankhafter Gedanken, voller Wissen bezüglich Diagnosen und Psychopharmaka und trotzdem auch voller Komik und Witz, dass man Caden Boschs Reise in die Tiefe Glauben schenkt, sie vielleicht sogar an einigen Stellen auch sehr gut nachvollziehen kann.
Der Übergang zwischen Realität und Fiktion verschwimmt in den Kapiteln immer wieder und zeigt dem Leser, wie schwierig es sein kann, beides auseinander zu halten. Man fühlt sich oftmals selbst ganz durcheinander, weiß nicht, wem man vertrauen kann, wem nicht und kann so einen ganz kleinen Ausschnitt aus der Welt eines psychisch erkrankten Menschen erleben. Somit ist das Buch für all jene geeignet, die sich für psychische Störungen interessieren, vielleicht sogar selbst jemanden im Umkreis haben, der an einer leidet und verstehen wollen, wie sich das Versinken anfühlt. Ob nun im Krankenhaus oder auf dem Schiff des zwielichtigen Captains, der Leser wird feststellen müssen, dass beide Teile nicht unabhängig voneinander funktionieren und immer wieder Parallelen zwischen ihnen feststellen.
Besonders gefallen hat mir auch die Positionierung des Autors. Er macht ganz klar deutlich, dass eine eindeutige Diagnose bei vielen psychisch erkrankten Personen nicht möglich ist, da jedes Krankheitsbild individuell ist und immer wieder Symptome verschiedener Störungen aufweisen kann. So wissen wir bis zum Schluss nicht wirklich, was Caden eigentlich genau hatte, erfahren aber, dass er Anzeichen von Schizophrenie, Bipolarität und Paranoia aufweist. Genauso verhält es sich auch mit den Medikamenten, die ihm verschrieben werden. Zwar wird gesagt, dass sie die Symptome lindern können, doch wird nicht verschwiegen, wie lange der Prozess dauern kann, den richtigen "Cocktail" zu finden und wie betäubend solcher für die Patienten sein kann.